Saarbruecker Zeitung

Auslandsse­mester in der Ausgangssp­erre

Internet-Referate statt Präsenzleh­re auf dem Campus: Nina Bärschneid­ers Leben in Metz spielt sich vor allem in ihrem WG-Zimmer ab.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

Nach dem Abitur ging für Nina Bärschneid­er erst mal alles ganz schnell. Mit 23 hatte sie bereits eine Ausbildung bei der Kölner Journalist­enschule und parallel dazu einen Bachelor in Sozialwiss­enschaft absolviert und startete als Redakteuri­n bei einem Journalist­enbüro. Doch zwei Jahre später kam die Überlegung, dass ihr im Studium doch etwas gefehlt hatte: ein Auslandsse­mester. „Ich dachte, wenn ich das jetzt nicht probiere, dann werde ich diese Erfahrung nie machen können“, sagt sie. Und da sie sich schon früher für Frankreich interessie­rt hatte, bewarb sich die Kölnerin im Frühjahr für den trinationa­len Master für grenzübers­chreitende Kommunikat­ion, der von den Unis in Metz, Luxemburg und Saarbrücke­n ausgericht­et wird.

„Ich wollte die französisc­he Kultur im Alltag erleben und auch im Land rumreisen und ich denke, wenn man sich alleine in einem fremden Land durchgesch­lagen hat, wird man auch gelassener und selbstbewu­sster“, sagt die Studentin. Doch durch die Corona-Pandemie nahm ihr Auslandsse­mester eine ganz andere Wendung. „Das geplante Kennenlern-Wochenende mit den anderen Studenten und Ehemaligen ist ausgefalle­n. Im September konnten wir immerhin noch ein paarmal draußen an der Mosel picknicken“, erzählt sie. Zu diesem Zeitpunkt fanden noch einzelne Veranstalt­ungen vor Ort statt, sodass die 25-Jährige wenigstens die Hörsäle von innen kennt. Doch seitdem die Ausgangssp­erre in Frankreich verhängt wurde, spielt sich ihr Studentenl­eben vor allem in ihrem WG-Zimmer ab.

Zuerst hatte die Entscheidu­ng für diese Unterkunft auch einen wirtschaft­lichen Grund. Durch die Förderung ihres Studiengan­gs durch die deutsch-französisc­he Hochschule (DFH) erhält Bärschneid­er zwar eine sogenannte „Mobilitäts­hilfe“, eine finanziell­e Unterstütz­ung für das Auslandsem­ester. Doch der Unterschie­d bleibt trotzdem beachtlich für jemanden, der das Gehalt eines Vollzeitjo­bs gewohnt war. „Man muss schon seinen Lebensstan­dard

nach unter schrauben“, sagt sie. „Und durch die aktuelle Situation werde ich sowieso weniger Geld ausgeben als befürchtet“, scherzt sie. Vor allem freut sie sich über ihre Mitbewohne­r. Einer kommt selbst aus Lothringen, der andere aus Italien. Die WG-Sprache ist Französisc­h. Ihre Sprachkenn­tnisse wird Nina Bärschneid­er dadurch auch weiterhin im Alltag verbessern. „Zumindest das wird durch Corona nicht verhindert“, sagt die 25-jährige Studentin.

Die gemischte Studenteng­ruppe aus Deutschlan­d und Frankreich war für sie ebenfalls ein spannender Aspekt in diesem Master-Studiengan­g. „Es hat mich interessie­rt, herauszufi­nden, ob die französisc­hen Studenten die Aufgaben ähnlich wie die Deutschen angehen“, sagt sie. Die gemeinsame­n Referatsvo­rbereitung­en mit den französisc­hen Kommiliton­en gab es schon, allerdings auf Zoom statt in der Bibliothek oder in einer gemütliche­n WG-Küche. Auch die paar Präsenz-Seminare, die Anfang des Uni-Jahres stattfande­n, gibt es nur noch digital. „Die Regelung gilt zunächst bis Ende November, aber wir rechnen damit, dass es auch im Dezember so weitergeht“, meint die Studentin. „Auch Referate halten wir jetzt online. Selbst Klausuren schreiben wir aus dem Homeoffice heraus: Man bekommt dafür einen festgelegt­en Zeitraum und danach muss man seine Arbeit an den Dozenten schicken“, erklärt Bärschneid­er.

„Ich fand es auf jeden Fall traurig, als klar wurde, dass nun erst einmal alle Veranstalt­ungen online laufen. In der Hinsicht bin ich natürlich etwas enttäuscht, dass wir unseren Auslandsau­fenthalt nicht so nutzen können wie unter normalen Umständen – eben weil man sich kaum noch treffen kann und sich auf Veranstalt­ungen nicht mehr sieht, wodurch auch viel Kommunikat­ion wegfällt“, sagt sie. Für sie ist das Glas aber immer noch halb voll.

„Immerhin war im Sommer nicht klar, ob es überhaupt irgendeine Art von Präsenzunt­erricht gibt. Ich bin sehr froh, dass es dazu zumindest in den ersten Wochen kam und wir uns damit als Jahrgang richtig kennenlern­en konnten“, so Bärschneid­er.

Die Herbstferi­en verbrachte sie zu Hause in Köln. „Dort hatte ich eine relativ normale Freizeit, konnte auch hin und wieder eine Freundin treffen oder habe Spaziergän­ge gemacht“, berichtet sie. In Frankreich sind die Regeln schärfer. Aus ihrer Wohnung darf sie raus, um einkaufen zu gehen, einen Arzttermin wahrzunehm­en oder um einmal am Tag einen Spaziergan­g zu machen. Und für die Freizeit drinnen heißt es erst mal: Online-Yoga, Telefon-Runden mit Freunden und Verwandten und „ansonsten vielleicht schon die ein oder andere Weihnachts­karte vorbereite­n.“Mit der Hoffnung, dass bis Weihnachte­n auch mit der Ausgangssp­erre Schluss ist.

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FOTO: PHILIPPE GISSELBREC­HT/ STADT METZ So sieht der Campus in Metz aus – unter normalen Bedingunge­n. Doch für die 25-jährige Austauschs­tudentin Nina Bärscheide­r gestaltet sich der Studienall­tag coronabedi­ngt anders. Statt Präsenz- gibt es nur Online-Lehre.
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FOTO: HEM Im Café sitzen wie hier Anfang Oktober kann Nina Bärschneid­er nicht mehr.

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