Warum es ein strenger Corona-Winter werden dürfte
Hoffnungsvoll braucht man auf die Beratungen von Bund und Ländern zum weiteren Umgang mit der Corona-Krise nicht schauen. Es wird keine Lockerungen geben, weil es dafür aus Sicht der Politik keine Spielräume gibt. Das haben sowohl die Kanzlerin als auch viele Ministerpräsidenten am Wochenende klar gemacht. Im Gegenteil: Eventuell müssen sich die Deutschen noch einmal auf Verschärfungen einstellen. Und wenn nicht an diesem Montag entsprechende Beschlüsse fallen, dann vermutlich bei der nächsten Bund-Länder-Runde zum Monatsende.
Der Teil-Lockdown hat zur Halbzeit jedenfalls noch nicht die erhoffte Wirkung erzielt. So sind die Infektionszahlen nach wie vor sehr hoch: knapp 17 000 waren es am Sonntag, 22 500 am Samstag. Auch die Intensivkapazitäten in den Krankenhäusern stoßen inzwischen an ihre Grenzen, Pflegekräfte arbeiten am Limit, wie viele von ihnen in den sozialen Netzwerken berichten. Dass diese Menschen null Verständnis für Demonstranten wie die in Frankfurt oder Leipzig haben, die mit Lust und Laune die Corona-Regeln brechen, die Gefahren der Pandemie herunterspielen oder gar die Existenz des Virus abstreiten, verwundert nicht: Auf Intensivstationen erlebt das Personal jeden Tag, welche gesundheitlichen Schäden Corona anrichten kann, auch bei Menschen, die vorher kerngesund waren. Die Schilderungen von Pflegkräften sind zum Teil dramatisch. Und sie sind nachlesbar. Wenn man denn will und bereit ist, die eigene Blase zu verlassen. Die Corona-Maßnahmen kritisch zu bewerten, ist richtig, Sinn und Zweck zu hinterfragen notwendig. Völlige Ignoranz kann hingegen tödlich sein. In Kliniken weiß man das nur zu gut.
Es dürfte ein strenger Corona-Winter werden. Im Nachbarland Österreich zeigt sich, was in Deutschland dabei womöglich bevorstehen könnte: ein noch konsequenterer Lockdown. Dafür spricht die bisherige Erkenntnis, dass Deutschland den Nachbarländern immer hinterhergehinkt ist, nicht nur beim Anstieg der Infektionszahlen, sondern auch bei den Maßnahmen, die durchgesetzt wurden, um ihn zu stoppen. Außerdem hat die Politik neben der dringend notwendigen Senkung der Infektionszahlen noch ein anderes Ziel: Sie will den Deutschen möglichst ein normales Weihnachtsfest im größeren Familienkreis ermöglichen.
Das klingt für manche vielleicht lapidar, ist es aber nicht: Den Ministerpräsidenten der Bundesländer und der Kanzlerin ist durchaus bewusst, dass die Besuchsverbote an Ostern schon ein immenser Einschnitt gewesen sind. Kommt Ähnliches wieder zum nahenden Weihnachtsfest, wäre dieser Eingriff für viele Bürger noch extremer und könnte erheblichen Unmut schüren, in dessen Folge die Unterstützung für die Pandemie-Bekämpfung rapide einbrechen dürfte. Die frohe Botschaft soll deshalb unbedingt eine andere sein. Womit die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der österreichische Lockdown ebenso zu einem deutschen werden wird. In der Corona-Krise mit ihren Unwägbarkeiten muss es freilich immer auch heißen: Stand jetzt.