Die meisten Radwege sind zu schmal
ADAC-Test endet mit „Ausreichend“. Aber Ortskundige hätten für zwei Ziele ohnehin bessere Fahrtrouten gewählt.
(ole) Das Fahrrad wird nicht erst seit dem Corona-Jahr 2020 immer beliebter. Von 2002 bis 2017 stieg die Anzahl an Wegen, die mit dem Fahrrad zurückgelegt wurden, um 13 Prozent (Quelle: Untersuchung „Mobilität in Deutschland 2017“des Bundesverkehrsministeriums). Das bringt mehr Leben auf die Radwege.
Fragt sich nur, ob das Platzangebot groß genug ist für klassische
Drahtesel ohne Strom, Mountainbikes, Lastenräder, Fahrräder mit Anhängern, Pedelecs sowie neuerdings E-Scooter.
Der ADAC wollte herausfinden, ob die Radwege von zehn Landeshauptstädten, darunter Saarbrücken, diesen gewachsenen Anforderungen gerecht werden. Der Verkehrsclub hat sich 120 Fahrradrouten in zehn deutschen Großstädten angesehen und gemessen, ob die Radwege breit genug sind und damit die derzeit empfohlenen Maße erfüllen. Die Untersuchung ergänzt den 2019 veröffentlichten ADAC-Test über die Sicherheit von Kreuzungen für Radfahrer.
Auf den 120 Strecken des Tests aus 2019 waren die ADAC-Radler wieder unterwegs, je nach Einwohnerzahl der Stadt auf zehn bis 18 Testrouten. Ihre Länge beträgt durchschnittlich zwischen 3,5 und 4,5 Kilometer.
Alle Strecken zusammengerechnet legten die Prüfer rund 500 Kilometer zurück. In Saarbrücken nahmen sich die ADAC-Fahrer zehn Routen mit einer Gesamtlänge von 36 Kilometern vor. Die Fahrer testeten typische Verbindungen für den Alltagsradverkehr. Sie führen von dicht besiedelten Wohngebieten
zur Schule, zur Uni, zum Einkaufen, zur Freizeit oder zu großen Arbeitgebern wie Saarstahl.
Zur Bewertung der unterschiedlichen Breiten orientierte sich der ADAC an den Maßen und „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“(ERA 2010). Herausgegeben hat sie die Forschungsgesellschaft für StraßenundVerkehrswesen(FGSV)für die unterschiedlichen Radwegtypen. Die Fahrer wählten die kürzeste Strecke zwischen Start und Ziel. Das wiederum würde allerdings jemand nicht unbedingt tun, wenn er sich in Saarbrücken gut auskennt.
„Hierbei möchten wir als ADAC Saarland anmerken, dass die kürzeste Strecke nicht gleichzusetzen ist mit realistisch gewählten Routen der saarländischen Radfahrer“, teilt Sprecherin Ann-Iren Ossenbrink mit. So würde ein Ortskundiger für den Weg von Alt-Saarbrücken zum Deutsch-Französischen Gymnasium oder von St. Arnual Richtung St. Johanner Markt einen der beiden kreuzungsfreien, breiten Leinpfade wählen.
Die Tester vom ADAC hatten sich zum Beispiel von St. Arnual zur Obertorstraße für die Fahrt durch die Koßmannstraße und über die
Bismarckbrücke entschieden. Die gewählte Route fiel mit einem Radweganteil von nur 750 Metern glatt durch: Mangelhaft. Weiteres Ergebnis: 52 Prozent der geprüften Radwege (Regelmaß nach ERA: 2 Meter) einschließlich Radfahrstreifen (1,85 Meter) und Schutzstreifen (1,5 Meter) in Saarbrücken waren schmaler als die jeweils empfohlenen Regelbreiten. 34 Prozent waren sogar schmaler als die Mindestbreiten, wie etwa in der Metzer Straße zwischen der Schutzbergstraße und der Haus-Nummer 90.
Wesentlich besser sieht es auf den gemeinsamen Wegen für Radfahrer und Fußgänger aus. Hier lagen 67 Prozent weit über der empfohlenen Mindestbreite von 2,50 Metern, lediglich 18 Prozent erreichten die Mindestanforderung nicht. Weiterhin fiel den Testern positiv auf, dass sich in Saarbrücken im Gegensatz zu anderen Städten nur wenige Engstellen, Schilder oder Masten auf den Radwegen fanden.
Und was missfiel? Da kommt die ADAC-Sprecherin auf die am schlechtesten bewertete Strecke zurück. „Negativ fiel unseren Testern auf der Route vom Wohngebiet St. Arnual zur Fußgängerzone in der Innenstadt besonders der Abschnitt im Zuge der Bismarckbrücke und der Paul-Marien-Straße sowie im weiteren Verlauf auf der Mainzer Straße auf.“
Doch Ossenbrink gibt noch einmal zu bedenken: „Diese zuletzt genannten Abschnitte werden sicherlich in anderen Situationen genutzt, aber eher selten, um von St. Arnual in die Innenstadt zu kommen. Hier wird unter realistischen Annahmen fast ausschließlich der für Radfahrer hervorragend geeignete Leinpfad genutzt. Die getestete Route ist insoweit dem gewählten Testszenario geschuldet.“