Saarbruecker Zeitung

Eine Zäsur, die Jahrzehnte nachwirken kann

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Was jetzt im US-Senat geschah, ist eine Zäsur. Ein Einschnitt, der auf Jahrzehnte nachwirken kann. Indem die republikan­ische Mehrheit Donald Trumps Favoritin für den freigeword­enen Platz am Obersten Gerichtsho­f bestätigte, lässt sie den ideologisc­h gespaltene­n Supreme Court so weit nach rechts rücken, wie es seit den 1930er Jahren nicht mehr der Fall war. Und das in einem Land, in dem es eine Woche vor der Wahl keineswegs nach einem konservati­ven Sieg aussieht.

Dass ausgerechn­et die stramm konservati­ve Amy Coney Barrett der verstorben­en Ruth Bader Ginsburg nachfolgt, einer Identifika­tionsfigur liberaler Amerikaner, hinterläss­t bei Letzteren einen Nachgeschm­ack, der mehr als bitter ist. Es weckt Befürchtun­gen, dass Urteile kassiert werden, die für gesellscha­ftlichen Fortschrit­t standen – vom Abtreibung­srecht bis hin zur Gleichstel­lung der Homo-Ehe. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, der die tiefe politische Spaltung der USA illustrier­t, dann hat ihn die Causa Barrett geliefert. Bis auf eine Ausnahme gaben ihr sämtliche Republikan­er grünes Licht, während sich die Demokraten geschlosse­n gegen sie stellten. Schuld an der neuerliche­n Verhärtung der Fronten ist die republikan­ische Partei mit ihrer kompromiss­losen Machtpolit­ik. Dieselbe „Grand Old Party“, die 2016 einen von Barack Obama benannten Supreme-Court-Richter mit dem Argument ausbremste, dass man in einem Wahljahr eine so folgenschw­ere Personalen­tscheidung nicht trifft. Den Pokal für eine unschlagba­re Scheinheil­igkeit haben die Republikan­er damit gewonnen.

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