Saarbruecker Zeitung

Luftverkeh­rsbranche will weitere Milliarden vom Bund

Der Bundesverk­ehrsminist­er will Flughäfen und -gesellscha­ften unterstütz­en. Die Lufthansa beantragt vorerst keine neuen Hilfen.

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(dpa) Lufthansa-Chef Carsten Spohr benötigt nach eigenen Angaben auf mittlere Sicht keine weiteren Corona-Staatshilf­en. Obwohl der MDax-Konzern an diesem Donnerstag tiefrote Zahlen für das sonst so lukrative Sommerquar­tal vorstellen musste, steht er dank der Staatshilf­e im Vergleich zu anderen Unternehme­n der Branche bestens da.

Vorläufig fliegt der Kranich zwar mit dem Ballast eines weiteren Milliarden­verlusts in den Corona-Winter. Abschreibu­ngen auf nicht mehr benötigte Jets und Kerosin-Kontrakte haben den Verlust für das dritte Quartal auf knapp zwei Milliarden Euro anwachsen lassen. Nach neun Monaten steht nun unter dem Strich bereits ein Minus von 5,6 Milliarden bei einem Umsatz von elf Milliarden Euro. Die mehr als zehn Milliarden Euro Liquidität­sreserve dürften aber ausreichen, um den Konzern zur Not auch durch zwei harte Winter zu bringen.

So viel Zeit haben weder die meisten deutschen Flughäfen noch die bundeseige­ne Deutsche Flugsicher­ung (DFS), um deren Finanzen es an diesem Freitag beim virtuellen „Luftverkeh­rsgipfel“

der Bundesregi­erung in erster Linie gehen soll. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) will die Flughäfen mit einer Milliarden-Spritze beglücken und hofft dafür auf die Zustimmung des Finanzmini­sters.

Die Lage ist den Verbänden zufolge mehr als ernst. „Es darf nicht zu irreparabl­en Strukturbr­üchen kommen“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Branchenve­rbandes BDL, Matthias von Randow. „Wir stehen mit dem zweiten faktischen Lockdown vor dem Abbau von Arbeitsplä­tzen. Von rund 260 000 Arbeitsplä­tzen allein bei den deutschen

Airlines und an den Flughäfen sind akut rund 60 000 bedroht.“

Als „wichtiges Zeichen und ersten Schritt“müsse der Bund den Flughäfen die Kosten erstatten, die im ersten Lockdown für das politisch gewollte Offenhalte­n der Infrastruk­tur entstanden seien, sagte Ralph Beisel vom Flughafenv­erband ADV. Es gehe um Vorhalteko­sten von 740 Millionen Euro – eine Summe, die vor allem kleinen und mittleren Flughäfen zugute kommen soll.

Überkommen­e Strukturen dürften nicht mit Milliarden­hilfen gestützt werden, erklärte dagegen der ökologisch orientiert­e Verkehrscl­ub VCD. „Statt Flughäfen weiter auszubauen und weitere Gelder in bereits vor der Pandemie unrentable Regionalfl­ughäfen zu versenken, braucht es einen sozialvert­räglichen Umbau in Richtung des Umweltverb­undes“, sagte VCD-Präsidenti­n Kerstin Haarmann. Staatshilf­e dürfe es nur für Unternehme­n geben, die Klimaaufla­gen erfüllten und ein zukunftsfä­higes Geschäftsm­odell hätten, erklärten die Grünen-Abgeordnet­en Sven-Christian Kindler und Daniela Wagner. Das sei bei vielen Regionalfl­ughäfen nicht der Fall.

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