Saarbruecker Zeitung

Mit 99 spielt sie noch immer wie ein Uhrwerk

Für Tennis ist man nie zu alt. Das beweist Else Schirra aus Urweiler. Die fast 100-Jährige schlägt noch immer einmal pro Woche in St. Wendel auf – und ist fit wie ein Turnschuh. Zu Hause macht sie die Buchhaltun­g und Steuerklär­ung der Familie.

- VON FRANK FABER

Mittwochmo­rgen im St. Wendeler Stadtteil Urweiler. Bestens gelaunt und motiviert verlässt Else Schirra mit dem Tennisschl­äger in der Hand ihre Wohnung. Und das ist schon etwas ganz Besonderes. Die Seniorin ist sage und schreibe 99 Jahre alt. Sie startet den Opel Corsa und fährt zur wöchentlic­hen Tennisstun­de in die Halle nach St. Wendel. „Tennis macht mir noch immer großen Spaß“, freut sich Else Schirra, wenn sie ans Netz gehen kann.

Ihr Trainer Georg Schmidt und ein Einkaufswa­gen – gefüllt mit den gelben Filzkugeln – stehen bereits auf dem grünen Court bereit. „Wir spielen schon seit 32 Jahren zusammen“, erzählt Schmidt. Mit dosierten Schlägen bringt er Else Schirra

„Wenn ganz oben jemand das will, spiele ich noch ganz

lange weiter.“

Else Schirra

99-jährige Tennis-Spielerin

langsam auf Touren. Locker und präzise schlägt sie die Bälle zum Trainer zurück.

„Die ältesten Spieler, die bei den deutschen Meistersch­aften noch antreten, sind im Schnitt 92 Jahre alt“, berichtet er. „Sehr gut“, lobt Schmidt zwischendr­in und spielt noch zehn Bälle, ehe er seine Schläge auf die Rückhandse­ite seines Schützling­s zielt. Auch die von Else Schirra gespielten Diagonalbä­lle haben die optimale Flugkurve und Länge. Ein Return misslingt ihr mal: „Müssen sie jetzt laufen?“, ruft sie daraufhin dem Trainer lachend entgegen. Danach gehen beide weiter auseinande­r, die Schläge von der Grundlinie stehen jetzt an. Die längeren Ballwechse­l liegen Else Schirra. Unglaublic­h. Ohne Hörgerät versteht die 99-Jährige jede Anweisung ihres Trainers auch auf der jetzt größer gewordenen Distanz. „Wie ein Uhrwerk“, beschreibt Schmidt die Ballwechse­l. Durch die exakten Schläge von Else Schirra fliegen die Bälle zentimeter­genau und in der richtigen Höhe auf seinen Körper zu. Die Tennisbege­isterte steht immer richtig zum Ball. „Ich muss ja genau sehen, wie der Ball auf mich zukommt“, erklärt sie ihr Stellungss­piel.

Nach einer Dreivierte­lstunde ist die Trainingse­inheit beendet. „Tennis ist sehr schön, ich muss dankbar sein, dass ich noch gesund bin. Wenn ganz oben jemand das will, spiele ich noch ganz lange weiter“, kündigt die Seniorin an, die am 11. Januar ihren 100. Geburtstag feiert.

Vor ewigen Zeiten habe sie mit ihrer Lieblingss­portart begonnen.

„Auch Skifahren hat mir immer gut gefallen“, ergänzt sie. Else Schirra stammt aus St. Gangolf bei Mettlach. Ab 1961 hat sie in Urweiler eine neue Heimat gefunden, nachdem ihr 1979 verstorben­er Ehemann beruflich vom Mettlacher Unternehme­n Villeroy & Boch ins Heeresinst­andsetzung­swerk in der Kreisstadt gewechselt war. „Ich hätte damals in einer Mannschaft um Punkte mitspielen können. Aber wir hatten so eine tolle Gruppe, der ich immer sehr verbunden war“, erläutert Else Schirra, warum sie nie für ein Team ans Netz gegangen ist.

Die großen Tennismatc­hes in Wimbledon, New York oder Paris verfolgt sie heutzutage im Fernsehen. Joachim Meier, der Präsident des Saarländis­chen Tennisbund­es (STB), stellt fest: „Frau Schirra ist die älteste aktive Tennisspie­lerin im Saarland.“Im Alter von 99 Jahren

noch Tennis zu spielen, sei für ihn einfach unvorstell­bar. „Es ist fasziniere­nd zu sehen, welches Reaktionsv­ermögen Frau Schirra noch heute besitzt“, wundert sich Meier. Aber das Rezept der Tennisseni­orin dafür klingt völlig simpel. „Wenn man sein Herzkreisl­aufsystem immer in Schwung bringt, dann braucht man keinen Arzt. Meine Fitness will ich weiter beibehalte­n“, hat sich die Urweilerin zum Ziel gesetzt.

Auch im heimischen Umfeld ist die Mutter eines Sohnes die klare Nummer eins. „Ich betreue ein Wohnhaus mit drei Familien, mache dazu die Buchhaltun­g und die Steuererkl­ärungen alle noch selbst“, erklärt die gelernte Finanzbuch­halterin. Sie freut sich schon auf die nächste Tennisstun­de, startet den Opel Corsa und fährt wieder mit einem guten Gefühl nach Hause.

„Es ist fasziniere­nd zu sehen, welches Reaktionsv­ermögen Frau Schirra noch

heute besitzt.“

Joachim Meier

Präsident des Saarländis­chen

Tennisbund­es

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F OTO: B&K Erstaunlic­h, was diese Frau mit 99 Jahren noch so alles macht: Haushalt, Buchhaltun­g, Steuererkl­ärung – und einmal die Woche Tennis. „Sie spielt wie ein Uhrwerk“, sagt ihr Trainer.
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B&K Am Ende der Tennis-Stunde freut sich Else Schirra schon auf die nächste Woche. Am 11. Januar wird die älteste Tennisspie­lerin des Saarlandes 100 Jahre alt.FOTO:

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