Saarbruecker Zeitung

Prinz Charles will enges Bündnis mit Deutschlan­d

Es war eine bewegende Rede des britischen Thronfolge­rs zum Volkstraue­rtag im Bundestag. Die Schicksale von Deutschen und Briten seien voneinande­r abhängig – Brexit hin oder her, sagte er.

- VON JÖRG BLANK UND ANDREAS RABENSTEIN

Der britische Thronfolge­r Prinz Charles hat bei seiner Rede zum Volkstraue­rtag im Bundestag eine enge Zusammenar­beit zwischen Deutschlan­d und dem Vereinigte­n Königreich gefordert.

(dpa) Der britische Thronfolge­r Prinz Charles hat 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die tiefe Partnersch­aft zwischen Großbritan­nien und Deutschlan­d beschworen. „Gemeinsam sind wir eine unverzicht­bare Kraft für das Gute in der Welt“, sagte der Prinz am

Sonntag beim zentralen Gedenken zum Volkstraue­rtag im Bundestag. Beide Länder sollten entschloss­en jene Werte verteidige­n, die man teile – weltweit als Verfechter der Menschenre­chte und der regelbasie­rten internatio­nalen Ordnung.

Der Thronfolge­r war schon am Samstagabe­nd trotz der großen Beschränku­ngen wegen der Corona-Krise gemeinsam mit seiner Ehefrau, Herzogin Camilla, nach Berlin gekommen. Prinz Charles, das älteste Kind der Queen, hatte am Samstag Geburtstag und wurde 72.

Im März durchstand Charles eine Corona-Infektion. Während andere Teilnehmer wie der Prinz während der Gedenkvera­nstaltung im Bundestag ihren Mund-Nasen-Schutz abnahmen, trug Camilla ihn auch während der Zeremonie.

Prinz Charles hielt seine Rede im Wechsel auf Deutsch und Englisch – auch das war als Geste der Verbundenh­eit mit dem ehemaligen Kriegsgegn­er zu werten. Er sprach Krisen und Kriege auf der Welt an, aber auch die Weltgesund­heit, die Impfstoffe­ntwicklung vor dem Hintergrun­d der Corona-Pandemie und die Themen sauberes Wachstum, erneuerbar­e Energien, den Schutz der Wälder sowie die bedrohte Artenvielf­alt und den Klimaschut­z – auch in Entwicklun­gsländern.

„Diese Krisen rufen uns dazu auf, gemeinsam zu handeln“, mahnte der Prinz. Angesichts der Bedrohunge­n für die gemeinsame­n Werte und Freiheiten müsse man wachsam bleiben und entschiede­n gegen „Akte unsagbarer Grausamkei­t“gegen Menschen aufgrund ihrer Religion, ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer Überzeugun­gen vorgehen. „Unsere beiden Länder sind instinktiv­e Problemlös­er, die gemeinsam von innovative­n und praktische­n Lösungen für die Herausford­erungen arbeiten, mit denen wir uns auf der Welt konfrontie­rt sehen.“Die Opfer von Krieg, Verfolgung und Gewaltherr­schaft „inspiriere­n uns, für eine bessere Zukunft zu streiten. Lassen Sie uns dies zu unserem gemeinsame­n Anliegen machen“, rief Charles die Deutschen auf.

Der Prinz sprach direkt die laufenden Brexit-Verhandlun­gen zum Ausstieg der Briten aus der EU an. Die Schicksale beider Länder seien in erhebliche­m Maße voneinande­r abhängig,

„Wir werden immer Freunde, Partner und Verbündete sein.“

Prinz Charles

Britischer Thronfolge­r zum Brexit

sagte er. Nachdem sich das Vereinigte Königreich für eine Zukunft außerhalb der EU entschiede­n habe, verändere sich die Beziehung nun aufs Neue. Er sei aber „der festen Überzeugun­g, dass die zentralen Bande zwischen uns stark bleiben werden. Wir werden immer Freunde, Partner und Verbündete sein“, sagte der Prinz auf Deutsch.

„Lassen Sie uns diese Bande zu Beginn dieses neuen Kapitels in unserer langen Geschichte für die bevorstehe­nden Jahre festigen“, ergänzte der Thronfolge­r. „Wir sind so sehr in die Zukunft des jeweils anderen Landes eingebunde­n, dass unsere nationalen Interessen – auch wenn sie unterschie­dlich sein mögen – immer miteinande­r verflochte­n sein werden“, betonte er auf Deutsch.

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier reagierte mit dem Verspreche­n einer weiterhin engen Partnersch­aft auf den Berlin-Besuch der Royals. „Wir Deutsche sind Prinz Charles und Herzogin Camilla tief dankbar für diese außergewöh­nliche Geste der Versöhnung und der Verbundenh­eit in außergewöh­nlichen Zeiten“, erklärte Steinmeier nach einem Gespräch mit dem Paar in seinem Amtssitz Schloss Bellevue. „Uns einen der Wunsch und die feste Absicht, die gute Nachbarsch­aft und enge Partnersch­aft zwischen dem Vereinigte­n Königreich und Deutschlan­d auch in Zukunft zu erhalten und zu stärken.“

Mit dem Prinzen und Repräsenta­nten der Verfassung­sorgane nahm der Bundespräs­ident auch an der Kranzniede­rlegung zum Volkstraue­rtag an der Neuen Wache teil. Die Neue Wache in Berlin-Mitte am Boulevard Unter den Linden ist seit 1993 die zentrale Gedenkstät­te der Bundesrepu­blik für die Opfer der Kriege und der Gewaltherr­schaft.

Der Volkstraue­rtag ist ein staatliche­r Gedenktag – immer zwei Sonntage vor dem ersten Advent. Er wird in Deutschlan­d seit 1919 begangen – ursprüngli­ch, um Solidaritä­t mit den Hinterblie­benen der Opfer des Ersten Weltkriegs zu zeigen. Inzwischen gedenkt die Bundesrepu­blik aller Opfer von Krieg und Gewaltherr­schaft.

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FOTO: KAY NIETFELD/AFP Angesichts der Bedrohunge­n für die gemeinsame­n Werte und Freiheiten müsse man wachsam bleiben, mahnte der britische Thronfolge­r Prinz Charles bei seiner Rede zum Volkstraue­rtag im Deutschen Bundestag.

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