Gesundheit – Job-Maschine der Zukunft
Weil das Land altert und der medizinische Fortschritt rast, geht Ärzten die Arbeit nicht aus. Aber auch in Reha und Pflege werden noch lange Beschäftigte gesucht.
Hauptsache gesund! Was Menschen sich gegenseitig für die Zukunft wünschen, wird in einer alternden Gesellschaft immer wichtiger. Und so steigt der Bedarf an Ärzten und medizinischem Fachpersonal in Deutschland in den kommenden 15 Jahren um gut ein Viertel, in anderen Gesundheitsberufen immerhin um 13 Prozent. Das sagt das Bundesinstitut für Berufsbildung voraus. Dabei ist die Gesundheitswirtschaft im Saarland schon jetzt eine gewichtige Hausnummer, trägt mit fast 13 Prozent zur Bruttowertschöpfung im Land bei. In der Branche arbeiten heute 92 000 Frauen und Männer – in Kliniken,
Reha-Einrichtungen, bei Herstellern von Arzneimitteln oder Medizinprodukten, in Apotheken und Arztpraxen.
Der Gesundheitsexperte Armin Lang spricht von einer „im Saarland stark unterschätzten Branche“– auch mit Blick auf die Zukunft. Er erinnert daran, dass etwa am Homburger Uni-Klinikum das Deutsche Da-Vinci-Zentrum beheimatet ist, wo roboterassistierte Operationen in der Urologie seit 2006 zum Standard entwickelt wurden. Er nennt das José-Carreras-Zentrum für Immunund Gentherapie in Homburg, das etwa die genetische Vorbelastung bei Krankheiten wie Leukämie erforscht.
Sein Bild der Zukunft? „Die Grenzen zwischen stationären und ambulanten Behandlungsformen werden verschwinden.“An Gesundheitsoder Versorgungszentren, in denen vielfältige medizinische Leistungen angeboten werden, führe künftig kein Weg vorbei. „Die Bevölkerung wird älter. Häufig leiden die Menschen unter mehreren Krankheiten.“Die Krankenhäuser müssten dann nicht mehr die komplette medizinische Vorsorge anbieten, sondern könnten sich auf bestimmte Fachgebiete konzentrieren.
Diese Entwicklung hin zu integrierten Gesundheitszentren sieht auch Dr. Gunter Hauptmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Saarland. „Der Trend, dass sich Hausärzte und Fachärzte unterschiedlicher Disziplinen mit eigenen Praxen, aber auch andere Firmen rund um die Gesundheit in einem einzigen Gebäudekomplex ansiedeln, wird zunehmen“, ist er überzeugt. Neben den Ärzten könnten das Physiotherapeuten, Optiker, Hörgeräte-Akustiker, Anbieter von Pflegeleistungen oder eine Apotheke sein. In einer solchen „Gesundheits-Mall“seien alle medizinischen Angebote außerhalb des Klinikbereichs konzentriert. Ein ähnliches System könnten die Krankenhäuser mit vorgeschalteten Medizinischen Versorgungszentren einrichten, wo Fachärzte beim Klinikträger angestellt sind. Im Umfeld könnten Selbstständige medizinische Leistungen anbieten.
Auch die medizinische Rehabilitation hat eine Zukunft – nicht zuletzt im Saarland. Davon ist Thomas Schneider überzeugt. „Die Menschen werden immer älter, sind daher vermehrt auf Gesundheitsleistungen außerhalb der Arztpraxen und Krankenhäuser angewiesen“, sagt der Regionaldirektor des Reha-Konzerns Mediclin (Bliestal-Kliniken, Blieskastel und Bosenberg-Kliniken, St. Wendel) und Landesvorsitzender des Verbands der privaten Kliniken und Gesundheitseinrichtungen. Auch verstärke sich der Trend, dass die Menschen länger arbeiteten, da junge Fachkräfte knapp werden. Das funktioniere nur, wenn die Älteren dazu auch gesundheitlich in der Lage sind. „Eine gezielte Reha kann dies sicherstellen.“Die Anschlussheilbehandlung ist da schon „selbstverständlich“und der Anspruch an die Mitarbeiter dabei groß. Während in den Kliniken die Erkrankungen bestimmter Organe geheilt werden, „sehen wir den Patienten ganzheitlich“, sagt Schneider. „Wir versuchen, alle beruflichen oder privaten Belastungsfaktoren zu erkennen und wenn möglich diese Stressursachen zu beseitigen.“Dies ende auch nicht, wenn der Reha-Patient wieder zu Hause ist. Etabliert sei auch die intensivierte Rehabilitationsnachsorge (Irena), die Möglichkeit, ein halbes Jahr lang die Behandlung von zu Hause aus fortzusetzen.
Doch wie sieht es mit der Pflege aus? Mitte des kommenden Jahrzehnts sind 30 Prozent aller Deutschen über 65. Das Frankfurter Zukunftsinstitut schätzt, dass dann drei bis 3,4 Millionen Menschen pflegebedürftig sind. Schon 2030 könnten bis zu 500 000 Pflegekräfte fehlen. Roboter könnten einen Teil der Arbeiten übernehmen. Einer von ihnen heißt Pepper. Er kann Lieder abspielen, Bewegungen imitieren oder mit Menschen einfache Dialoge führen. Die Caritas Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe Rheinland-Pfalz-Saarland hatte Pepper vor zwei Jahren zu Gast. Das war es aber auch. „Eingesetzt hat Pepper bisher noch niemand“, sagt Michael Schröder, Geschäftsführer der Caritas Trier. Holger Wilhelm, Chef der Arbeiterwohlfahrt Saar hält Pepper für „eine gute Lösung, um an Demenz erkrankte Menschen zu beschäftigen“. Aber bislang endet der digitale Fortschritt in vielen Pflegeheimen bei Bewegungsmatten. Sie senden einen Notruf ab, wenn der Erkrankte etwa auf den Flur läuft.
Es gibt aber auch schon elektronische Pflege-Arbeitspferde. Der Klinikroboter Transcar LTC 2 der Schweizer Firma Swisslog kann bis zu 500 Kilogramm schleppen, bringt Essen, Sterilgut oder Wäsche zu den Stationen und legt täglich bis zu 28 Kilometer zurück. Er kann Hindernisse erkennen, kurze Sätze wie „Bitte gehen Sie zur Seite“sprechen und Aufzug fahren. Ins Saarland haben solche Maschinen noch nicht gefunden. „Krankenhausroboter sind bei uns nicht spruchreif, sind auch nicht in unmittelbarer Planung“, heißt es am Klinikum Saarbrücken. In der Caritas-Klinik Rastpfuhl sind „Transporthilfen im Einsatz, auf die Betten gestellt werden können, damit die Mitarbeiter diese leichter schieben können“. Robotermäßig also Fehlanzeige an der Saar. Doch was nicht ist, kann ja noch werden.
Alle erschienenen Teile der Serie gibt es online: www.saarbrueckerzeitung.de/arbeit-mit-zukunft