Ein Treffen ohne die Unliebsamen
An diesem Mittwoch diskutieren 15 der 36 Proficlubs über die Zukunfts-Themen des deutschen Fußballs. Es gibt bereits viel Kritik.
(dpa) Die oft beschworene Solidarität des deutschen Profi-Fußballs in Corona-Zeiten bekommt Risse. Das von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge initiierte Gipfeltreffen an diesem Mittwoch am Frankfurter Flughafen ist umwölkt von Geheimniskrämerei über Themen und Ziele sowie überschattet vom Ausschluss einiger Clubs. „In Anbetracht der aktuellen Herausforderungen und im Sinne der Solidarität hätten wir uns gewünscht, dass
„Es ist ein merkwürdiges Verhalten, wenn Teile der Liga ausgeschlossen sind.“
Jan Lehmann,
Finanzvorstand des FSV Mainz 05, über das Gipfeltreffen in Frankfurt
alle Bundesligisten eingeladen werden“, sagte Frank Baumann als Geschäftsführer von Werder Bremen.
Der FSV Mainz 05 gehört neben dem FC Augsburg, Arminia Bielefeld und dem VfB Stuttgart zu den ausgebooteten Erstligisten, nur 15 von 36 Proficlubs dürfen dabei sein. Für den Mainzer Finanzvorstand Jan Lehmann sei dies ein „merkwürdiges Verhalten, wenn Teile der Liga ausgeschlossen“würden, klagte er.
Das nicht genehme Quartett hatte mit einem Positionspapier zu einer Neuverteilung der TV-Gelder ab der Spielzeit 2021/2022 stark angeeckt. Schließlich geht es um 4,4 Milliarden Euro aus den nationalen Medienerlösen, die bis nach Ende der Saison 2024/2025 unter den 36 Proficlubs aufgeteilt werden – und zwar weniger erfolgsabhängig. So soll unter anderem an den Tabellenersten der Bundesliga höchstens nur noch doppelt so viel ausgeschüttet werden wie an den Tabellenletzten. Dies und anderes gefällt den Branchenführern aus München, Dortmund, Mönchengladbach, Leipzig oder Leverkusen überhaupt nicht.
Die Anberaumung der wohl als geheimes Treffen geplanten Versammlung hat auch die Vertreter der Taskforce „Zukunft Fußball“, die über Konsequenzen aus den in der Pandemie offenbar gewordenen Missständen im Profifußball-Betrieb berät, überrascht. „Wir haben von diesem Treffen aus der Presse erfahren“, sagte Taskforce-Mitglied Helen Breit von der Faninteressensgemeinschaft „Unsere Kurve“. Man kenne auch die Agenda und Intention dahinter nicht. „Hier sehen wir die Initiatoren in der Pflicht, Aufklärung zu betreiben – Überschneidungen mit der Taskforce müssen transparent gemacht werden“, forderte sie: „Für uns Fans ist klar: Wir brauchen eine deutlich gleichmäßigere Verteilung der TV-Gelder und grundlegende Reformen für einen basisnahen Profifußball.“
Bayer Leverkusens Club-Chef sieht abgesehen von den TV-Geldern eine ganze Reihe „sehr bedeutender Themen für die Verantwortlichen innerhalb der Bundesliga“, sagte Fernando Carro und betonte: „Dialog ist wichtig, eine größtmögliche Einigkeit auch. Dazu wollen wir als Bayer 04 beitragen und haben dieses richtungsweisende Treffen mit vorangetrieben.“Nicht eingeladen wurden außerdem die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der Deutsche Fußball-Bund (DFB).
Der frühere Fußball-Profi Michael Rummenigge hält es für richtig, dass sein Bruder die Initiative ergriffen und zum direkten Gespräch anstatt zur Schaltkonferenz gebeten hat. „Die Bundesliga ist das Zugpferd für die Nationalmannschaft, für den DFB und die DFL. Und die Vereine bestimmen darüber. Das muss man verstehen“, sagte er. Wie Augsburg, Bielefeld, Mainz und Stuttgart, „die so einen kleinen Stuhlkreis“gebildet hätten, die Fernsehgelder zukünftig verteilen wollten, findet er bedenkenswert: „Deshalb sind sie wohl nicht eingeladen.“
Der ausgewählte „Frankfurter Kreis“, zu dem als einziger Zweitligist auch Spitzenreiter Hamburger SV zählt, wird sich nicht nur mit monetären Problemen beschäftigen, sondern auch mit anderen Zukunftsund Krisenthemen. Es dürfte um das Vorgehen in der Corona-Krise ebenso gehen wie um die aktuelle Situation beim DFB inklusive dem Konflikt zwischen Präsident Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius. Ein Topthema wird wohl auch der für Ende Juni 2022 angekündigte Rückzug von DFL-Chef Christian Seifert und die Suche eines Nachfolgers werden. Allerdings: Über den neuen Boss entscheidet der Aufsichtsrat der DFL – und hat dafür noch fast zwei Jahre Zeit.
Für Michael Rummenigge ist es aber verständlich, dass die Bundesliga und sein Bruder Karl-Heinz auch da ein Wort mitreden wollen. „Das Treffen in Frankfurt ist von meinem Bruder ausgegangen, der die Entwicklung des Fußballs ja seit Jahren verfolgt, beeinflusst und maßgeblich mit prägt“, sagte er: „Da muss man dafür sorgen, dass dort adäquate Leute am Ruder sind.“