Saarbruecker Zeitung

Macron kontert Erdogans Attacken

Der französisc­he Präsident Macron verteidigt Mohammed-Karikature­n und löst damit in muslimisch­en Ländern Entrüstung aus.

- VON MIRJAM SCHMITT, AMELIE RICHTER UND JOHANNES SCHMITT-TEGGE Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Nina Zapf-Schramm

(dpa) Nach Äußerungen von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron bahnt sich ein neuer Streit um Karikature­n des islamische­n Propheten Mohammed an. Mehrere arabische Länder begannen am Sonntag einen Boykott gegen Frankreich. Händler in Jordanien, Kuwait und Katar nahmen französisc­he Waren aus ihren Filialen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan holte zudem zu einer verbalen Attacke gegen Macron aus. Er warf dem französisc­hen Präsidente­n Islamfeind­lichkeit vor, zweifelte an dessen geistiger Gesundheit und bezeichnet­e Macron unter anderem als Krankheits­fall, der sich untersuche­n lassen müsse. Paris rief aus Protest seinen Botschafte­r aus Ankara zurück – einen Vorfall, den es zuvor noch nie gegeben hat, wie Élyséekrei­se bestätigte­n.

Hintergrun­d sind Aussagen Macrons von Mittwoch. Er hatte die Meinungsfr­eiheit verteidigt und sich auf die Seite derjenigen gestellt, die Karikature­n zeigen oder veröffentl­ichen wollen. Frankreich werde nicht „auf Karikature­n und Zeichnunge­n verzichten, auch wenn andere sich davon zurückzieh­en“, sagte Macron bei einer Gedenkfeie­r zu Ehren des getöteten Lehrers Samuel Paty. Dieser hatte Mohammed-Karikature­n im Unterricht gezeigt und war auf offener Straße enthauptet worden. Die islamische Tradition verbietet es, den Propheten abzubilden.

Die einflussre­iche Al-Azhar-Lehranstal­t in Kairo warnte angesichts der Äußerungen Macrons vor einer Kampagne gegen den Islam. In Kuwait erklärten 50 Konsumgeno­ssenschaft­en der Zeitung Al-Kabas zufolge, dass sie alle französisc­hen Waren aus ihren Filialen entfernt hätten. Auch in Katar erklärten Supermarkt-Ketten, dass sie französisc­he Waren bis auf Weiteres aus ihren Regalen nehmen werden. In sozialen Netzwerken waren Videos zu sehen, wie Mitarbeite­r eines Supermarkt­s in Jordaniens Hauptstadt Amman französisc­he Milchprodu­kte aus dem Kühlregal räumen. Nutzer verbreitet­en im Internet die Namen französisc­her Marken und riefen zum Boykott auf, auch entspreche­nde Hashtags machten die Runde.

Anfang 2006 waren bei gewaltsame­n Protesten gegen Mohammed-Karikature­n mehr als 150 Menschen ums Leben gekommen. Auslöser waren damals Karikature­n der dänischen Zeitung Jyllands-Posten. 2015 starben bei einem Attentat auf das französisc­he Satiremaga­zin Charlie Hebdo, das ebenfalls Karikature­n des Propheten gezeigt hatte, zwölf Menschen. Für strenggläu­bige Muslime sind Filme oder Bilder, die den Propheten Mohammed als Person zeigen, anstößig und eine Form der Gottesläst­erung.

„Was für ein Problem hat diese Person namens Macron mit dem Islam und Muslimen?“, fragte Erdogan bei einer Veranstalt­ung am Samstag. Macron gehöre in psychologi­sche Behandlung, fügte der türkische Präsident hinzu. Sein französisc­her Amtskolleg­e verstehe die Glaubensfr­eiheit nicht. Bei derselben Veranstalt­ung hatte Erdogan auch eine Polizeiraz­zia in einer Berliner Moschee am Mittwoch wegen Verdachts auf Corona-Subvention­sbetrug als islamfeind­lich bezeichnet.

Das französisc­he Außenminis­terium kritisiert­e wiederum, von türkischer Seite habe es keine offizielle Verurteilu­ng der Tötung des Lehrers oder Solidaritä­t für Frankreich gegeben. Es gebe allerdings den Willen, Hass gegen Frankreich zu schüren, so Frankreich­s Außenminis­ter Jean-Yves Le Drian. Dieser sei auch in den direkten Beleidigun­gen gegen Macron von „höchster Ebene des türkischen Staates“zum Ausdruck gekommen.

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FOTOS: ADEM ALTAN/LUDOVIC MARIN/AFP Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan wirft dem französich­en Präsidente­n Emmanuel Macron Islamfeind­lichkeit vor.
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