Saarbruecker Zeitung

Fußball-Ikone Maradona wird 60

Argentinie­ns Fußball-Ikone Diego Armando Maradona feiert an diesem Freitag ihren 60. Geburtstag. Aktuell geht es ihm gesundheit­lich gut.

- VON NILS BASTEK Produktion dieser Seite: Kai Klankert, Stefan Regel

(dpa) Diego Armando Maradona, was gibt es über diesen Menschen noch zu erzählen? Wie er seine Gegenspiel­er narrte, wie er sogar den Tod noch umdribbelt­e? Wie er mit einem Luftgewehr auf Journalist­en schoss oder sogar eine Kirche nach ihm benannt wurde? Als Fußballer war Maradona so unbeschrei­blich gut wie vielleicht niemand davor oder danach. Als Mensch war er viele Jahre später mal so dick, dass er kaum sprechen konnte. Diego Armando Maradona:

Dieser Name steht für ein Leben zwischen den Extremen, zwischen Himmel und Hölle, zwischen Genie und Wahnsinn. Trotzdem hat Maradona es geschafft, dass er an diesem Freitag 60 Jahre alt wird.

Maradona wird seinen Geburtstag wohl in Argentinie­n verbringen. Seit dem vergangene­n September trainiert er den Erstligist­en Gimnasia y Esgrima La Plata. Auch auf Instagram ist er seit einiger Zeit aktiv. Dort sieht man ihn mit einem kleinen Hund auf dem Arm, mit einer Taktiktafe­l im Garten oder mit einer einem Astronaute­n-Helm ähnelnden Spezialmas­ke zum Schutz vor dem Coronaviru­s auf dem Kopf. Auf den Fotos sieht Maradona schlank und gesund aus, einmal trägt er sogar eine modische Brille. Die Botschaft: Es geht ihm gut. „Man muss anmerken, dass er seine Lebenskris­e, die da entstanden ist nach dem Fußball, anscheinen­d gemeistert hat“, sagt Günter Netzer.

Für den Ex-Nationalsp­ieler ist Maradona so wie für viele Menschen ein Mythos geblieben. Die Legende beginnt in der Siedlung Villa Fiorito am Rande von Buenos Aires, wo „El Pibe de Oro“(der Goldjunge) früh vom Erstligist­en Argentinos Juniors entdeckt wird. Als zwölf Jahre alter Balljunge soll er den Zuschauern mit seinen Kabinettst­ückchen während der Halbzeitpa­usen schon mehr Unterhaltu­ng als die erste Mannschaft geboten haben. Im Alter von 15 Jahren gibt er sein Debüt in der ersten Liga, mit 16 ist er Nationalsp­ieler, mit 17 Torschütze­nkönig und als 19-Jähriger erstmals Südamerika­s Fußballer des Jahres.

Ob er der neue Pelé ist, wollen argentinis­che Reporter damals von ihm wissen. „Ich bin Maradona, kein neuer Irgendwas. Ich will einfach nur Maradona sein“, antwortet der junge „Diegito“. Und das ist ihm ohne Zweifel gelungen – dass sein Lebensweg unvergleic­hlich ist. Am Anfang geht noch vieles gut. 1982 wechselt Maradona für eine Rekordablö­sesumme zum FC Barcelona, zum Halbgott steigt er aber erst zwei Jahre später auf. Für eine weitere Rekordablö­se geht es weiter zum SSC Neapel, also nicht zu den großen Clubs im Norden Italiens, sondern zum verspottet­en Fast-Absteiger in den verachtete­n Süden. „Kloake Italiens“, tönen Juve- oder Milan-Fans beim Duell.

Hier beginnt die Verwandlun­g.

Maradona steigt höher und höher, 1987 und 1990 führt er Neapel zu den bis heute einzigen Meistersch­aften der Vereinsges­chichte. Schon bei seiner Begrüßung hatten mehr als 70 000 Fans ihn im Stadio San Paolo empfangen, später lungern die Menschen immer wieder vor seiner Haustür herum. Einmal soll eine Krankensch­wester eine Blutprobe von ihm gestohlen und in die Kirche gebracht haben. Die Neapolitan­er verehren ihn wie einen Heiligen. Maradona kommt mit dem Hype klar, solange er Fußball spielt, der Rasen ist sein Terrain.

„Auf dem Platz wird das Leben unwichtig. Die Probleme, all das wird unwichtig“, sagt er in der Amazon-Dokumentat­ion „Diego Maradona“. Mit Argentinie­n wird er 1986 Weltmeiste­r, 1989 gewinnt er mit

Neapel auch noch den Uefa-Pokal. Abseits des Platzes aber wird er genauso unkontroll­ierbar wie für seine Gegenspiel­er. Er verfällt dem Kokain („Eine Line – und ich fühlte mich wie Superman“), zieht zum Teil von Sonntag bis Mittwoch um die Häuser, um danach bis zum Wochenende wieder alles auszuschwi­tzen. Seine Nationalma­nnschafts-Karriere endet bei der WM 1994 wegen einer zweiten, monatelang­en Doping-Sperre durch die Fifa.

„Diego hatte ein Leben wie ein Traum. Und wie ein Alptraum“, sagt sein langjährig­er Fitnesstra­iner Fernando Signorini. Unvergesse­n sind die „Hand Gottes“, mit der er bei der WM 1986 gegen England getroffen hatte, oder sein Jahrhunder­t-Tor nach einem unfassbare­n Dribbling im selben Spiel. Unvergesse­n sind aber auch die Jahre später erschienen­en Bilder vom kugelrunde­n Maradona mit schrillblo­nden Haaren. Er scheiterte als TV-Moderator und argentinis­cher Nationalco­ach, verbrachte unzählige Wochen in Krankenhäu­sern, ließ sich den Magen verkleiner­n und schrammte mehrmals nur ganz knapp am Tod vorbei. All das war und ist auch: Diego Armando Maradona.

„Ich glaube, er hält sich für einen Gott, und das könnte einer der Gründe für seine Probleme sein“, sagte vor vielen Jahren mal der Leiter der Klinik Güemes in Buenos Aires, Héctor Pezzella, wo Maradona 2007 in Behandlung war. Nun scheint es ihm aber deutlich besser zu gehen. Zumindest sieht es auf seinen Fotos in den Sozialen Netzwerken danach aus. „Im Alter wird man ja auch schon ein bisschen weiser“, sagt der frühere Nationalsp­ieler Guido Buchwald, der Maradona im WM-Finale 1990 ausgeschal­tet und sich so den Spitznamen „Diego“verdient hatte. „Ich glaube schon, dass er gesünder und normaler lebt. Eskapaden braucht er sicher nicht mehr“, meint Buchwald.

„Auf dem Platz wird das Leben unwichtig. Die Probleme, all das wird unwichtig.“

Diego Armando Maradona

Argentinie­ns Fußball-Legende

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FOTO: BRINDICCI/AP/DPA Diego Maradona steht auf dem Balkon der Casa Rosada, dem Palast des Präsidente­n von Argentinie­n, und hält eine kleine Nachbildun­g eines WM-Pokals in der Hand.

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