Unterhändler einigen sich auf EU-Haushalt
Unterhändler haben sich auf den neuen EU-Haushalt und den Aufbau-Fonds geeinigt. Jetzt müssen aber noch die 27 Mitgliedstaaten zustimmen.
Vertreter des Europaparlaments und der Mitgliedstaaten haben sich auf den EU-Haushalt und den Corona-Aufbaufonds geeinigt. Jetzt müssen noch die Staats- und Regierungschefs zustimmen.
Das Paket ist geschnürt: Fast 1,1 Billionen Euro können die Mitgliedstaaten der EU in den sieben Jahren ab 2021 ausgeben. Hinzu kommen noch einmal 750 Milliarden
Euro, um die Folgen der Coronavirus-Krise abzumildern. Am gestrigen Dienstag verständigten sich die Vertreter des Europäischen Parlamentes und der Mitgliedstaaten auf ein Paket, das vor Premieren nur so wimmelt.
So gelang es den Volksvertretern zum ersten Mal überhaupt, den Entwurf der Staats- und Regierungschefs zu verbessern und weitere 16 Milliarden Euro für die Forschung, das Austauschprogramm Erasmus+ und weitere kleinere Fonds zu erreichen. Das Geld stammt nicht direkt von den Mitgliedstaaten,
sondern wird zum großen Teil (12,5 Milliarden) von den Kartellstrafen, die die EU-Kommission verhängt, abgezweigt.
Ebenfalls zum ersten Mal sollen 30 Prozent aller Ausgaben in den Klimaschutz investiert werden. Gleichzeitig müssen die Subventionen für klimaschädliche Projekte sinken. Und außerdem erhöht die EU zum ersten Mal in diesem Jahrhundert ihre Eigenmittel: Ab 2021 wird eine Plastikabgabe für die Mitgliedstaaten eingeführt, deren Recyclingquoten nicht den Vorgaben entsprechen. 2023 folgt eine CO2-Abgabe für Importe aus Drittstaaten, bei deren Produktion die klimaneutralen Auflagen der EU nicht eingehalten wurden. Im gleichen Jahr startet die Digitalsteuer für Internet-Konzerne. Außerdem wird das Emissionshandelssystem reformiert. 2026 sollen endlich die seit Jahren diskutierte Finanztransaktionssteuer sowie die Reform der Unternehmensbesteuerung in Kraft treten.
„Ein wichtiger Meilenstein zur Bewältigung der Jahrhundert-Krise“, nannte der Chef der CDU-Abgeordneten im EU-Parlament, Daniel Caspary, den Kompromiss. „Damit wird die Zusammenarbeit gestärkt“, lobte der Vorsitzende der SPD-Abgeordneten, Jens Geier. Der Grünen-Europapolitiker Rasmus Andresen meinte: „Klima- und Naturschutz sind klare Gewinner dieser Haushaltseinigung.“
Die gute Stimmung ist verständlich, schließlich gelang es den Volksvertretern zusätzlich, ein neues Instrument zu vereinbaren, mit dem Subventionen einbehalten werden können, falls eine Regierung gegen die Rechtsstaatlichkeit verstößt.
Doch dieser Punkt sorgt noch für Stirnrunzeln in Brüssel. Denn das, was die Unterhändler der Institutionen jetzt miteinander vereinbart haben, braucht noch die Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten. Für eine Billigung ist Einstimmigkeit Voraussetzung. Und die ist in Gefahr.
Vor allem der ungarische Premier Viktor Orbán hat mit Blick auf die neuen Regelungen zur Rechtsstaatlichkeit bereits sein Veto angekündigt. Dass sich weitere Regierungen beispielsweise aus Polen, Tschechien und der Slowakei anschließen könnten, gilt als zumindest wahrscheinlich. Damit wäre das Paket kurz vor der Ziellinie erneut gestoppt. Für die EU dürfte das ein schwerer Rückschlag sein. Denn ohne die Möglichkeit, gegen Verweigerer demokratischer Werte Sanktionen verhängen zu können, wollen die Abgeordneten keinem Finanzpaket zustimmen.
Dass neue Verhandlungen noch vor dem Jahresende zustande kommen und ein anderes Ergebnis bringen, gilt als kaum denkbar. Für die Gemeinschaft hieße das: Die Mitgliedstaaten müssten ohne Aufbaupaket ins neue Jahr starten und könnten bis zu einem Kompromiss auch nur so viel Geld ausgeben, wie im Vorjahr eingeplant war – ohne Corona-Zuschlag.
In Brüssel wartet man deshalb jetzt gespannt darauf, wie sich die 27 Hauptstädte positionieren werden. Ein Sondertreffen der Staatsund Regierungschefs ist bisher allerdings noch nicht geplant. Turnusmäßig kommen die Staatenlenker erst kurz vor Weihnachten wieder zusammen. Eine Billigung des Pakets zu diesem Zeitpunkt wäre für ein Inkrafttreten am 1. Januar 2021 definitiv zu spät.