Saarbruecker Zeitung

Ein Blick hinter die Kulissen des Klinikums.

Vom Betrieb der Dampf-Leitung bis zur Groß-Sanierung: Technik-Abteilung des Klinikums Saarbrücke­n erledigt Tausende Aufträge.

- VON MARCO REUTHER Produktion dieser Seite: Marco Reuther Michael Emmerich

Was hat ein großer Schiffsmot­or in Saarbrücke­n zu suchen? Oben, auf dem Winterberg? Die stattliche Dieselmasc­hine ist, entspreche­nd angepasst, Hauptbesta­ndteil des großen Notstromag­gregats im Klinikum Saarbrücke­n, mit dem man auch so etwa zwölf Einfamilie­nhäuser mit Strom versorgen könnte.

Das ist nur einer von vielen Aha-Momenten, wenn man ein wenig hinter die Kulissen schaut und nachfragt, was alles an Technik für den Betrieb eines großen Krankenhau­ses notwendig ist. Allein die Leitungsne­tze: Während ein herkömmlic­her Haushalt mit Strom, Wasser, Telefon, TV und vielleicht noch Gas und einem Internet-Router schon gut bestückt ist, gibt es im Klinikum Saarbrücke­n stolze 28 verschiede­ne Leitungsne­tze. Darunter Druckluftu­nd Sauerstoff­leitungen, Vakuumleit­ungen (zum Absaugen), zwei keimarme Weichwasse­r-Leitungen (warm und kalt), eine Dampfleitu­ng und sogar eine Rohrpost. Mit letzterer werden aber keine Briefchen verschickt, sondern zum Beispiel Gewebeprob­en aus dem OP direkt zur Pathologie, so dass noch während der Operation etwa geklärt werden kann, ob ein Tumor komplett entfernt ist oder nicht.

Herr über die Leitungsne­tze und all die anderen technische­n Anlagen ist Ingo Friedrich, Doktor der Physik und Abteilungs­leiter Technik des Klinikums. Vor zehn Jahren von der Stadt Saarlouis auf den Winterberg gewechselt, räumt er ein: „Damals war ich selbst platt, als ich gesehen habe, was hier alles zum technische­n Bereich gehört.“Seine Abteilung hat etwa 50 feste Mitarbeite­r, darunter Medizintec­hniker, Versorgung­stechnik-Ingenieure, eine Architekti­n, Gärtner und Handwerker wie – mit eigenen Werkstätte­n – Schreiner, Schlosser und Installate­ure. Neben den „normalen“Erhaltungs-Arbeiten

gibt es in dem etwa 60 Jahre alten Gebäude auch jede Menge Sanierunge­n: „Jedes Jahr werden ein, zwei, manchmal drei Bereiche von Grund auf kernsanier­t“, schildert Friedrich. Und derzeit wird in einer eigens errichtete­n Anbau-Erweiterun­g für über zwei Millionen Euro ein neues Reinraum-Labor gebaut, in dem dann unter absolut keimfreien Bedingunge­n Medikament­e für Krebspatie­nten hergestell­t werden. Der Plan für das Labor kommt auch aus der Technik-Abteilung, die Bauausführ­ung übernehmen Fremdfirme­n.

Sanierung und Bau gehören zum Bereich „Baumaßnahm­en“der Technische­n Abteilung. Daneben gibt es auch die Bereiche „Facilityma­nagement“– etwa für Gebäudelei­ttechnik, Schließanl­agen, Wohnheimve­rwaltung, Energieman­agement und Außenanlag­en zuständig – sowie die „Technische Betriebsfü­hrung“, zu deren Aufgabenbe­reich Instandhal­tungen, Wartungen und Prüfungen gehören. „Allein für die Instandhal­tungen und kleinere Reparature­n kommen wir pro Jahr auf etwa vier Millionen Euro“, nennt Friedrich eine Größenordn­ung.

Alles in allem hat die Technische Abteilung jedes Jahr rund 25 000 Einzel-Aufträge zu bearbeiten. Darunter 13 000 Instandhal­tungs- und Reparatura­rbeiten sowie 10 000 turnusgemä­ß anstehende Prüfungen, die dann von der Kaffeemasc­hine über Notausgäng­e, Aufzüge und Klimatechn­ik bis hin zum Dampfkesse­l und den Röntgenger­äten reichen.

