Saarbruecker Zeitung

Wenn der Abschied noch schwerer wird

Für viele Menschen ist Trauern in Corona-Zeiten noch einsamer als sonst. Von den Toten Abschied zu nehmen, geht nur mit Einschränk­ungen.

- VON BIRGIT REICHERT

(dpa) Corona macht das Trauern schwer. Ein geliebter Mensch ist gestorben, aber bei der Abschiedsf­eier kann man nicht dabei sein: Wegen der Abstandsre­geln ist die Zahl der Plätze in den Trauerhall­en derzeit stark beschränkt. „Normal gehen in die Halle 130 Leute rein, momentan sind es nur 20 Personen“, sagt Fabian Rupprecht von Reber Bestattung­en in Landau. Daher sei es schon mehrfach vorgekomme­n, dass man Trauerfeie­rn mit Kamera und Mikro aufgezeich­net habe, um daheimgebl­iebenen Angehörige­n im Nachgang ein Video zur Verfügung stellen zu können.

„Wir hatten eine Familie, bei der gehörten zum kleinsten Kreis schon 30 Personen“, erzählt Rupprecht. Sie wollte nicht nur später über die Feier erzählen können, sondern Aufnahmen davon weitergebe­n. Zudem würden Personen, die zu Risikogrup­pen gehörten und lieber zu Hause blieben, so auch einbezogen. Auch das Live-Streaming von Beisetzung­en über das Internet, das bundesweit schon manche Bestatter anbieten, sei möglich – wurde aber bei den Rebers noch nicht angefragt.

„Diese digitalen Möglichkei­ten haben durch Corona in kurzer Zeit eine ganz neue Bedeutung erfahren“, sagt Simon J. Walter von der Stiftung Deutsche Bestattung­skultur. Sie machten Sinn, wenn Trauernde ausgeschlo­ssen seien: Sie könnten sich das Video dann zuhause anschauen und dabei eine Kerze anzünden. Aber: Das Digitale könne immer nur „ein Behelf sein“und eine persönlich­e Abschiedna­hme nicht eins zu eins ersetzen.

Auch andere Einschränk­ungen in der Corona-Pandemie machen Angehörige­n bei Beerdigung­en das Leben noch schwerer. Beileidsbe­kundungen sind derzeit ebenso nicht erlaubt wie der sogenannte Trauerkaff­ee, bei dem man im Anschluss an die Beisetzung zusammensi­tzt. „Dass der Trauerkaff­ee wegfällt, fällt vielen schwer“, sagt der Trierer Bestatter Norbert Schmidt. Es sei wichtig, dass man sich nach der Beerdigung noch austausche­n und über den Verstorben­en reden könne.

Man könne davon ausgehen, „dass viele Menschen anders und schwerer trauern, weil der Abschied von einem geliebten Menschen einfach

Norbert Schmidt nicht so sein konnte, wie er unter normalen Umständen gewesen wäre“, sagt Walter. Manche entschiede­n sich bewusst für eine Feuerbesta­ttung, um Trauerfeie­r und Beisetzung zeitlich herauszöge­rn zu können – in der Hoffnung, dass man dann Beschränku­ngen entgehen könne. Solche Fälle gab es auch bei Reber Bestattung­en. Eine Familie habe sich sieben Monate Zeit gelassen: Die Urne sei im vergangene­n Monat beigesetzt worden.

Im Sommer sind laut Bundesverb­and Deutscher Bestatter viele Trauerfeie­rn direkt ans Grab verlegt worden, um möglichst vielen Trauergäst­en eine Teilnahme zu ermögliche­n. Mit Blick auf den Winter sei dies unter freiem Himmel zunehmend schwerer umsetzbar, sagt Walter. Schmidt aus Trier erzählt, die Trauerfeie­rn am Grab seien ähnlich abgelaufen wie in Innenräume­n, auch mit Trauerkape­lle und anderem. „Es gab sogar einige, die fanden es schöner direkt am Grab.“

Geschäftsf­ührer Valentin Burkl von Niklaus-Burkl Bestattung­en in Mainz-Kostheim berichtet, er mache fast „gar keine Trauerfeie­r mehr“. „Das ist sehr traurig.“Viele sagten, sie wollten es in ganz kleinem Rahmen machen, auch, um sich keinen Ärger einzuhande­ln, wen sie nun einladen oder nicht. Der Pfarrer gehe mit ans Grab, es gebe dann drei Gebete. „Und das war‘s.“Das sei momentan so der Trend. „Die Leute leiden darunter, auf jeden Fall“, sagt Burkl.

Dass vieles derzeit im Kleinen abläuft, sieht man auch an den Todesanzei­gen: „Die Beerdigung muss auf Grund der aktuellen Bestimmung­en leider im Familienkr­eis stattfinde­n“, heißt es da. Manche inserieren auch erst eine Weile nach dem Sterbeamt. „Die Beisetzung fand am Tag XY im engsten Familienkr­eis statt.“

Die Vorsitzend­e des Bestatterv­erbandes Rheinland-Pfalz, Ulrike Grandjean, sagt, die Menschen hätten Verständni­s dafür, dass es wegen der Pandemie Einschränk­ungen gebe. Eine Herausford­erung sei, die aktuell geltenden Regeln immer im Kopf zu haben. „Jede Kommune kocht ihr eigenes Süppchen.“Mit der jüngsten landesweit­en Verordnung neu sei beispielsw­eise, dass bei der Beisetzung auf dem Friedhof eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden müsse, sagt sie in Trier. Ihr Unternehme­n hat auch schon Videos von Trauerfeie­rn gemacht. Zum Landesverb­and gehören rund 200 Bestatter. Die Corona-Pandemie sei für die Angehörige­n „insgesamt eine sehr schwierige Situation“, sagt der Geschäftsf­ührer des Verbandes, Christian Jäger, in Düsseldorf. „Das wird auch mit Sicherheit über den November nicht besser werden.“

„Dass der Trauerkaff­ee wegfällt,

fällt vielen schwer.“

Bestatter

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FOTO: CLAUDIO FURLAN/DPA Beerdigung­en finden in Zeiten der Corona-Pandemie nur noch im kleinen Rahmen statt. Viele Menschen müssen einsam trauern – so wie dieser Mann, der an Allerheili­gen alleine über den Friedhof läuft.

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