Saarbruecker Zeitung

Bei den Fohlen platzt der Knoten

Gala-Vorstellun­g von Borussia Mönchengla­dbach beim 6:0 gegen Schachtjor Donezk in der Champions League.

- VON ERIK ROOS

(sid) Alassane Pléa holte nach dem „perfekten Abend“erst einmal den Filzstift raus. Mit dem Spielball unter dem Arm ging der Dreifach-Torschütze durch die Kabine und ließ das Erinnerung­sstück von jedem Mitspieler signieren. „Es war für mich ein toller Abend. Ich bin glücklich“, sagte der Franzose, der nach Borussia Mönchengla­dbachs furiosem 6:0 (4:0) bei Schachtjor Donezk vom Tor- zum Autogrammj­äger mutierte.

Pléa, in Gladbach nur „Lasso“genannt, stand mit seiner Leistungse­xplosion

„Die Hälfte ist gespielt, und wir grüßen

von oben.“

Marco Rose

Trainer von Borussia Mönchengla­dbach

sinnbildli­ch für das gesamte Team: Bei den Fohlen ist endlich der Champions-League-Knoten geplatzt – und das mit einem lauten Knall. „Die Hälfte ist gespielt, und wir grüßen von oben“, sagte Trainer Marco Rose stolz. Vor Real Madrid und vor Inter Mailand geht die Borussia als Tabellenfü­hrer in die Königsklas­sen-Pause, die K.o.-Runde ist in greifbarer Nähe.

Kein Wunder, dass Erinnerung­en an die großen 70er-Jahre mit Günter Netzer, Jupp Heynckes und Co. wach wurden. Einen höheren Auswärtssi­eg etwa hatte Borussia im Europapoka­l zuletzt auf Island beim 7:0 gegen IBV Vestmannae­yjar gefeiert – im September 1973. Drei Tore in der Fremde waren vor Pléa internatio­nal nur zwei Fohlen gelungen: Eben Heynckes, sogar drei Mal in den 70ern. Und dem aktuellen Kapitän Lars Stindl 2017 in Florenz.

Doch längst läuft in Gladbach eine neue, eigene Zeitrechnu­ng. Der erstmalige Einzug in die K.o.-Runde der Champions League würde das zementiere­n. Rose warnte allerdings vor zu großer Euphorie. „Wir dürfen das Ergebnis genießen, klar. Aber im Grunde genommen haben wir noch nichts erreicht“, sagte er: „Die drei Spiele, die jetzt noch kommen, werden alles entscheide­n. Ich glaube jetzt schon zu wissen, dass Schachtjor in drei Wochen in Mönchengla­dbach völlig anders auftreten wird.“

Auch Rio-Weltmeiste­r Christoph Kramer befürchtet, dass Real, Inter und auch Schachtjor die Borussia nun nicht mehr unterschät­zen werden. „Das wird allen drei Mannschaft­en nicht noch einmal passieren. Wir müssen auf der Hut sein“, sagte der Defensivsp­ieler. Fünf Punkte hätten im Vorfeld aber „alle unterschri­eben“, meinte Kramer. Dabei war gegen Real und Inter (je 2:2) sogar noch mehr drin.

Mann des Abends war aber Pléa, der nun ebenso im europäisch­en Schaufenst­er steht wie der gegen Real zweimal erfolgreic­he Marcus Thuram. Die beiden Franzosen seien „gute Jungs, die auch privat einen guten Umgang haben“, sagte Rose, der aber „keine Riesenstor­y“aus seinem Sturm-Duo machen wollte. Kein Wunder, schließlic­h will Rose seine Torjäger gerne über das Saisonende hinaus behalten.

Pléas Höhenflug machte jedenfalls Mut, auch für das Bundesliga-Topspiel bei Bayer Leverkusen am Sonntag. 2019 hatte Pléa dort beim 1:0-Sieg den einzigen Treffer erzielt. „Lassos Formkurve ist ansteigend. Wir wissen, dass er ein wichtiger Spieler für uns ist, weil er die Qualitäten hat, außergewöh­nliche Dinge zu machen“, sagte Rose. So wie am Dienstag in Kiew.

 ?? FOTO: LUKATSKY/AP/DPA ?? „Das weiße Ballett“– so wurde in den 50ern und 60ern Real Madrid ob seiner überragend­en Spielkunst unter Alfredo di Stefano genannt. Am Dienstagab­end verdiente sich Borussia Mönchengla­dbach mit dem dreifachen Torschütze­n Alassane Pléa (Vierter von rechts) diesen Beinamen für 90 Minuten.
FOTO: LUKATSKY/AP/DPA „Das weiße Ballett“– so wurde in den 50ern und 60ern Real Madrid ob seiner überragend­en Spielkunst unter Alfredo di Stefano genannt. Am Dienstagab­end verdiente sich Borussia Mönchengla­dbach mit dem dreifachen Torschütze­n Alassane Pléa (Vierter von rechts) diesen Beinamen für 90 Minuten.

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