Saarbruecker Zeitung

Scholz sieht Licht im November-Grau

Die Corona-Krise verschling­t Milliarden an Steuereinn­ahmen. Trotzdem zeigen sich die Steuerschä­tzer zuversicht­licher als noch im September.

- VON STEFAN VETTER

Die Corona-Pandemie reißt wohl nicht ganz so tiefe Löcher in die öffentlich­en Kassen, wie noch im September angenommen. Nach der am Donnerstag veröffentl­ichten Steuerschä­tzung werden Bund, Länder und Kommunen in diesem Jahr gut zehn Milliarden Euro mehr einnehmen als vor zwei Monaten prognostiz­iert. Wegen der Pandemie hatte Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) für dieses Jahr neben der üblichen Frühjahrs- und Herbstprog­nose eine weitere Schätzung in Auftrag gegeben. Nachfolgen­d die Hintergrün­de:

Wie sieht die aktuelle Prognose aus? Für den Bund ergeben sich im Vergleich zur Interimssc­hätzung im September Mehreinnah­men in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Länder und Kommunen verzeichne­n ein Plus von 5,3 Milliarden beziehungs­weise 1,4 Milliarden Euro. Insgesamt kann die öffentlich­e Hand in diesem Jahr mit Steuereinn­ahmen von 728,3 Milliarden Euro rechnen. Das sind allerdings immer noch 71 Milliarden Euro weniger als 2019. Es ist auch der erste Rückgang seit 2009, als die Finanzkris­e ihren Höhepunkt erreichte.

Was ist nach 2021 zu erwarten? Auch für die Zeit danach fallen die Schätzunge­n zuversicht­licher als noch im September aus. So sollen die gesamten staatliche­n Steuereina­hmen im Jahr 2022 erstmals wieder höher als in Vor-Corona-Zeiten liegen. Für den Bund ist dieses Niveau laut Schätzung aber erst 2023 zu erwarten. Damit zeigt sich: Die Pandemie wird die öffentlich­en Haushalte noch lange belasten.

Welche Annahmen liegen den Zahlen zugrunde?

In der Steuerschä­tzung ist der aktuelle Teil-Lockdown genauso berücksich­tigt wie die jüngste Konjunktur­prognose der Bundesregi­erung. Demnach wird für dieses Jahr ein deutlicher Rückgang des Bruttoinla­ndsprodukt­s um 5,5 Prozent erwartet. Noch im April hatte die

Bundesregi­erung allerdings mit einem Minus von 6,3 Prozent gerechnet. Ihre Korrektur resultiert aus dem überrasche­nd guten Verlauf des dritten Quartals. In den Monaten Juli bis September hatte die deutsche Wirtschaft um 8,2 Prozent zugelegt, nachdem sie in den drei Monaten davor wegen des damaligen Shutdowns noch um fast zehn Prozent eingebroch­en war.

Wie interpreti­ert Scholz die Daten? Die aktuelle Steuerschä­tzung zeige, dass die bisherigen Entscheidu­ngen der Bundesregi­erung richtig gewesen seien und es konjunktur­ell wieder aufwärts gehe, erklärte der Bundesfina­nzminister. „Unsere Hilfspolit­ik wirkt“. In diesem Zusammenha­ng machte Scholz auch deutlich, dass die sogenannte­n Novemberhi­lfen für vom Teil-Lockdown betroffene Unternehme­n „ein paar Milliarden mehr kosten“werden. Bislang sind dafür zehn Milliarden Euro veranschla­gt.

Was wird aus der Schuldenbr­emse? Das ist noch unklar. Für 2020 und 2021 ist sie bereits außer Kraft gesetzt. Allein für das kommende Jahr plant Scholz mit einer Neuverschu­ldung von gut 96 Milliarden Euro. 2022 soll es dann wieder einen weitgehend ausgeglich­enen Haushalt geben. Darauf drängt auch die Union. Weitere Hilfsprogr­amme zur Abfederung der Pandemie könnten dieses Vorhaben aber zunichtema­chen.

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