Saarland macht Vorstoß im Streit um Fahrverbote
Ein Kompromissvorschlag für den Kampf gegen Raser hat die erste Hürde im Bundesrat genommen – doch eine endgültige Zustimmung ist ungewiss.
SAARBRÜCKEN (gda/afp) Im Streit um einen verschärften Bußgeldkatalog für Temposünder wird sich der Bundesrat am 6. November mit einem Kompromissvorschlag des saarländischen Verkehrsministeriums befassen. Der Verkehrsausschuss des Bundesrats habe den Vorschlag am Mittwoch mit neun zu sieben Stimmen angenommen, teilte das Ministerium mit. Er sieht ein einmonatiges Fahrverbot bei einem Tempoverstoß ab 26 Kilometern pro Stunde (km/h) innerorts und 36 km/h außerorts vor.
„Alle eint das Ziel, Raser härter zu bestrafen und Radfahrerinnen und
Radfahrer besser zu schützen. Das sollten wir jetzt auch machen“, sagte Saar-Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) am Mittwoch der SZ. Der Vorschlag sieht auch deutlich höhere Bußgelder vor.
Die ursprüngliche Fassung des neuen Bußgeldkatalogs hatte ein einmonatiges Fahrverbot bereits bei einer Geschwindigkeitsübertretung von 21 km/h innerorts beziehungsweise 26 km/h außerorts vorgesehen. Die neuen Bestimmungen waren Ende April in Kraft getreten, wurden wegen eines Formfehlers jedoch im Juli zurückgenommen. Seitdem gelten wieder die alten Regeln.
Vor allem Union und SPD in den Ländern hatten sich für eine Entschärfung des ursprünglichen Entwurfs ausgesprochen. So sollten Fahrverbote in den meisten Fällen erst bei der zweiten Ordnungswidrigkeit verhängt werden. Das jedoch lehnten die Grünen ab. Der neue Saar-Vorstoß verzichtet nun auf eine solche „Warnschuss-Regelung“– und setzt dafür die Grenzen herauf, ab denen der Führerschein entzogen wird. Noch ist allerdings ungewiss, ob es für den Vorschlag eine Mehrheit im Bundesrat gibt.
Rehlinger appellierte an die Parteien: „Der Bundesrat eignet sich nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen über Maximalpositionen. Alle Seiten müssen aufeinander zugehen. Dafür ist unser Lösungsvorschlag gut geeignet.“
(gda/dpa) Mit aller Macht versucht das Saarland, die Dauer-Blockade im Bundesrat beim Streit um strengere Fahrverbote für Raser zu durchbrechen. Am Mittwoch feierte die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Saar-Ressortchefin Anke Rehlinger (SPD), nun zumindest einen Teilerfolg: Der Verkehrsausschuss der Länderkammer verabschiedete einen neuen Kompromissvorschlag des Saarlandes – allerdings nur mit einer knappen 9:7-Mehrheit. Immerhin kommt der Vorstoß damit auf die Tagesordnung des Bundesrats am 6. November. Ob er auch dort eine Mehrheit findet, ist allerdings ungewiss.
Rückblick: Das Gezerre um die Novellierung des Bußgeldkatalogs dauert bereits seit mehr als einem halben Jahr an. Ausgangspunkt waren neue Raser-Regelungen, die der Bundesrat im Februar selbst in eine Novelle der Straßenverkehrsordnung hineinbrachte. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) setzte die Reform um, inklusive des nun heiß umkämpften Punktes: Es drohte ein Monat
Führerscheinentzug, wenn man innerorts 21 Kilometer pro Stunde (km/h) zu schnell fährt oder außerorts 26 km/h. Vorher lagen diese Schwellen bei 31 beziehungsweise 41 km/h. Die Verschärfungen traten Ende April auch so in Kraft.
Doch plötzlich fiel auf, dass die Verordnung einen Formfehler hat. Die Neuerungen im Bußgeldkatalog mussten deshalb Anfang Juli erst mal außer Vollzug gesetzt werden, Autofahrer bekamen schon einkassierte Führerscheine zurück. Auch neu eingeführte Bußgelder für Verkehrsrowdys sind damit vorerst außer Kraft. Es gelten wieder die alten Regeln.
Strittig war in der Folge, ob nur der Formfehler behoben werden soll – das wollten die Grünen. Oder ob man auch die „unverhältnismäßigen“Sanktionen abmildert – das forderten Union und SPD in den Ländern gemeinsam mit Scheuer. Sie legten einen Vorschlag vor, nach dem die Fahrverbote nicht generell drohen sollen – sondern nur an sensiblen Stellen wie Kitas oder Schulen. In übrigen Fällen solle eine „Warnschuss-Regelung gelten“und das Fahrverbot erst bei der zweiten Ordnungswidrigkeit verhängt werden. Doch gegen diesen Kompromissvorschlag sperrten sich die Grünen und ließen ihn im September im Bundesrat scheitern.
Der neue saarländische Anlauf sieht nun vor, dass die Länder auf die „Warnschuss-Regelung“verzichten – also grundsätzlich schon beim ersten Verstoß ein einmonatiges Fahrverbot verhängt wird, wenn bestimmte Grenzen überschritten werden. Im Gegenzug soll ein Führerschein-Entzug erst ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h innerorts und 36 außerorts erfolgen
– was die ursprünglich verabschiedeten Regeln entschärfen würde. Zugleich sollen die Bußgelder „nahezu verdoppelt“werden. Von einer „sehr klaren Lösung“sprach am Mittwoch der Sprecher des Saar-Verkehrsministeriums, Julian Lange. Als weiteres Zugeständnis an die Grünen soll die Einrichtung provisorischer Fahrradwege erleichtert werden.
Die Grünen scheinen diesem neuen Kompromissvorschlag nun zustimmen zu wollen. Dafür sind jetzt offenbar die Union und die Liberalen nicht mehr mit im Boot. Nach SZ-Informationen gingen die sieben Nein-Stimmen im Verkehrsausschuss auf das Konto der von CDU/ CSU und FDP geführten Landesressorts. Sie stören sich demnach an der weggefallenen „Warnschuss-Regelung“. Eine Einigung bleibt also schwierig.
Das Problem sind die Blockade-Möglichkeiten im Bundesrat: Dort müssen die Koalitionen der Länder, die je nach Größe drei bis sechs Stimmen haben, einheitlich abstimmen. Finden die beteiligten Parteien keine gemeinsame Linie, enthält sich das Bundesland in der Regel – was faktisch einer Nein-Stimme
gleichkommt. Auf diese Weise kontrollieren Union und FDP 55 der 69 Stimmen. Umgekehrt hängen von den Grünen 45 Stimmen ab. 35 sind für eine Mehrheit nötig.
Gut zwei Wochen hat Rehlinger nun Zeit, genügend Länder von ihrem Vorschlag zu überzeugen. Die Saarländerin appellierte an die Kompromissbereitschaft: „Alle Seiten müssen aufeinander zugehen. Dafür ist unser Lösungsvorschlag gut geeignet, deshalb werben wir jetzt auch um eine Bundesratsmehrheit, damit das leidige Kapitel endlich geschlossen werden kann.“