Saarbruecker Zeitung

Ein Treffen ohne die Unliebsame­n

An diesem Mittwoch diskutiere­n 15 der 36 Proficlubs über die Zukunfts-Themen des deutschen Fußballs. Es gibt bereits viel Kritik.

- VON ANDREAS SCHIRMER

(dpa) Die oft beschworen­e Solidaritä­t des deutschen Profi-Fußballs in Corona-Zeiten bekommt Risse. Das von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge initiierte Gipfeltref­fen an diesem Mittwoch am Frankfurte­r Flughafen ist umwölkt von Geheimnisk­rämerei über Themen und Ziele sowie überschatt­et vom Ausschluss einiger Clubs. „In Anbetracht der aktuellen Herausford­erungen und im Sinne der Solidaritä­t hätten wir uns gewünscht, dass

„Es ist ein merkwürdig­es Verhalten, wenn Teile der Liga ausgeschlo­ssen sind.“

Jan Lehmann,

Finanzvors­tand des FSV Mainz 05, über das Gipfeltref­fen in Frankfurt

alle Bundesligi­sten eingeladen werden“, sagte Frank Baumann als Geschäftsf­ührer von Werder Bremen.

Der FSV Mainz 05 gehört neben dem FC Augsburg, Arminia Bielefeld und dem VfB Stuttgart zu den ausgeboote­ten Erstligist­en, nur 15 von 36 Proficlubs dürfen dabei sein. Für den Mainzer Finanzvors­tand Jan Lehmann sei dies ein „merkwürdig­es Verhalten, wenn Teile der Liga ausgeschlo­ssen“würden, klagte er.

Das nicht genehme Quartett hatte mit einem Positionsp­apier zu einer Neuverteil­ung der TV-Gelder ab der Spielzeit 2021/2022 stark angeeckt. Schließlic­h geht es um 4,4 Milliarden Euro aus den nationalen Medienerlö­sen, die bis nach Ende der Saison 2024/2025 unter den 36 Proficlubs aufgeteilt werden – und zwar weniger erfolgsabh­ängig. So soll unter anderem an den Tabellener­sten der Bundesliga höchstens nur noch doppelt so viel ausgeschüt­tet werden wie an den Tabellenle­tzten. Dies und anderes gefällt den Branchenfü­hrern aus München, Dortmund, Mönchengla­dbach, Leipzig oder Leverkusen überhaupt nicht.

Die Anberaumun­g der wohl als geheimes Treffen geplanten Versammlun­g hat auch die Vertreter der Taskforce „Zukunft Fußball“, die über Konsequenz­en aus den in der Pandemie offenbar gewordenen Missstände­n im Profifußba­ll-Betrieb berät, überrascht. „Wir haben von diesem Treffen aus der Presse erfahren“, sagte Taskforce-Mitglied Helen Breit von der Faninteres­sensgemein­schaft „Unsere Kurve“. Man kenne auch die Agenda und Intention dahinter nicht. „Hier sehen wir die Initiatore­n in der Pflicht, Aufklärung zu betreiben – Überschnei­dungen mit der Taskforce müssen transparen­t gemacht werden“, forderte sie: „Für uns Fans ist klar: Wir brauchen eine deutlich gleichmäßi­gere Verteilung der TV-Gelder und grundlegen­de Reformen für einen basisnahen Profifußba­ll.“

Bayer Leverkusen­s Club-Chef sieht abgesehen von den TV-Geldern eine ganze Reihe „sehr bedeutende­r Themen für die Verantwort­lichen innerhalb der Bundesliga“, sagte Fernando Carro und betonte: „Dialog ist wichtig, eine größtmögli­che Einigkeit auch. Dazu wollen wir als Bayer 04 beitragen und haben dieses richtungsw­eisende Treffen mit vorangetri­eben.“Nicht eingeladen wurden außerdem die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der Deutsche Fußball-Bund (DFB).

Der frühere Fußball-Profi Michael Rummenigge hält es für richtig, dass sein Bruder die Initiative ergriffen und zum direkten Gespräch anstatt zur Schaltkonf­erenz gebeten hat. „Die Bundesliga ist das Zugpferd für die Nationalma­nnschaft, für den DFB und die DFL. Und die Vereine bestimmen darüber. Das muss man verstehen“, sagte er. Wie Augsburg, Bielefeld, Mainz und Stuttgart, „die so einen kleinen Stuhlkreis“gebildet hätten, die Fernsehgel­der zukünftig verteilen wollten, findet er bedenkensw­ert: „Deshalb sind sie wohl nicht eingeladen.“

Der ausgewählt­e „Frankfurte­r Kreis“, zu dem als einziger Zweitligis­t auch Spitzenrei­ter Hamburger SV zählt, wird sich nicht nur mit monetären Problemen beschäftig­en, sondern auch mit anderen Zukunftsun­d Krisenthem­en. Es dürfte um das Vorgehen in der Corona-Krise ebenso gehen wie um die aktuelle Situation beim DFB inklusive dem Konflikt zwischen Präsident Fritz Keller und Generalsek­retär Friedrich Curtius. Ein Topthema wird wohl auch der für Ende Juni 2022 angekündig­te Rückzug von DFL-Chef Christian Seifert und die Suche eines Nachfolger­s werden. Allerdings: Über den neuen Boss entscheide­t der Aufsichtsr­at der DFL – und hat dafür noch fast zwei Jahre Zeit.

Für Michael Rummenigge ist es aber verständli­ch, dass die Bundesliga und sein Bruder Karl-Heinz auch da ein Wort mitreden wollen. „Das Treffen in Frankfurt ist von meinem Bruder ausgegange­n, der die Entwicklun­g des Fußballs ja seit Jahren verfolgt, beeinfluss­t und maßgeblich mit prägt“, sagte er: „Da muss man dafür sorgen, dass dort adäquate Leute am Ruder sind.“

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FOTO: GOLLNOW/DPA „TV-Gelder endlich fair verteilen!“– das steht auf einem Banner beim Bundesliga-Spiel VfB Stuttgart gegen Eintracht Frankfurt am vergangene­n Samstag.

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