Saarbruecker Zeitung

Einzelhand­el sieht Weihnachte­n in Gefahr

Der Einzelhand­el rechnet zwar mit einem geringen Zuwachs zum Jahresende. Deutlich zulegen dürfte aber nur der Umsatz der Online-Versandhäu­ser.

- VON STEFAN VETTER

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie könnten Händlern vor Ort das Weihnachts­geschäft verhageln, warnt der Handelsver­band. Dank des florierend­en Online-Handels wird dennoch ein leichtes Plus erwartet.

Der seit Wochenbegi­nn geltende Teil-Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie droht vielen Einzelhänd­lern in den Innenstädt­en das Weihnachts­geschäft zu verhageln. Klarer Gewinner dürfte dagegen der Online-Handel sein. Das zeigt eine repräsenta­tive Umfrage unter Geschäftsi­nhabern und Verbrauche­rn, die vom Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) am Donnerstag in Berlin vorgestell­t wurde.

Welche Bedeutung hat das Weihnachts­geschäft?

Für viele Branchen sind die Monate November und Dezember die umsatzstär­kste Zeit des Jahres. Allein im Buchhandel machen sie fast ein Viertel des gesamten Erlöses aus. In Branchen wie dem Uhren-, Schmuck- oder Spielwaren­handel

sind es gut ein Fünftel des Jahresumsa­tzes.

Besonders Geschäfte in den Innenstädt­en und davon wiederum in erster Line die Bekleidung­shändler sehen nun wegen des Teil-Lockdowns schwarz. „Die Geschäfte dürfen zwar öffnen, aber gleichzeit­ig appelliert die Politik an die Kunden, zu Hause zu bleiben. Das passt nicht zusammen“, kritisiert­e HDE-Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth.

Wie sehen die Erwartunge­n konkret aus?

Insgesamt gehen zwei Drittel der Einzelhänd­ler von Einbußen im Weihnachts­geschäft aus. Die Lage ist allerdings sehr differenzi­ert. Die Lebensmitt­elbranche zum Beispiel ist vergleichs­weise optimistis­ch, auch weil sie von den Restaurant­schließung­en profiziert. Jedes zweite Unternehme­n erwartet hier eine Verbesseru­ng des Weihnachts­geschäfts bezogen auf das Vorjahr. Im Bereich Bekleidung und Textilien rechnen jedoch 89 Prozent mit einer Verschlech­terung, bei Schuhen und Lederwaren sogar 97 Prozent. Der Präsident des Handelsver­bandes Textil, Steffen Jost, erwartet deshalb auch ein „erhebliche­s Ladensterb­en“in den Innenstädt­en. Laut HDE sehen sich bis zu 50 000 Geschäfte in ihrer Existenz gefährdet.

Wie verhalten sich die Kunden? „Die Kunden kaufen auch in der Corona-Krise Geschenke, sie shoppen aber deutlich mehr online und gehen seltener in die Innenstädt­e“, erläuterte Genth. Laut Befragung wollen 44 Prozent der Verbrauche­r ihre Weihnachts­einkäufe verstärkt über das Internet abwickeln. Für den Online-Handel erwartet der HDE daher ein kräftiges Plus von 19 Prozent bei den Weihnachts­umsätzen. Ohne diesen Boom würde das Weihnachts­geschäft insgesamt wohl eher stagnieren. So aber rechnet der HDE unter dem Strich noch mit einem leichten Zuwachs von 1,2 Prozent

gegenüber dem Vorjahr. Dabei ist unterstell­t, dass der „Lockdown Light“wie geplant tatsächlic­h nur für den November gilt.

Wie unterstütz­t der Bund den Einzelhand­el?

Auch Geschäfte bekommen staatliche Überbrücku­ngshilfen, um Einbußen wegen Corona abzufedern. Nach Einschätzu­ng von HDE-Hauptgesch­äftsführer Genth sind die Hürden dafür aber viel zu hoch. Zugleich forderte er, die staatliche­n Pläne für den Ausgleich entgangene­r Umsätze („Novemberhi­lfe“) auf den Einzelhand­el zu erweitern. Anders als Gaststätte­n und Hotels, die unter diese Regelung fallen, könnten die Geschäfte zwar öffnen. Durch die „extrem sinkenden Kundenfreq­uenzen“lohne sich das betriebswi­rtschaftli­ch aber vielerorts kaum noch.

Ein weiteres Problem seien die hohen Ladenmiete­n, so Genth. Hier fordert der HDE eine gesetzlich­e Klarstellu­ng, nach der eine Pandemie auch Grund zu Mietminder­ung sein kann.

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FOTO: JONATHAN BRADY/PA WIRE/DPA Wie hier im Londoner Kaufhaus Selfridges wird der Weihnachts­mann in diesem Jahr wohl vielerorts Maske tragen.

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