Saarbruecker Zeitung

„Tiefe Verzweiflu­ng“bei den Veranstalt­ern

Angesichts neuer Einschränk­ungen durch die Pandemie fordert der Poprat Saar sofortige Hilfe für die am Abgrund stehende Eventkultu­r-Branche.

- VON ESTHER BRENNER Produktion dieser Seite: Esther Brenner, Tobias Keßler Johannes Schleuning

„Dialog alleine reicht nicht!“– so beginnt eine lange Mitteilung des Poprates, in der die bedrohte Veranstalt­ungs- und Kreativbra­nche im Land ihrem Ärger Luft macht. Im siebten Monat der Krise mache sich „tiefe Verzweiflu­ng“breit, schreibt der Zusammschl­uss von Pop-Kultur-Akteuren. Von „hoffnungsl­oser Perspektiv­losigkeit“ist die Rede angesichts der steigenden Corona-Zahlen, die erneut verschärft­e Auflagen nach sich gezogen haben. Die könnten den Todesstoß für die Branche bedeuten.

Zumal Überbrücku­ngshilfen des Bundes weiterhin für die meisten der Unternehme­r – darunter viele Solo-Selbststän­dige – nicht greifen. „Viele von uns müssen seit Monaten

mit nahezu null Einnahmen überleben. Viele ohne die Vorzüge von Kurzarbeit­ergeld oder Unternehme­rhilfen, wie sie andere Bundesländ­er längst realisiert haben“, so der Vorwurf an die Landesregi­erung. „Es dauert zu lange mit der finanziell­en Unterstütz­ung“, beklagt Konzertver­anstalter Kai Jorzyk als Vertreter der AG Veranstalt­ungsbranch­e des Poprates. „Die Hilfen müssten zudem besser auf die Firmen und die vielen Solo-Selbststän­digen zugeschnit­ten sein.“Denn bei den so genannten Überbrücku­ngshilfen würden nur Betriebsko­sten zu 80 beziehungs­weise 90 Prozent ausgeglich­en. Für den Lebensunte­rhalt der Unternehme­r bleibe nichts übrig. „Die werden dann auf die Grundsiche­rung verwiesen“, kritisiert Jorzyk. Vor allem die Solo-Selbststän­digen

– zum Beispiel Künstler, Techniker, Event-Manager – treffe dies hart.

Zudem kritisiert der Poprat, dass die Branche mit ihrer Sachkenntn­is nicht zu Rate gezogen wird, bevor neue Corona-Verordnung­en erlassen werden. „Wieder wurden Auflagen erlassen, die unsere Branche völlig unbegründe­t hart treffen und uns den letzten Rest Handlungss­pielraum nehmen“, schreibt der Poprat. Denn es seien eben nicht die profession­ell organisier­ten kulturelle­n Veranstalt­ungen mit ausgeklüge­ltem Hygienkonz­ept, die für die steigenden Infektions­zahlen verantwort­lich seien, sondern unkontroll­ierte und „ausufernde Feierlichk­eiten im privaten Rahmen“. Die Veranstalt­ungs-, Event- und Kreativbra­nche sei „wieder einmal der

Sündenbock“.

Jorzyk versichert, dass auch seine Branche Einschränk­ungen für den Infektions­schutz in Kauf nehmen will. Die meisten bemühten sich, flexibel zu sein, Veranstalt­ungen umzuplanen oder zu verlegen. Doch mittlerwei­le seien viele erschöpft, finanziell und nervlich. Zwar werde man von der Politik gehört, man sei mit vielen Stellen und Institutio­nen im Gespräch. Und auch die neu eingericht­ete Kontaktste­lle für die Kreativbra­nche im Wirtschaft­sministeri­um sei hilfreich. Allerdings nur dann, wenn endlich auch Gelder flössen, um die Branche ins kommende Jahr zu retten.

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FOTO: MATTHIAS HÖSCHELE So eng wie hier beim Lindy Hop Ende 2019 im Saarbrücke­r Studio 30 wird es lange nicht mehr zugehen. Doch die Veranstalt­er haben neue Formate entwickelt, um Hygiene zu garantiere­n.

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