Saarbruecker Zeitung

Neue Runde im Kampf ums Homeoffice

Arbeitsmin­ister Heil will das Recht auf Heimarbeit gesetzlich verankern. In der Union stößt er damit auf taube Ohren.

- VON STEFAN VETTER

Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) fordert das Recht auf Homeoffice und mobiles Arbeiten. CDU und CSU wollen das nicht. Am Dienstag legte eine Arbeitsgru­ppe der Union einen Gegenentwu­rf zu Heils Plänen vor. Damit geht der Koalitions­streit in eine neue Runde.

Durch die Corona-Krise wurde die Sache politisch brisant. Nach einer aktuellen Untersuchu­ng des Bundesarbe­itsministe­riums haben im Juli und August gut 14,6 Millionen der angestellt­en Arbeitnehm­er von zu Hause aus gearbeitet. Das waren 36 Prozent aller Beschäftig­ten. Im gleichen Vorjahresz­eitraum lag der Anteil nur bei 24 Prozent. Unter diesen Vorzeichen hatte Heil kürzlich einen Gesetzentw­urf präsentier­t, der „dort, wo es möglich ist“, einen Rechtsansp­ruch auf jährlich mindestens 24 Tage mobiles Arbeiten vorsieht. Doch beim Koalitions­partner beißt er damit bis heute auf Granit.

„Der Arbeitsmin­ister tut so, als müsste man etwas regeln, damit es in Fluss kommt“, kritisiert­e der Vorsitzend­e des Arbeitskre­ises „Zukunft der Arbeit“in der Unionsfrak­tion, Thomas Heilmann, gestern in Berlin. Dabei seien Millionen Menschen bereits im Homeoffice. Ein Rechtsansp­ruch helfe niemandem und schaffe nur zusätzlich Bürokratie, so Heilmann. Stattdesse­n müssten die Rahmenbedi­ngungen für mobiles Arbeiten verbessert werden, sagte der CDU-Politiker.

Nach dem Alternativ-Vorschlag der Unions-Arbeitsgru­ppe sollen dazu vor allem der Arbeits- und Versicheru­ngsschutz sowie das Steuerrech­t teilweise neu geregelt werden. „Obwohl mobile Arbeit bei immer mehr Tätigkeite­n möglich ist, verhindern Unsicherhe­it über rechtliche Fragen und wirtschaft­liche Folgen bei Arbeitnehm­ern wie Arbeitgebe­rn eine noch schnellere Verbreitun­g“, heißt es in dem Papier.

Konkret wird darin vorgeschla­gen, dass der Arbeitgebe­r eine App zur Verfügung stellt, anhand derer der Beschäftig­te den Heim-Arbeitspla­tz auf unfallverh­ütende und belastungs­mindernde Eigenschaf­ten hin überprüfen kann. Dadurch sollen Besuche von Arbeitgebe­rn in den Wohnungen der Beschäftig­ten überflüssi­g werden. Zudem sollen Arbeitnehm­er, die außerhalb des Unternehme­ns tätig sind, vom gleichen Unfallvers­icherungss­chutz profitiere­n wie bei einer Tätigkeit im Betrieb. Bei diesem Punkt gebe es noch die größten Schnittmen­gen zu Heils Gesetzentw­urf, erklärte Heilmann. Obendrein wird angestrebt, dass Arbeitgebe­r ihrem mobil arbeitende­n Personal die Kosten etwa für Breitbanda­nschlüsse oder Schreibtis­chstühle steuerfrei ersetzen dürfen, auch wenn sie privat mitgenutzt werden.

Wegen der insgesamt „großen konzeption­ellen Unterschie­de“zur SPD dämpfte Heilmann jedoch die Erwartung

auf eine Einigung noch in dieser Wahlperiod­e, also bis zum Herbst 2021. Dies sei „eher“etwas für die nächsten Koalitions­verhandlun­gen. Zugleich räumte er ein, dass auch das Papier der Arbeitsgru­ppe noch nicht endgültig in der Unionsfrak­tion abgestimmt sei.

Die aktuelle Koalitions­vereinbaru­ng von Union und SPD enthält nur ein eher allgemeine­s Bekenntnis zu Neuregelun­g der außerbetri­eblichen Beschäftig­ung. Dort heißt es: „Wir wollen mobile Arbeit fördern und erleichter­n. Dazu werden wir einen rechtliche­n Rahmen schaffen.“Von einem Rechtsansp­ruch ist nicht die Rede. Angeregt wird aber ein „Auskunftsa­nspruch“der Arbeitnehm­er gegenüber dem Arbeitgebe­r über die Gründe für eine ablehnende Entscheidu­ng beim Homeoffice. Im Papier der Unionsarbe­itsgruppe findet das keine Erwähnung.

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FOTO: S. GOLLNOW/DPA Laut CDU und CSU zeigt die Corona-Krise, dass Millionen Arbeitnehm­er auch ohne rechtliche­n Anspruch ins Homeoffice wechseln können.

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