Intensivtäter aus dem Saarland vor Ausweisung in die Türkei
Ein 31-Jähriger hat zahlreiche schwere Straftaten begangen. Dass er im Saarland geboren ist und eine Tochter hat, schütze ihn nicht, sagt das Verwaltungsgericht.
Vor 31 Jahren wurde E. in Merzig als Sohn türkischer Eltern geboren, er ging in Perl in den Kindergarten, in die Grundschule, dann auf die Erweiterte Realschule und absolvierte eine Lehre als Metallbauer. Er hat eine acht Jahre alte Tochter und ist neu verlobt. Wird das vom Verwaltungsgericht Saarlouis gesprochene Urteil rechtskräftig, wird E. seine 31 Jahre Saarland hinter sich lassen und in die Türkei ausreisen müssen. In ein Land, in dem er noch nie gewesen sei, dessen Sprache er nicht spreche, in dem er keine Verwandten mehr habe und in dem er als Kurde und Jeside gefährdet sei.
Eingebrockt hat sich E. die Ausweisung und das vierjährige Einreiseund Aufenthaltsverbot allerdings selbst. Der Mann mit türkischem Pass hat eine veritable Karriere als Serientäter hinter sich. Zwischen 2007 und 2016 verurteilten ihn saarländische Gerichte wegen Raubes, schwerer räuberischer Erpressung, schweren Bandendiebstahls, Diebstahls, Unterschlagung, Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Erschleichen von Leistungen und Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Wie sich herausstellte, konsumierte er allerlei Drogen. Er verbüßte eine Jugendstrafe
und eine Haftstrafe. Letztere, weil er 2013 gemeinsam mit Komplizen eine Spielhalle ausraubte. Während die Mittäter die Angestellten mit Schreckschusswaffen bedrohten, brach E. die Spielautomaten mit einem Brecheisen auf.
Für die Zentrale Ausländerbehörde war die Sache klar: E. muss Deutschland verlassen, seine Straftaten stellten eine schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Doch gegen die Ausweisungsverfügung wehrte sich E. vor Gericht. Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts in Saarlouis unter Vorsitz von Christoph Schmit wies die Klage von
E. gegen seine Ausweisung jetzt jedoch ab und stellte ein „besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse“fest – auch wenn, wie sein Anwalt betonte, der Spielhallen-Raub schon sieben Jahre zurückliegt und E. sich seit seiner vorzeitigen Haftentlassung vor einem Jahr gesetzestreu verhielt.
Die Richter sahen bei E. eine Wiederholungsgefahr und stützten sich dabei auf ein vom Gericht in Auftrag gegebenes psychologisches Gutachten, das die Rückfallwahrscheinlichkeit oberhalb der statistischen Werte für Raubtaten (zehn bis 25 Prozent) veranschlagte. Dass E. dabei auch Drogenkonsum nachgewiesen wurde, bestärkte das Gericht in seiner Einschätzung. Die Aussage des Anwalts, dabei handele es sich um „einen einmaligen Ausrutscher“, nahmen die Richter ihm angesichts der langen Drogen-Vorgeschichte jedenfalls nicht ab. Die mit der Ausweisung verbundenen Erschwernisse hielten die Richter für zumutbar. Die achtjährige Tochter habe ihren Lebensmittelpunkt bei der allein sorgeberechtigten Mutter und habe bereits während der Haft ihren Vater kaum sehen können, für sie sei die Situation also ähnlich wie bei der Haft. Um die Vater-Tochter-Beziehung über die Entfernung hinweg am Leben zu halten, bieten sich nach Ansicht der
Richter zum Beispiel Videotelefonate an. Auch die geplante Ehe ist in den Augen der Richter kein Ausweisungshindernis. Die Übersiedlung in die Türkei werde zwar einen gravierenden Einschnitt darstellen. Angesichts seines Alters könne E. aber so viel Türkisch lernen, um im Alltag zurechtzukommen. Eine Gefahr durch seine jesidische Religionszugehörigkeit, die er gegenüber niemandem offenlegen müsse, und durch seine kurdische Volkszugehörigkeit sah das Gericht nicht.