„Die Lebensgrundlage wird uns entrissen“
Als freischaffende Musikerin und Künstlerin genieße ich das Privileg, den Menschen Kunst und Kultur nahezubringen und dies mit einer gewissen künstlerischen Freiheit. Nun erfahre ich zum zweiten Mal in diesem Jahr die plötzliche Stummschaltung der kulturellen Landschaft in Deutschland und erlebe selbst am eigenem Leib, wie Freiberuflern, Solo-Selbstständigen und Beschäftigten ihre Lebensgrundlage „entrissen“wird. Vor einem Monat habe ich mein Festival „Beethoven + X“, das eigentlich ganzjährig stattfinden sollte, wieder angeschoben und vor einigen Wochen noch beim jungen Festival „Resonanzen“teilgenommen. Wir waren gerne solidarisch, arbeiteten an Hygienekonzepten, übernahmen Verantwortung – für die schönen Momente mit dem Publikum!
Dieser zweite Lockdown zeigt jedoch, dass Kultur doch nicht wichtig zu sein scheint. Mittlerweile fühlen meine Kollegen und ich uns hilflos – wir sind paralysiert. Viele vergessen, dass der Lockdown für uns bereits seit Anfang des Jahres gilt. Konzerte, die verschoben werden, werden zum großen Teil nun auf übernächstes Jahr verlegt. Ich bin der Überzeugung, dass Kunst in unserem Land die „Tochter der Freiheit“ist, wie es Friedrich Schiller einst formulierte. Wir KünstlerInnen tragen die Verantwortung, sie den Menschen nahe zu bringen.
Anny Hwang, Pianistin mit saarländisch-asiatischen Wurzeln und Wohnsitz in Berlin.