Schlüsselzeuge belastet Baron im Prozess um Dillinger Hütte
(fu) Immer wieder beugt sich der Zeuge zu seinem Anwalt. Auch bei vermeintlich einfachen Fragen berät sich der Diplom-Ingenieur kurz mit Professor Guido Britz, seinem Rechtsbeistand. Denn im Korruptionsprozess um Bauaufträge der Dillinger Hütte haben die Worte des Mannes enormes Gewicht, er gilt als ein Schlüsselzeuge. Daher war seine Aussage vor der Wirtschaftsstrafkammer des Saarbrücker Landgerichts mit einiger Spannung erwartet worden.
Doch ein Schlagabtausch bleibt an diesem Freitag aus. Auch wenn der Mann den Hauptangeklagten, Baron von S., belastet. Mit ihm soll der frühere Mitarbeiter der Saarbrücker Niederlassung eines Baukonzerns illegale Preisabsprachen getroffen haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn in einem gesonderten Verfahren. Der Baron betrieb eine Baufirma, deren Hauptauftraggeber die Dillinger Hütte war. Auf der Anklagebank sitzen auch zwei frühere Beschäftigte des Stahlwerks, darunter der ehemalige Leiter der Neubauabteilung.
Das Trio soll zwischen 2011 und 2015 sieben Aufträge verschoben haben. Es geht um Millionenbeträge. An die leitenden Angestellten der Neubauabteilung sollen unter anderem Schmiergelder geflossen sein. Oberstaatsanwalt Eckhard Uthe wirft Baron von S. vor, ein „zweigleisiges System“geschaffen zu haben, um an lukrative Bauaufträge zu gelangen. Das System soll nach Ansicht der Ermittler auf einer „vertikalen und einer horizontalen Grundabsprache“beruht haben. In der Horizontalen soll der Baron sich mit dem Zeugen vom Freitag über Angebote verständigt haben. Die Konkurrenten sollen ihre Preise abgestimmt, begehrte Aufträge untereinander aufgeteilt haben.
Gegenüber der Polizei bestritt der nun als Zeuge gehörte Ingenieur zwar eine „direkte Grundabsprache“mit Baron von S. Dass man bei Ausschreibungen einzelne Absprachen traf, räumte er jedoch ein. Angeblich setzte der frühere Projektleiter eine Praxis seiner Vorgänger fort. Auch soll er den Einfluss des Barons auf die Auftragsvergabe der
Hütte gefürchtet haben. „Ich hatte den Eindruck, dass der Baron da großen Einfluss auf die Neubauabteilung hatte und entschieden hat, wer den Auftrag bekommt“, erklärte der Mann am Freitag vor dem Landgericht: „Ich bin davon ausgegangen, dass wir keine Aufträge mehr bekommen, wenn wir uns anders verhalten.“Den Leiter der Neubauabteilung anzusprechen – auf diese Idee sei er nie gekommen, sagte er.
Den ersten Anruf des Barons soll der Baufachmann erhalten haben, als es Ende 2011 um Arbeiten für die Stranggießanlage CC6 ging, laut Hütte ein „Projekt der Superlative“. Dafür hatte der Baukonzern ein erstes Angebot über rund 20 Millionen Euro abgegeben, vom Hauptangeklagten will der Zeuge damals erfahren haben, dass man „gut im Rennen“liege. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft soll diese Information von den Mitangeklagten aus der Neubauabteilung gestammt haben. Ein Schaden sei der Hütte über die Jahre nicht entstanden, so der Zeuge. „Das waren realistische Marktpreise“, betonte er.