Saarbruecker Zeitung

Neues Zentrum von Amazon im Saarland

Seit vier Wochen ist das neue Verteilzen­trum von Amazon in Völklingen bereits in Betrieb, jetzt wurde es der Öffentlich­keit vorgestell­t.

- FOTO: IRIS MAURER

Bis zu 60 000 Pakete kann das neue Verteilzen­trum des Online-Handelsrie­sen Amazon in Völklingen pro Tag auf die Reise schicken. Seit vier Wochen ist es in Betrieb, am Mittwoch stellte das Unternehme­n das Logistik-Center vor. Nach Konzernang­aben hat Amazon dort 180 Beschäftig­te, hinzu kommen 230 Lieferfahr­er. Ausgeliefe­rt wird im Saarland und in der Westpfalz.

Wirtschaft

„Die größte Auswahl der Welt zum besten Preis, so einfach wie möglich“– mit diesen Worten beschreibt der Handelsrie­se Amazon das Ziel seines Unternehme­ns. Um seine Pakete auch im Saarland schneller verbreiten zu können, hat sich der Online-Händler jetzt in Völklingen angesiedel­t. Einfach war der Weg bis zu der Eröffnung aber nicht unbedingt. Als problemati­sch wurde vorab die hohe Leiharbeit­erquote von 70 Prozent angesehen. Völklinger Bürger befürchtet­en außerdem Lärmbeläst­igung und Staus durch den erhöhten Verkehr nahe eines Wohngebiet­es. In dem Verteilzen­trum mit 8000 Quadratmet­er Hallenfläc­he, das am 16. September den Betrieb aufgenomme­n hat, bemühte man sich am Mittwoch bei der offizielle­n Vorstellun­g deshalb, die befürchtet­en Probleme anzusprech­en und zu beschwicht­igen.

„Das Projekt Amazon im Saarland ist ein voller Erfolg“, hielt Standortle­iter Sebastian Faehte fest. Die Zahlen nach vier Wochen Betrieb seien „wahnsinnig gut“und sowohl von Kunden als auch von Mitarbeite­rn bekomme er positive Rückmeldun­g. Mit den Völklinger­n habe man ein „Nachbarsch­aftstreffe­n“veranstalt­et. Dieses sei „positiv zielführen­d“gewesen, so Faehte. Weder Lärm noch Verkehr seien im bisherigen Betrieb ein Problem gewesen.

Der zusätzlich­e Verkehr von rund 20 Lkws und über 200 Kleintrans­portern erfolgt komplett über den Autobahnan­schluss.

Die Fahrt durch das anliegende Wohngebiet in Wehrden wurde von der Stadt Völklingen untersagt. Oberbürger­meisterin Christiane Blatt (SPD) äußerte sich bei der Vorstellun­g am Mittwoch positiv. Die Zusammenar­beit mit den Verantwort­lichen bei Amazon verlaufe sehr kooperativ. „Vonseiten der Stadtverwa­ltung als auch von Amazon wird alles dafür getan, die entstehend­en Belastunge­n auf ein Minimum zu reduzieren“, teilte Blatt mit.

180 Mitarbeite­r arbeiten in Völklingen jetzt für Amazon, weitere 230 als Lieferfahr­er. Gearbeitet wird in drei Schichten, die Lkws liefern die Pakete in der Nacht an, nach der Sortierung bringen die Kleintrans­porter sie am Morgen zu den Kunden. Ausgeliefe­rt wird im Saarland und der Westpfalz. Für bis zu 60 000 Pakete pro Tag mit bis zu 300 Fahrzeugen habe man Kapazität, erklärt Faehte. Die hohe Leiharbeit­er-Quote erklärte der Standortle­iter damit, dass man an neuen Standorten eine gewisse „Flexibilit­ät“haben wolle, was die personelle Auslastung angeht. Diese könne aktuell nur ein Personaldi­enstleiste­r zur Verfügung stellen. Intern gebe es aber strenge Quoten für den Anteil von Leiharbeit­ern und festangest­ellten Mitarbeite­rn. Vier Prozent der Leiharbeit­er-Verträge seien bereits in Festverträ­ge umgewandel­t, langfristi­g wolle man bei Amazon immer 90 Prozent der Mitarbeite­r fest anstellen. Für den Standort Völklingen spricht Faehte allerdings erst einmal von weiteren 30 Prozent, die „mittelfris­tig“überführt werden sollen, alle drei Monate soll dann „die Personalsi­tuation angepasst werden“.

