Ex-Formel-1-Zampano Ecclestone wird 90
An Ecclestone perlen noch immer alle Skandale ab.
Er war der Pate der Formel 1, machte aus der Rennserie ein milliardenschweres Spektakel und sorgte immer wieder für Skandale – jetzt wird Bernie Ecclestone 90 Jahre alt. Beim Rennsport-Zirkus ist er mittlerweile wider Willen raus.
(sid) Viagra? Kein Thema für einen Bernie Ecclestone. „Ob ich irgendwas nehme? Nein“, sagt der ehemalige Strippenzieher, Macher und große kleine Mann der Formel 1 vor seinem 90. Geburtstag: „Fabiana gibt mir ein paar Tabletten – Vitamin D. Ich nehme sonst aber nichts.“
Und so genießt Ecclestone, nicht ganz freiwillig in PS-Rente, derzeit quietschfidel das Leben. Mit seiner dritten Frau Fabiana Flosi residiert er auf seiner riesigen Ranch in der Nähe von São Paulo. Mittlerweile krabbelt auch sein erster Sohn Ace über das Anwesen, weiterer Nachwuchs ist nicht ausgeschlossen. „Ich glaube nicht, dass wir hier aufhören. Vielleicht sollte er noch einen Bruder oder eine Schwester bekommen“, sagt Ecclestone, der sich zu seinem Geburtstag an diesem Mittwoch ganz auf das Familienleben konzentrieren kann.
Denn im Milliarden-Zirkus der Formel 1, den er erschuf, hat Ecclestone längst nichts mehr zu sagen. Eigentlich unvorstellbar. Doch Anfang 2017 wurde er an der Spitze der Königsklasse von den neuen Besitzern abgesetzt. Eine Schmach für den Briten, der sich von ganz unten nach ganz oben gearbeitet hat. Und seitdem stichelt der nur 1,59 Meter kleine Ecclestone aus der Ferne gegen seine Nachfolger, die sein Lebenswerk „unzureichend“pflegen.
40 Jahre lang war Ecclestone der unumstrittene Chef. Es wurde gemacht, was er sagte, aus der Schrauber-Serie formte er einen Premiumsport mit Milliarden-Umsätzen. Ecclestone, der aus einfachsten Verhältnissen stammt, war unantastbar. An dem umstrittenen Strippenzieher perlten alle Skandale ab. Selbst die Anklage wegen Anstiftung zur Untreue und Bestechung in besonders schwerem Fall vor der deutschen Justiz 2014 konnte ihm nichts anhaben. Ecclestone zahlte 100 Millionen Dollar, bei einem Vermögen von 3,3 Milliarden ein Kleckerbetrag – das Verfahren wurde eingestellt.
Aus seinen extravaganten Geschäftsmethoden hat der ehemalige Gebrauchtwagenhändler nie einen Hehl gemacht. „Wir sind nicht so etwas wie die Mafia, wir sind die Mafia“, sagte der ehemalige Formel-1-Pate einst. Ein freiwilliger Rücktritt kam für ihn nie infrage: „Wenn die Leute 100 Jahre alt werden, dann sollten sie anfangen, über die Pension nachzudenken.“
Im Fahrerlager war und ist Ecclestone noch immer beliebt, er machte viele Menschen in der Formel 1 zu Millionären. Der Gegenwind wurde in den vergangenen Jahren zwar schärfer, aber egal selbst peinliche Aussagen über Adolf Hitler und Saddam Hussein konnte ihm nicht schaden. Jüngst legte sich Weltmeister Lewis Hamilton in der Rassismus-Debatte öffentlichkeitswirksam mit ihm an, bezeichnete ihn als „ignorant und ungebildet“.
Doch die Formel 1 brauchte Ecclestone lange Zeit ebenso sehr, wie Ecclestone die Formel 1 brauchte. Denn der „Herr der Räder“, der schon in der Schule Bleistifte und Radiergummis an seine Mitschüler verhökerte, schaffte immer wieder frisches Geld ran. So wissen denn auch alle: Ohne Ecclestone wäre die moderne Formel 1 undenkbar.