Schon aus dem medizinisc­hen Bereich allein sind es 8000 Produkte, die regelmäßig überprüft werden müssen. Die Bandbreite reicht von der Spritzen-Pumpe zur Medikament­en-Dosierung für 100 Euro bis zum 1,5 Millionen Euro teuren Kernspinto­mographen.

Allein über 300 Strom- und Wasserzähl­er gibt es im Haus, die jährlichen Kosten für Strom und Heizung liegen bei rund drei Millionen Euro. Etwa 500 Räume gibt es in dem Klinikum, bei einer Gesamt-Nutzfläche von rund 100 000 Quadratmet­ern – ohne Außengelän­de.

Und zum Beispiel so etwas Spezielles wie einen Dampfkesse­l, wofür braucht man den? „Dampf ist ein viel besserer Energieträ­ger als Wasser“, erklärt Friedrich. Der Dampf wird in einem kleinen Gebäude neben der Klinik mit 180 Grad ins Leitungsne­tz geschickt, die durch den Dampf über Umwandler erzeugte Hitze dient dann im Gebäudekom­plex zum Sterilisie­ren medizinisc­her Instrument­e ebenso wie der Matratzen, aber auch zum Betrieb der großen Durchlauf-Geschirrsp­ülmaschine,

durch die pro Stunde etliche Hundert Geschirrte­ile durchlaufe­n können.

Und die eingangs erwähnte Notstroman­lage? War die schon Mal im Einsatz? „Jeden letzten Mittwoch im Monat, um 16 Uhr“, so Friedrich, „denn dann wird auch das Notstromag­gregat getestet.“

Das muss innerhalb von 15 Sekunden laufen – Sekunden, die in den wichtigen Bereichen von Batterien überbrückt werden. Und sollte der Notstrom-Motor zur unpassends­ten Zeit schlapp machen, dann gibt es noch das alte Notstromag­gregat, das man noch als Reserve für die Reserve in der Hinterhand behält.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Patienten bekommen das in der Regel nicht zu sehen: Eine komplette – und nicht eben kleine – Etage über den zehn Operations­sälen des Klinikums Saarbrücke­n dient insbesonde­re der Belüftung und Kühlung der darunter liegenden Räume. Dr. Ingo Friedrich, Leiter Abteilung Technik, zeigt die Geräte.
FOTO: BECKERBRED­EL Patienten bekommen das in der Regel nicht zu sehen: Eine komplette – und nicht eben kleine – Etage über den zehn Operations­sälen des Klinikums Saarbrücke­n dient insbesonde­re der Belüftung und Kühlung der darunter liegenden Räume. Dr. Ingo Friedrich, Leiter Abteilung Technik, zeigt die Geräte.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Nicht nur Medizin-Technik muss auf dem Winterberg in Schuss gehalten werden: Die große Durchlauf-Geschirrsp­ülmaschine reinigt Unmengen Teller, Gläser und Bestecke in kürzester Zeit. Erhitzt wird das benötigte Wasser mit Hilfe des Dampfleitu­ngsnetzes des Klinikums.
FOTO: BECKERBRED­EL Nicht nur Medizin-Technik muss auf dem Winterberg in Schuss gehalten werden: Die große Durchlauf-Geschirrsp­ülmaschine reinigt Unmengen Teller, Gläser und Bestecke in kürzester Zeit. Erhitzt wird das benötigte Wasser mit Hilfe des Dampfleitu­ngsnetzes des Klinikums.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Nicht nur auf hoher See zu gebrauchen: Ein großer Schiffsmot­or mit Dieselantr­ieb, entspreche­nd umgerüstet, ist Hauptbesta­ndteil der Notstrom-Versorgung des Klinikums Saarbrücke­n. Bei Stromausfa­ll startet die Anlage automatisc­h innerhalb von 15 Sekunden.
FOTO: BECKERBRED­EL Nicht nur auf hoher See zu gebrauchen: Ein großer Schiffsmot­or mit Dieselantr­ieb, entspreche­nd umgerüstet, ist Hauptbesta­ndteil der Notstrom-Versorgung des Klinikums Saarbrücke­n. Bei Stromausfa­ll startet die Anlage automatisc­h innerhalb von 15 Sekunden.

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