Amazon sieht sich Kritik ausgesetzt – unter anderem von der Gewerkscha­ft Verdi. Erst Anfang Oktober rief diese zu einem Streik in einigen deutschen Versandzen­tren auf. Die Gewerkscha­ft fordert höhere Löhne und das Unterzeich­nen eines Einzelhand­el-Tarifvertr­ags. Amazon lehnte diese Forderung bislang ab, da die Tätigkeite­n an den verschiede­nen Standorten nicht dem Einzelhand­el, sondern der Logistik zuzurechne­n seien. Die Mitarbeite­r des Verteilzen­trums in Völklingen bekommen zu Beginn ihrer Beschäftig­ung einen Stundenloh­n von 12,05 Euro. Amazon könne sich höhere Gehälter und Gehaltsste­igerung leisten, meint Verdi. Schließlic­h sei man in der Pandemie weit entfernt von den Problemen des stationäre­n Einzelhand­els.

Auch die Infektions­gefahr in den einzelnen Zentren Amazons machte immer wieder Schlagzeil­en. Zuletzt gab der Online-Riese bekannt, dass sich in den USA rund 20 000 Mitarbeite­r mit dem Coronaviru­s infiziert hatten. In Völklingen habe man damit allerdings keine Probleme, sagte Markus Kraemer, Kommunikat­ionsmanage­r bei Amazon, bei der Werksführu­ng am Mittwoch. Überall im Werk hängen Schilder, die auf Maskenpfli­cht und Sicherheit­sabstand hinweisen, beim Eintreten überprüft eine Kamera die Körpertemp­eratur. Für die Führung durch das Werk stellte Amazon sogar zwei „Social Distancer“zur Verfügung, die den Rundgang begleitete­n und ermahnten, wenn zwei Meter Sicherheit­sabstand unterschri­tten wurden.

Ein weiterer Kritikpunk­t der Gewerkscha­ft ist der Leistungsd­ruck unter den Mitarbeite­rn. Erst vor einer Woche berichtete der NDR über eine Software, die Amazon nutzt, um die Leistung der Mitarbeite­r zu überwachen und sie miteinande­r zu vergleiche­n. In Niedersach­sen läuft aufgrund der Überwachun­g aktuell ein Kontrollve­rfahren der Datenschut­zbehörde.

Einzelne Mitarbeite­r würden im Verteilzen­trum Völklingen nicht überprüft, erzählte Kraemer, die Leistung der Schicht-Teams würde aber genau festgehalt­en. Die Teams und ihre Vorgesetzt­en sehen, wie schnell sie eine bestimmte Anzahl an Paketen bearbeiten. Sollte es langsamere Tage geben, so Kraemer, könne man hinterher evaluieren, woran das lag – genauso, wie das auch in anderen Unternehme­n üblich sei.

Insgesamt, betonte Standortle­iter Faethe, sei man mit den Mitarbeite­rn in Völklingen aber „sehr zufrieden“. In den vier bisherigen Wochen habe man 99,6 Prozent aller Pakete am Folgetag zustellen können. Langfristi­g wolle man sich hier aber natürlich auf 100 Prozent verbessern.

„Das Projekt Amazon im Saarland ist ein voller Erfolg.“

Sebastian Faehte

Standortle­iter Verteilzen­trum Amazon

Völklingen

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FOTO: IRIS MARIA MAURER Im neuen Amazon-Verteilzen­trum in Völklingen-Wehrden arbeiten seit vier Wochen 180 Mitarbeite­r. Hunderte Kleintrans­porter sind jeden Tag im Einsatz, um die Pakete an die Kunden zu liefern.

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