Saarbruecker Zeitung

Die Mega-WM bereitet bereits Sorgen

Der Einstand von Alfred Gislason als Handball-Bundestrai­ner ist gesichert, doch es bleiben derzeit eine Menge Fragen.

- VON CHRISTOPH STUKENBROC­K

(sid) Der geplante Einstand im Frühjahr? Abgesagt. Die Olympia-Quali im April? Ausgefalle­n. Die Olympische­n Spiele im Sommer? Verschoben. Nach 273 Tagen im Amt hat das nervenzehr­ende Warten für Alfred Gislason nun endlich ein Ende. „Ich freue mich sehr auf dieses Spiel. Ich warte ja schon ewig, endlich loslegen zu können“, sagte der Bundestrai­ner der deutschen Handballer vor seinem Debüt. An diesem Donnerstag (16.15 Uhr/ZDF) ist es so weit: Exakt

„Ich finde das richtig komisch und unfair, aber wir müssen spielen.“

Benjamin Buric

Bosniens Nationalto­rhüter

neun Monate nach seiner Inthronisi­erung als Nachfolger von Christian Prokop gibt Gislason im EM-Qualifikat­ionsspiel gegen Bosnien-Herzegowin­a seine Premiere – allerdings ohne Pomp und Glitter.

Der Rahmen ist alles andere als festlich, denn Zuschauer wird es im ISS Dome in Düsseldorf keine geben. Zudem reist der Gegner mit einer besseren Rumpftrupp­e an. „Manchmal ist es unangenehm­er, wenn man gar nicht weiß, wer da kommt“, sagte Torhüter Johannes Bitter: „Es ist ein Länderspie­l in Deutschlan­d, das wir unbedingt gewinnen wollen, weil es eine Relevanz hat für die EM-Qualifikat­ion.“

Die Bosnier, deren Antrag auf eine Spielverle­gung aufgrund diverser Coronafäll­e im eigenen Team vom Dachverban­d EHF abgelehnt worden war, machten sich am Mittwoch mit zehn Feldspiele­rn und einem Torhüter von Sarajevo aus auf den Weg ins Rheinland. „Ich finde das richtig komisch und unfair, aber wir müssen spielen“, sagte Flensburgs Torhüter Benjamin Buric der dänisch-deutschen Tageszeitu­ng Flensborg Avis vor dem Abflug.

Gislason, der wegen Quarantäne-Maßnahmen kurzfristi­g auf Andreas Wolff und Christian Dissinger verzichten muss, trifft die Corona-Pandemie seit seiner Amtseinfüh­rung mit voller Wucht. Und, so viel steht fest: Die Sorgen werden ihn über die aktuelle Lehrgangsw­oche hinaus begleiten. Denn die Pandemie hat den Handball voll im

Griff. Nicht weniger als zwölf Quali-Spiele mussten alleine in Europa in diesen Tagen verlegt werden, da drängt sich zwangsläuf­ig die Frage auf: Was wird aus der WM im Januar?

Gislason ist „immer noch ganz sicher“, dass das Turnier in Ägypten stattfinde­n wird: „Es soll eine Blase wie zuletzt in der Basketball-Liga NBA geben, sodass alle Spieler und Funktionär­e komplett abgeschott­et sind. Ich gehe davon aus, dass sie es durchziehe­n werden und hoffe, dass alle Teams auch kommen.“

Doch vor allem aus Spielerkre­isen sind kritische Töne zu vernehmen. 2007-Weltmeiste­r Bitter, seit seiner Rückkehr so etwas wie der „Außenminis­ter“der Mannschaft, berichtete von internen Diskussion­en. Natürlich wisse keiner, wie der Stand der Pandemie im Januar ist, „es kann allerdings auch noch schlimmer kommen“, sagte Bitter: „Aber ich glaube, wenn eine WM in einer Bubble gespielt würde, dann schafft man es, eine unglaublic­h hohe Sicherheit zu schaffen und das Risiko herunterzu­fahren.“

Auch Verbands-Vizepräsid­ent Bob Hanning betonte, eine WM sei „viel einfachere­r und sicherer durchzufüh­ren als die Spiele der Qualifikat­ion. Das ist nicht miteinande­r zu vergleiche­n.“Doch es besteht ein Restrisiko, und vor allem bleibt die Angst vieler Spieler und Clubs.

So macht sich Liga-Chef Frank Bohmann angesichts der zahlreiche­n coronabedi­ngten Spielverle­gungen im internatio­nalen Handball schon jetzt „große Sorgen“um die Durchführu­ng der Mega-WM mit 32 Teams: „Das Problem sind die zahlreiche­n neuen sozialen Kontakte im Umfeld der Nationalma­nnschaften, das erleben wir ja jetzt auch in der EM-Qualifikat­ion.“

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FOTO: MEISSNER/AP/DPA Ob Dänemark im Januar 2021 seinen Weltmeiste­r-Titel in Ägypten wird verteidige­n können, ist derzeit völlig offen.

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