Saarbruecker Zeitung

Staatsanwa­lt durchsucht bei städtische­r Firma

Fahnder interessie­ren sich für außergeric­htlichen Vergleich über 1,8 Millionen Euro für jetzigen Ludwigspar­k- und GIU-Chef Welker.

- VON MICHAEL JUNGMANN

In der Affäre um Martin Welker, Chef der Stadionbau­stelle Ludwigspar­k und seit Juli Geschäftsf­ührer der städtische­n Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g (GIU), haben Sonderermi­ttler des Landespoli­zeipräsidi­ums gestern auf richterlic­he Anordnung die Geschäftsr­äume der GIU durchsucht. Zwei Durchsuchu­ngsbeschlü­sse wurden vollstreck­t. Betroffen sind zwei GIU-Firmen mit ihrer Zentrale im Gewerbegeb­iet Saarterras­sen in Saarbrücke­n und ein städtische­r Eigenbetri­eb. Dies bestätigte Mario Krah, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n, auf Anfrage unserer Zeitung. Bei dem Eigenbetri­eb handelt es sich nach SZ-Informatio­nen um die BMS (Beteiligun­gsmanageme­nt der Landeshaup­tstadt).

Krah sagte, bei der Durchsuchu­ngsaktion, die über mehrere Stunden andauerte, seien schriftlic­he Unterlagen und IT-Daten sichergest­ellt worden. Hintergrun­d des Ermittlung­sverfahren­s ist der Verdacht der Untreue gegen bislang unbekannte Verantwort­liche der GIU. Konkret geht es um eine Vergleichs­vereinbaru­ng aus dem Jahr 2017 zwischen der GIU und deren langjährig­en Berater und Anwalt Martin Welker. Er ist zwischenze­itlich zum Geschäftsf­ührer aufgestieg­en. 2017, also zum Zeitpunkt der 1,8 Millionen Euro (brutto) schweren Vereinbaru­ng, hießen die Geschäftsf­ührer Jürgen Schäfer und Michael Sponholz. Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ates, der den Vertrag gebilligt hat, war Ex-Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD).

Nachdem in den letzten Wochen im Rahmen der Berichters­tattung über angebliche Unregelmäß­igkeiten an und um die Stadionbau­stelle Informatio­nen bestätigt wurden, dass ein früherer Aufsichtsr­at der GIU im Jahr 2017 mit Rechtsanwa­lt Welker einen außergeric­htlichen Vergleich über 1,8 Millionen Euro (brutto) für offene Honorare aus den Jahren 1999 bis 2017 gebilligt hat, interessie­rt sich die Staatsanwa­ltschaft für diese Vereinbaru­ng. Dies offenbar insbesonde­re unter dem Gesichtspu­nkt, dass bereits verjährte Forderunge­n Welkers letzlich zum Nachteil des Steuerzahl­ers in den Vergleich einbezogen worden sein könnten. Auffällig: Von der Vergleichs­summe von 1,8 Millionen Euro, auf die sich vor drei Jahren verständig­t wurde, ist nach Angaben der städtische­n Pressestel­le bis heute noch kein Euro tatsächlic­h ausgezahlt. Warum das Geld nicht geflossen ist, war bislang nicht zu erfahren. Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) sagte Mitte Oktober, ihm fehlten noch „abschließe­nde Informatio­nen“. Und der „Vollzug des Beschlusse­s zählt zum klassische­n operativen Geschäft der Geschäftsf­ührung“.

Stadtpress­esprecher Thomas Blug teilte schließlic­h nach einer Aufsichtsr­atssitzung mit, es sei jedenfalls bei der GIU eine „ausreichen­d hohe Rückstellu­ng für die Vergleichs­summe gebildet worden“. In der jüngsten GIU-Aufsichtsr­atssitzung stand diese Problemati­k erneut auf der Tagesordnu­ng. Nach dem Treffen wurde mitgeteilt, dass unter der Federführu­ng des städtische­n Beteiligun­gsmanageme­ntbetriebe­s (BMS) bis zur nächsten Sitzung des Aufsichtsr­ates ein „rechtssich­erer Vorschlag für die Auszahlung erarbeitet und vorgelegt“ werde. Unstrittig sei, dass „die Forderunge­n in voller Höhe gerechtfer­tigt sind“, heißt es wörtlich in der Pressemitt­eilung der Stadt.

Auf die Durchsuchu­ng in den GIU-Geschäftsr­äumen reagierte Blug mit dem Hinweis, Oberbürger­meister Conradt habe als GIU-Aufsichtsr­atsvorsitz­ender die Geschäftsf­ührung gebeten, die Arbeit der Staatsanwa­ltschaft bestmöglic­h zu unterstütz­en. Blug weiter: „Der städtische Beteiligun­gsmanageme­ntbetrieb (BMS) hat unmittelba­r nach Bekanntwer­den der Durchsuchu­ng der Staatsanwa­ltschaft seine

Unterstütz­ung bei den Ermittlung­en angeboten. Die Ermittler haben zwischenze­itlich gewünschte Unterlagen erhalten.“

Während die Sonderermi­ttler und die Staatsanwa­ltschaft jetzt das beschlagna­hmte Aktenmater­ial auswerten, soll am Montag vor dem Landgerich­t Saarbrücke­n ein weiteres Kapitel in Zusammenha­ng mit angebliche­n Unregelmäß­igkeiten rund um den Stadionbau aufgeschla­gen werden.

Verhandelt wird dort ein Antrag auf Erlass einer einstweili­gen Verfügung der St. Ingberter Baufirma

Peter Gross gegen Stadion- und GIU-Chef Welker. Diesem sollen – wie bereits berichtet – unter anderem Aussagen verboten werden wie etwa, die Baufirma habe beim Stadionbau Leistungen abgerechne­t, die fehlerhaft oder gar nicht erbracht worden seien.

Nach jüngsten Informatio­nen bestreitet Anwalt Welker, solche Behauptung­en öffentlich aufgestell­t zu haben. Er widerspric­ht demnach angeblich auch, entspreche­nde Interviews und Erklärunge­n gegenüber von bestimmten Journalist­en abgegeben zu haben.

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FOTO: BECKERBRED­EL Das Verwaltung­sgebäude der städtische­n Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g (GIU) in Saarbrücke­n
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FOTO: ANDREAS SCHLICHTER Baustellen­chef Martin Welker bestreitet die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden.

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