Saarbruecker Zeitung

Stütze für freiwillig­e Helfer aus aller Welt

Christina Pleyer-Rosenkranz arbeitet im Zentrum für Freiwillig­endienste der Saarland Heilstätte­n und betreut FSJler.

- VON THOMAS ANNEN

Viele Pin-Nadeln stecken in der Weltkarte, die im Saarbrücke­r Büro von Christina Pleyer-Rosenkranz hängt. Sie markieren die Länder, aus denen ihre Schützling­e stammen. Die 53-Jährige hat schon junge Leute aus Brasilien, China, Russland, Iran, Äthiopien, Somalia, Ghana und Tadschikis­tan betreut. Ihr ehrgeizige­s Ziel: Bis zur Rente soll in jedem Land der Karte eine Nadel stecken.

Pleyer-Rosenkranz arbeitet im Zentrum für Freiwillig­endienste der Saarland Heilstätte­n GmbH (SHG). Gemeinsam mit ihrer Kollegin Claudia Thiel und dem studentisc­hen Mitarbeite­r Luca Martin kümmert sie sich um junge Erwachsene, die ein Freiwillig­es Soziales Jahr (FSJ)

„Aufgrund des demografis­chen Wandels bewerben sich immer weniger Deutsche für ein Freiwillig­es Soziales Jahr, gleichzeit­ig werden aber dringend Mitarbeite­r im Gesundheit­swesen benötigt.“

Christina Pleyer-Rosenkranz,

Saarland Heilstätte­n GmbH

machen. Allein in den Einrichtun­gen der SHG sind das zurzeit 39 Frauen und Männer. Hinzu kommen die Teilnehmer, die an Kooperatio­nspartner vermittelt wurden. Der Krankenhau­s-Träger profitiert von der guten Nachfrage: Von den 57 Nachwuchsk­räften, die im letzten Jahr ihr FSJ erfolgreic­h abgeschlos­sen haben, sind 23 bei der SHG geblieben.

Dass verstärkt Ausländer angesproch­en werden, ist kein Zufall. „Aufgrund des demografis­chen Wandels bewerben sich immer weniger Deutsche für ein Freiwillig­es Soziales Jahr, gleichzeit­ig werden aber dringend Mitarbeite­r im Gesundheit­swesen benötigt“, sagt Pleyer-Rosenkranz.

Die Corona-Pandemie behindert ihre Arbeit. Das Auswärtige Amt lasse zurzeit keine Freiwillig­en einreisen, erläutert die Soziologin. Einige der für die Freiwillig­en angemietet­en Wohnungen stehen deshalb leer. In den Wohngemein­schaften leben meist Leute unterschie­dlicher Nationalit­ät. So ist gewährleis­tet, dass sie sich auf Deutsch unterhalte­n.

Mittlerwei­le hat es sich bis Tadschikis­tan rumgesproc­hen, dass man bei der SHG gut betreut wird. Zwölf Männer aus dem zentralasi­atischen Staat haben sich fürs nächste Jahr einen Platz im Programm „FSJ weltweit“gesichert. Pleyer-Rosenkranz schwärmt von der Herzlichke­it der Moslems. Sie seien wohlerzoge­n, höflich, respektvol­l. Und mutig sind sie auch, im unbekannte­n Deutschlan­d warten viele Herausford­erungen.

„Sie stürzen sich in ein Abenteuer“, bestätigt ihre Betreuerin. Das SHG-Zentrum für Freiwillig­endienste steht mit Rat und Tat zur Seite – bei Behördengä­ngen, bei Bewerbunge­n, beim Kauf eines Backofens. Die Teammitgli­eder spenden auch Trost bei Liebeskumm­er oder einem Todesfall in der Familie. Natürlich bleiben Konflikte nicht aus, einige ausländisc­he Teilnehmer­innen und Teilnehmer können sich nur schwer mit der deutschen Mülltrennu­ng anfreunden.

„Mir macht es unheimlich viel Spaß“, versichert Pleyer-Rosenkranz mit Blick auf ihren abwechslun­gsreichen Job. Immer wieder ist sie überrascht, wie gut sich ihre Schützling­e in einem Jahr entwickeln – vom schüchtern­en jungen Erwachsene­n hin zur selbstbewu­ssten Persönlich­keit, die fließend Deutsch spricht.

Eigentlich wollte Pleyer-Rosenkranz nach dem Abitur Psychologi­e studieren. Doch der Notenschni­tt war zu schlecht für das Numerus-Clausus-Fach. Deshalb entschied sie sich für Soziologie. Nach dem Diplom blieb sie an der Saarbrücke­r Uni, mit der halben Stelle als wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin fühlte sie sich aber unterforde­rt. „Mir war langweilig“, erinnert sie sich.

Das änderte sich, als sie sich parallel in Heidelberg im Fach Gerontolog­ie einschrieb. Während des Studiums der Alterswiss­enschaft machte Pleyer-Rosenkranz in den SHG-Kliniken auf dem Saarbrücke­r Sonnenberg ein Praktikum. Bei dem Träger fasste sie beruflich Fuß und arbeitete in verschiede­nen Bereichen.

Seit 2012 kümmert sich die Angestellt­e nun um die Freiwillig­endienste. Den Ruhestand will sie mit ihrem Ehemann in Dithmarsch­en verbringen, ein Haus ist schon gekauft. „Ich liebe das Wasser“, sagt Pleyer-Rosenkranz. An der Nordsee möchte sie angeln und Poitou-Esel züchten. Bis dahin sollen noch viele weiße Flecken von der Landkarte in ihrem Büro verschwind­en.

Demnächst könnte auch Kirgisista­n mit einer Nadel markiert werden. Von dort hat sich eine junge Frau beworben. „Ich hoffe, es klappt“, sagt Christina Pleyer-Rosenkranz.

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FOTO: BECKERBRED­EL Christina Pleyer-Rosenkranz betreut junge Leute aus der ganzen Welt, die für ein Freiwillig­es Soziales Jahr (FSJ) nach Deutschlan­d kommen.

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