„Kombinierbarkeit von Stipendien mit Soforthilfe sicherstellen“
BERLIN (sop) Das Künstlerdasein im Saarland ist ein anderes als in Berlin oder Nordrhein-Westfalen. Das gilt angesichts eines regionalen und kommunalen Flickenteppichs an Förderung, und auch in Corona-Zeiten. „Die Bedingungen sind in den Bundesländern sehr verschieden“, sagt Stephan Behrmann, Co-Geschäftsführer des Bundesverbands Freie Darstellende Künste. Während es etwa in Hamburg oder Berlin gut ausdifferenzierte Förderstrukturen gebe und dort viele Kultur-Hilfsmaßnahmen auch bei den Künstlern ankämen, würde man andernorts hinterher hinken. So habe Bayern ein Künstlergeld bewilligt, es aber unter anderem an eine Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse gebunden. „Das kam auch zu spät, da waren viele schon in der Grundsicherung.“Der Verweis auf die eigens geöffnete Grundsicherung Hartz IV aber sei der Geburtsfehler der schnellen Hilfen gewesen. „Keiner hat daran gedacht, dass der gesetzliche Rahmen des ALG II zur Untätigkeit verdammt und für Leute, die wirtschaftlich aktiv bleiben wollen, nicht geeignet ist.“
Vorbildlich laufe es in Bremen, Hamburg und Berlin – oder in Baden-Württemberg,
wo nach dem Frühjahrs-Lockdown ein fiktiver Unternehmerlohn eingerichtet wurde, den Solo-Selbständige und Kreativ-Unternehmen zusätzlich zu Bundes-Überbrückungshilfen, aber über Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, beantragen können. Die nach Umsatzrückgang gestaffelten Beträge liegen zwischen 590 Euro und 1180 Euro im Monat. Der Bund hatte vor dem Teil-Lockdown einen fiktiven Unternehmerlohn für Solo-Selbständige noch ausgeschlossen, mit direkter Beantragung der Überbrückungshilfe II ist er nun aber da.
Als positives Bundesbeispiel nennt Behrmann das „#TakeCare“-Stipendium aus dem insgesamt eine Milliarde umfassenden Förderprogramm „Neustart Kultur“, das sich an frei produzierende darstellende Künstler richtet und bis zu 5000 Euro umfasst. Diese Hilfe käme an. Allerdings gelten auf Bundesebene sehr kurze Fristen. „Es gibt eine Vielzahl von Akteuren mit geübter Produktionsleitung, die sich in diesen starken Förderstrukturen soweit professionalisiert haben, dass sie super auf Förderausschreibungen reagieren können“, sagt Behrmann. Daneben diejenigen, die Schwierigkeiten hätten, mit den kurzen Fristen mitzuhalten. „Figurenspieler, die sonst die ganze Zeit touren, leben kaum von Förderung und können überfordert sein, wenn sie einen konkurrenzfähigen Antrag stellen sollen“, fügt Behrmann hinzu.
In Bezug auf die ersten Wirtschaftshilfen, Soforthilfen des Bundes und der Länder, bemängelt er, dass diese die besondere Situation von Künstlern nicht berücksichtigt hätten. „Solo-Künstler haben keine laufenden Kosten oder Angestellte, deshalb fallen sie raus.“Weil sich die Förderbedingungen teilweise an Unternehmen mit Betriebskosten orientieren, gebe es sehr viele Mittel, die nicht abgerufen würden. „Man sollte auch die Kombinierbarkeit von Künstlerstipendien mit Soforthilfen sicherstellen“, sagt Behrmann und hofft auf einen besseren Zugang zu Hilfsmaßnahmen für Solo-Künstler. Es gebe viele Gründe, langfristig zu helfen. Finanzielle Sicherheit habe eine andere Nachhaltigkeit, und letztlich käme das Schaffen der Künstler der Entwicklung des ländlichen Raumes und des Tourismus zugute.