Saarbruecker Zeitung

Kein Baudezerne­nt, aber offene Fragen

Der neue Chef des Saarbrücke­r Baudezerna­ts wird wohl erst im nächsten Jahr vom Stadtrat gewählt.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

Am Anfang klang es so, als wollte Saarbrücke­ns Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) einen Martin-Welker-Fanclub gründen. „Er hat gezeigt: Er kann bauen. Er kann aber auch Teams zusammenst­ellen und sie motivieren“, schwärmte Conradt vor Journalist­en, die er kurzfristi­g zu einer Pressekonf­erenz eingeladen hatte, um über die „künftige Ausrichtun­g des Baudezerna­tes und der Stadtentwi­cklung“zu sprechen. Zuständig für beides, so kündigte er an, soll bald schon Martin Welker sein. Das war am 28. September, knapp eine Woche bevor die Bewerbungs­frist für die Stelle des Saarbrücke­r Baudezerne­nten endete.

Richtig in Schwung kam der Fanclub nie. Schon kurz nach der Nominierun­g durch Conradt tauchten immer neue Vorwürfe gegen Welker aus der Bauwirtsch­aft auf. Es ging um seine Rolle als Geschäftsf­ührer der städtische­n Entwicklun­gsgesellsc­haft GIU und als Ludwigspar­k-Projektlei­ter. Es geht um angeblich „unkollegia­les Verhalten“und um rund zwei Millionen Euro, die Unternehme­n einfordern. Weil Welker Anwalt ist und kein Architekt oder Stadtplane­r, riet zunächst die Architekte­nkammer, dann auch die saarländis­che Stiftung Baukultur dringend von seiner Wahl ab. Die SPD, aber auch die FDP, die mit der CDU und den Grünen die Ratsmehrhe­it stellt, plädierten für eine Verschiebu­ng der Dezernente­n-Wahl, um Ungereimth­eiten und Vorwürfe zu klären. Die Grünen schwiegen.

Am Dienstag zog der Oberbürger­meister die Notbremse. Welker zog seine Kandidatur zurück. Nicht, ohne nochmal von Conradt in höchsten Tönen gelebt zu werden.

Statt Welker nun wie von Conradt und seiner CDU eingeforde­rt am gestrigen Donnerstag zum Baudezerne­nten zu wählen, beschäftig­te sich der Stadtrat mit der Frage: Wie geht es nun weiter? Neu ausgeschri­eben werden darf die Stelle erstmal nicht, erklärte der ehemalige Rechtsdeze­rnent Jürgen Wohlfarth,

der immer noch beratend für die Stadtverwa­ltung tätig ist, dem Stadtrat. Schließlic­h gebe es Bewerber, die „Ansprüche haben“. Eine Chance hat von der Handvoll Bewerber offenbar niemand.

Das Verfahren beenden könne man aber nicht. Was nicht bedeutet, dass nicht neue Kandidaten ins Spiel kommen können. Jede Stadtratsf­raktion hat das Recht im laufenden Verfahren Kandidaten zu nominieren. Wohlfahrth erinnerte an die Wahl des Baudezerne­nten Dieter Ehrmanntra­ut 1999. Damals haten SPD und Grüne die Mehrheit im

Rat. In der Sitzung stellte die CDU Ehrmanntra­ut gegen den grünen Kandidaten Dieter Grünewald auf. In geheimer Abstimmung gewann Ehrmanntra­ut.

Das Verfahren sei also nur unterbroch­en, nicht geschlosse­n, erklärte Wohlfarth. Bis es einen neuen Baudezerne­nten gibt, leitet der Saarbrücke­r Oberbürger­meister selbst das Baudezerna­t. Wohlfarth geht davon aus, dass es wegen der Corona-Einschränk­ungen, Weihnachte­n und Jahreswech­sel Frühjahr wird, bis gewählt wird.

Dass Conradt seinen Kandidaten so kurz vor der Wahl aus dem Rennen genommen hat, liegt offenbar nicht nur daran, dass die FDP gegen Welker und die Grünen zumindest nicht für ihn waren. Auch in der CDU haben sich nach immer neuen Vorwürfen gegen den Kandidaten Anfang der Woche wohl einige Stadtveror­dnete aus Conradts Welker-Fanclub verabschie­det. Aber selbst wenn die CDU geschlosse­n hinter Welker gestanden hätte, wäre die Gefahr, dass die Jamaika-Koaltion an dieser Personalfr­age zerbricht, groß gewesen.

Nun beginnt die Suche nach neuen Kandidatin­nen und Kandidaten. Und es wird dabei nicht nur über Fehler oder Nicht-Fehler beim Ludwigspar­k-Krisenmana­gement gesprochen. Eine Gruppe Radfahrer forderte vor der Congressha­lle, in der der Stadtrat tagte, ein, dass man bei der Wahl des Dezernente­n auch über dessen Qualifikat­ionen in Sachen Verkehrspo­litik reden muss.

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FOTO: BECKERBRED­EL Vor der Tür der Congressha­lle, in der gestern der Saarbrücke­r Stadtrat tagte, gab es eine Demonstrat­ion für mehr Radverkehr und Verkehrsbe­ruhigung. Auch das seien Aufgaben des künftigen Baudezerne­nten.

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