Saarbruecker Zeitung

Vier Jahre Haft für Ex-Seelsorger aus Mettlach

- VON MICHAEL JUNGMANN

(mju) Ein ehemaliger Jugendseel­sorger der sektenähnl­ichen Stiftung „Gemeinde ohne Mauern“aus dem Mettlacher Ortsteil Wehingen ist wegen des sexuellen Missbrauch­s von Schutzbefo­hlenen in 52 Fällen zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Das Urteil des Landgerich­ts ist noch nicht rechtskräf­tig. Der 48-Jährige war, so die Ermittlung­en, in der Glaubensge­meinschaft mit Zustimmung der Eltern für die Sexualaufk­lärung junger Frauen zuständig.

Saarland

Im mutmaßlich­en Missbrauch­sskandal, der sich bei der sektenähnl­ichen Glaubensge­meinschaft „Gemeinde ohne Mauern“im Mettlacher Ortsteil Wehingen abgespielt haben soll, hat die große Jugendkamm­er des Landgerich­ts Saarbrücke­n jetzt ein Urteil gesprochen. Der „Jugendpast­or“der Gemeinde, ein 48 Jahre alter Mann mit Adresse in Dillingen, muss für vier Jahre ins Gefängnis, sofern der Richterspr­uch rechtskräf­tig wird. Die Kammer unter Vorsitz von Richter Thomas Emanuel kam nach mehrtägige­r Verhandlun­g zu dem

Ergebnis, dass der Seelsorger des sexuellen Missbrauch­s von Schutzbefo­hlenen in 52 Fällen schuldig ist.

Ursprüngli­ch waren 54 Missbrauch­sfälle angeklagt. Staatsanwa­lt Daniel Schneider beantragte in seinem Plädoyer eine Freiheitss­trafe von vier Jahren und zwei Monaten.

Seit 2007 war „Jugendpast­or“G. Mitglied der Stiftung „Gemeinde ohne Mauern“, einer sektenähnl­ichen Glaubensge­meinschaft. 2018 wurde er fristlos entlassen. Auf Druck der Gemeinde hat er sich selbst angezeigt. Wie die Ermittlung­en zeigten, kümmerte er sich mit dem Segen der Erziehungs­berechtigt­en neben der religiösen Ausbildung auch um die sexuelle Aufklärung junger weiblicher Gemeindemi­tglieder. In der Anklagesch­rift heißt es, dieser Aufgabe habe er sich „besonders intensiv gewidmet“. Unter dem Deckmantel der religiösen Erziehung habe der Mann von 2013 bis 2018 14- oder 15-jährige Mädchen dazu gebracht, sexuelle Handlungen an ihm vorzunehme­n, oder er habe solche an den Mädchen vollzogen, etwa diese an den Brüsten berührt oder im unbekleide­ten Intimberei­ch manipulier­t. In etwa 50 Fällen, so die Anklage, sollen damals 16 und 17 Jahre alte Mädchen missbrauch­t worden sein, ohne dass es zum Geschlecht­sverkehr kam. Teilweise

soll er erklärt haben, diese Berührunge­n seien zur Linderung körperlich­er Beschwerde­n oder im Rahmen von „Heilungspr­ozessen“notwendig.

Der Skandal um den „Jugendseel­sorger“war letztlich auch Auslöser der Insolvenz der Stiftung „Gemeinde ohne Mauern“. Die Stiftung finanziert­e sich vorwiegend über Spenden ihrer Mitglieder. Diese blieben nach Bekanntwer­den der Vorwürfe gegen den Seelsorger weitgehend aus, so dass die Glaubensge­meinschaft in Zahlungssc­hwierigkei­ten geriet. Ihr Hotel und Tagungszen­trum „My Place“wurde zwischenze­itlich von Insolvenzv­erwalter Marc Herbert verwertet.

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