Saarbruecker Zeitung

Die Pflegekräf­te zählen mit Recht zu den Gewinnern

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Wer auf den öffentlich­en Nahverkehr angewiesen ist, auf die Kita oder im Bürgeramt Wichtiges erledigen muss, dessen Geduld wurde in den vergangene­n Wochen vielerorts auf eine harte Probe gestellt. Warnstreik­s der Gewerkscha­ften hatten das öffentlich­e Leben spürbar beeinträch­tigt – zusätzlich zu den geltenden Corona-Beschränku­ngen, von denen viele Menschen schon genug genervt sind. Nach einem wahren Verhandlun­gsmarathon setzte sich nun endlich die Vernunft durch. Weitere Arbeitskäm­pfe sind vom Tisch. Dafür liegt dort jetzt ein großes Paket mit Tarifzuwäc­hsen für die verschiede­nsten Berufszwei­ge im öffentlich­en Dienst von Bund und Kommunen, die allesamt beachtlich sind.

Angesichts der wirtschaft­lichen Talfahrt im Land können viele andere Beschäftig­te von so etwas jedenfalls nur träumen. Was bei ihnen wächst, ist eher die Sorge um den Joberhalt. Mindestens 3,2 Prozent mehr Lohn plus diverse Extra-Zuschläge, eine schrittwei­se Angleichun­g der Wochenarbe­itszeit im Osten auf das etwas niedrigere Westniveau sowie eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro klingen da tatsächlic­h wie aus einer anderen Welt. Mit diesem Verhandlun­gsergebnis ist offenkundi­g vor allem die Arbeitgebe­rseite über ihren eigenen Schatten gesprungen. Schließlic­h hatte man dort wegen der schwierige­n Finanzlage anfangs sogar über Lohnkürzun­gen orakelt, was dem Verhandlun­gsklima sicher nicht gut tat. Umgekehrt gefiel sich auch die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi in sattsam bekannten Tarifritua­len, als sie zwischenze­itliche Angebote der Arbeitgebe­rseite als „dreist“und „provokant“abkanzelte. Da hatte mancher offenbar den Corona-Schuss nicht gehört.

Sei’s drum. Zu den größten Gewinnern der Tarifeinig­ung zählen sicher die Pflegekräf­te in kommunalen Altenheime­n und Kliniken. Das war auch überfällig. Denn der allgemein beklagte Pflegenots­tand hat viel mit ihrer mäßigen Bezahlung zu tun. Aber auch andere Berufsgrup­pen wie Busfahrer oder Müllwerker müssen sich nicht beschweren. Auch ihnen bleibt unter dem Strich spürbar mehr als der Ausgleich der Inflation, die schon seit Längerem gegen null tendiert.

Dass sich die Freude bei den Kommunen über den Tarifabsch­luss in Grenzen hält, ist verständli­ch. Schließlic­h müssen sie den Löwenantei­l der zusätzlich­en Personalko­sten tragen.

Und das bei dramatisch gesunkenen Einnahmen etwa aus der Gewerbeste­uer. Zwar gleicht der Bund einen Teil davon aus. Aber das gilt bislang nur für das laufende Jahr. Lohnzuwäch­se jedoch müssen dauerhaft finanziert werden. In vielen Rathäusern dürfte man den weiteren Pandemie-Verlauf daher nun mit ganz besonderer Aufmerksam­keit verfolgen. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) hat bereits klargestel­lt, dass die positiven Konjunktur­erwartunge­n für das kommende Jahr nur dann in Erfüllung gehen, wenn die hohen Infektions­zahlen wieder sinken. Falls nicht, wäre das allerdings nicht nur ein kommunales, sondern ein nationales Problem.

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