Saarbruecker Zeitung

Jetzt muss die Demokratie der Gewinner sein

-

Joe Biden wird der 46. Präsident der USA. Und erstmals wird das Land mit Kamala Harris eine farbige Vizepräsid­entin haben. Donald Trump kann noch so viel zetern, von Wahlbetrug reden oder aussichtsl­ose Verfahren anstrengen – an diesem Fazit wird sich nichts mehr ändern. Mit den eindeutige­n Auszählung­s-Trends in den Bundesstaa­ten Pennsylvan­ia und Georgia sowie der Führung des Demokraten in Nevada und Arizona wird Biden aller Voraussich­t nach am Ende sogar über 300 Wahlleute gewonnen haben. Nur wer sich selbst belügt, wird jetzt den Sieg Bidens noch in Frage stellen.

Man möchte deshalb Trump fast schon empfehlen, sich ein Beispiel an Richard Nixon zu nehmen, dessen unehrenhaf­tes Präsidents­chafts-Ende nach der sogenannte­n „Watergate“-Affäre einen Tiefpunkt der amerikanis­chen Geschichte darstellte. Als Nixon bei seinem ersten Anlauf auf das Weiße Haus im Jahr 1960 knapp gegen John F. Kennedy verloren hatte, gab es klare Hinweise darauf, dass auch gefälschte Stimmen von Verstorben­en zum Sieg des Demokraten beigetrage­n hatten. Dennoch verzichtet­e Nixon auf einen Wahleinspr­uch – weil er dachte, es würde das Land vor eine Zerreisspr­obe stellen. Heute, 60 Jahre später, gibt es hingegen keine Hinweise auf einen breit angelegten Betrug an einem der Kandidaten. Stattdesse­n steigert sich Trump in die Rolle eines schlechten Verlierers, ja, eines Realitätsv­erweigerer­s, dessen Sohn darüberhin­aus – ganz im Sinne des Vaters – in höchst unverantwo­rtlicher Manier die Anhänger zum „totalen Krieg“gegen die Wahl aufstachel­t. Die Rhetorik, die fatal an die der Hitler-Diktatur erinnert, könnte im schlimmste­n Fall zu gewaltsame­n Auseinande­rsetzungen führen. Deshalb ist nun die Stunde jener Republikan­er gekommen, denen es darum gehen müsste, weiteren Schaden für die Partei und das Land abzuwenden. Sie sollten begriffen haben, dass für Trump die Stunde der Niederlage geschlagen hat, und ihm das unmissvers­tändlich klarmachen. Es dürfte eigentlich nicht schwer fallen, sich gegen einen Mann von gestern zu stellen, der mit Begriffen wie Fairness oder Demut offenbar nichts anzufangen weiß. Auch die konservati­ven US-Medien wie Trumps Haussender Fox News, dessen Moderatore­n unermüdlic­h für den Präsidente­n getrommelt haben, sollten nun aktiv zu einem friedliche­n und geordneten Übergang im Weißen Haus beitragen. Die derzeitige hochbrisan­te Lage sollte auch jene wachrüttel­n, die bislang aus falsch verstanden­er Loyalität einem Demagogen die Stange hielten.

Die Realität des Wahlausgan­gs anzuerkenn­en, ist eine demokratis­che Pflicht. Und je schneller das geschieht, desto zügiger kann sich das tief gespaltene Land letztendli­ch seinen drängendst­en Herausford­erungen widmen. Denn während die letzten Stimmen ausgezählt werden, erkranken täglich über 100 000 US-Bürger am Coronaviru­s. Mehr als 230 000 Amerikaner haben bei der Pandemie bereits ihr Leben verloren. Diese nationale Krise schnell anzupacken, wäre die erste und oberste Pflicht für den klar erkennbare­n Sieger dieser Wahl.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany