Wie sich Brüssel gegen den Verbrenner stellt
Es steht der Verdacht im Raum, dass die EU-Kommission Einfluss auf Experten nahm, damit das strengste Euro-7-Szenario Wirklichkeit wird.
Die künftige Euro-7-Abgasnorm soll dafür sorgen, dass Autos möglichst ohne Schadstoffausstoß fahren. Die EU-Kommission steht nun unter Verdacht, für dieses Ziel Experten beeinflusst zu haben.
Nach der Enthüllung der Pläne für die nächste Stufe der Schadstoffregulierung (Euro 7) hat Hildegard Müller, Chefin des Branchenverbandes VDA, deutlich gemacht, wie ernst sie die Planungen nimmt: „Wenn sich diese Überlegungen durchsetzen, wird dem Bürger das Fahren mit einem neuen Verbrenner unmöglich gemacht“. Die Einführung der Euro7-Norm komme einem Verbot des Verbrennungsmotors ab 2025 gleich. „Die EU-Kommission will vorschreiben, dass künftig ein neu zugelassenes Fahrzeug in jeder Fahrsituation quasi frei von Schadstoffemissionen bleiben muss – sei es mit Anhänger am Berg oder im langsamen Stadtverkehr. Das ist bei einem Verbrenner technisch unmöglich, und das wissen auch alle.“
Eine Runde von Wissenschaftlern hatte bei einer internen Sitzung der Kommission Ende Oktober ein Szenario für Euro 7 vorgestellt, bei dem die Grenzwerte etwa für Stickoxide und andere Luftschadstoffe mit einem Faktor bis zu zehn verschärft werden sollen. Für den Ausstoß von Stickoxiden sind Werte von zehn bis 30 Milligramm pro gefahrenem Kilometer im Gespräch. Diese Werte entsprechen der Ungenauigkeit der Messgeräte. Hersteller müssten also Neufahrzeuge bauen, die keinerlei Stickoxide mehr ausstoßen.
Recherchen unserer Zeitung ergaben jetzt, dass die Kommission direkt Einfluss auf die Wissenschaftler und die Präsentation ihrer Ergebnisse genommen hat. Ursprünglich hatten die Wissenschaftler
drei Szenarien vorbereitet. Zwei Arbeitstage vor dem Treffen hat die Kommission nach unseren Informationen eingegriffen und dafür gesorgt, dass nur ein einziges – das rigideste – Szenario vorgestellt wurde.
Damit wird deutlich, dass die Kommission selbst auf das strengste Szenario setzt, das den Verbrenner zu einem Null-Emissionsauto machen will. Das Szenario skizziert den Kurs, den die Kommission im Zuge des Umbaus der gesamten Volkswirtschaft auf Nachhaltigkeit (Green Deal) für die Autoindustrie anpeilt.
Die Wissenschaftler versuchen noch, ein gemäßigtes realistisches Szenario in die Debatte einzubringen. Es soll im Rahmen der Folgenabschätzung, die die Kommission bei jedem Gesetzgebungsvorschlag vornimmt, veröffentlicht werden.
Wie zu hören ist, sei die Ansage„von sehr weit oben“gekommen, nur das strengste Szenario zu präsentieren. In der Kommission ist Frans Timmermans, erster Stellvertreter von Ursula von der Leyen (CDU), für die Umsetzung des Green Deal zuständig. Der Niederländer will die „Nullverschmutzungsstrategie“, die im Green Deal festgelegt ist, möglichst schnell auf die Autoindustrie ausrollen. Bislang ging es bei den Abgasnormen darum, die Luft in den Ballungsgebieten nach wissenschaftlichen Kriterien zu verbessern. Diesen Ansatz hat die Kommission offenbar aufgegeben. Jetzt geht es darum, über eine möglichst scharf formulierte Abgasnorm dem Verbrenner den Garaus zu machen und die E-Mobilität durchzudrücken.
Den offiziellen Vorschlag für Euro 7 wird die Kommission 2021 vorlegen. Am Ende kommt es auf die Umweltminister der 27 EU-Mitgliedstaaten und auf das Europa-Parlament an, die erst ihre Position zum Vorschlag bestimmen und dann in gemeinsamen Verhandlungen daraus die EU-Gesetzgebung machen.
Im Europa-Parlament, das mehrheitlich zustimmen muss, formiert sich Widerstand. CDU-Wirtschaftsexperte Markus Pieper sagt: „Dieser Vorschlag könnte aus der Feder der Deutschen Umwelthilfe stammen. Das hat mit seriöser wissenschaftlicher Bewertung nichts zu tun.“Offenbar gehe es nicht mehr um Klimaschutz, sondern um die Zerstörung der deutschen Autoindustrie und der Motorenhersteller aus rein ideologischen Gründen.
„Wenn sich diese
Überlegungen durchsetzen, wird dem Bürger das Fahren mit
einem neuen Verbrenner unmöglich
gemacht.“
Hildegard Müller
VDA-Chefin