Konzern aus China investiert zwei Milliarden Euro im Saarland
Der Automobilzulieferer SVolt macht das Saarland zu seiner Europazentrale. Es ist die größte Ansiedlung seit über 30 Jahren.
(ts) Der chinesische Automobilzulieferer SVolt will im Saarland eine Fertigung für Batteriezellen aufbauen. Dafür nimmt er zwei Milliarden Euro in die Hand. Werke entstehen in Überherrn-Linslerfeld und in Heusweiler-Eiweiler. Auch die Europazentrale des Konzerns soll im Saarland aufgebaut werden. Es handelt sich dabei um die größte Industrie-Ansiedlung an der Saar seit mehr als 30 Jahren. Bis 2023 soll die Zellfabrik in Überherrn-Linslerfeld fertiggestellt sein. Ihre Leistung soll stufenweise hochgefahren werden. In der Endstufe
will SVolt hier jährlich Batterien für 300 000 bis 500 000 Elektroautos bauen. Vom Saarland aus sollen Autohersteller in Deutschland und ganz Europa bedient werden. In Heusweiler errichtet das Unternehmen auf 50 000 Quadratmetern eine Modul- und Pack-Fabrik.
Das Saarland habe unter über 30 europäischen Standorten überzeugt, sagte am Dienstag SVolt-Europa-Präsident Kai-Uwe Wollenhaupt. Die Standortsuche dauerte fast ein Jahr. Entscheidend seien die schnelle Reaktion der Landesregierung auf die Ansiedlungspläne und die Zusage einer zügigen Umsetzung des Projekts gewesen. SVolt will im Saarland auch neue Technologien entwickeln und setzt auf die Forschungskompetenz sowie Fachkräfte in der Region. Man werde auch gerne Ford in Saarlouis mit Elektrobatterien versorgen, sollte sich die Ford-Zentrale dazu entschließen, Elektroautos in Saarlouis zu produzieren, sagte Wollenhaupt.
Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sieht in der Entscheidung von SVolt einen „einzigartigen Ansiedlungserfolg“. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD), die auch früh Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eingebunden hat, betont: „Das Auto der Zukunft wird an der Saar gebaut.“Politik und Saar-Wirtschaft reagieren erfreut.
Es hat etwas von einer geheimen Kommando-Sache. Alle Beteiligten hielten zehn Monate dicht. Ein kleines Wunder. Und so sieht man in der Staatskanzlei am Dienstagmittag nur strahlende Gesichter, als Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) die Nachricht endlich bekanntgeben dürfen, die das Saarland stark verändern könnte.
Sie kommt aus China – und könnte die Region als Automobilstandort in eine neue Liga katapultieren. So jedenfalls sehen es die Investoren des Automobilzulieferers SVolt selbst. Das Unternehmen wird sich an zwei Standorten, im Linslerfeld in Überherrn und in Heusweiler-Eiweiler, ansiedeln. Das Saarland wird zur Europazentrale – für gigantische Pläne. Jährlich sollen von hier aus Batterien für 300 000 bis 500 000 Elektroautos produziert werden. Zwei Milliarden Euro nehmen die Chinesen dafür in die Hand, 2000 Arbeitsplätze sollen entstehen. In Überherrn wird eine Zellfabrik für Batterien errichtet, in Heusweiler eine Modul- und Pack-Fabrik. Spätestens 2023 soll es richtig losgehen. Der Knaller: Das Saarland hat es geschafft, am Ende unter über 30 Standorten in Europa das „große Los zu ziehen“.
SVolt will vom Saarland aus möglichst alle relevanten Autohersteller national wie international mit seiner technisch wohl bahnbrechenden Entwicklung als Kunden gewinnen: der Produktion kobaltfreier Batterien und Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge sowie von Energiespeicher-Systemen. SVolt hat sich nach den Worten von Kai-Uwe Wollenhaupt, dem Europa-Präsidenten, ganz bewusst für das Saarland entschieden. Die Landesregierung habe mit ihrem Auftritt überzeugt.
Als das Unternehmen im Oktober 2019 begann, europäische Standorte zu prüfen, da hatte es – so ist gestern zu erfahren – das Saarland noch gar nicht auf dem Radar. In der Pressekonferenz stellt Regierungschef Hans seinen Staatskanzlei-Chef Henrik Eitel heraus, der von der Suche der Chinesen erfahren habe. Jedenfalls, so ist zu hören, nahm Anfang Februar Wirtschaftsstaatssekretär Jürgen Barke
(SPD) erste Kontakte mit SVolt auf. Ein Meeting mit Unternehmensvertretern folgte. Kurz darauf schaltete Wirtschaftsministerin Rehlinger ihren Amtskollegen im Bund, Peter Altmaier (CDU), ein; Berlin half.
Kai-Uwe Wollenhaupt legt in der Pressekonferenz zugleich einen Köder aus, der in den kommenden Monaten noch für gewaltigen Gesprächsstoff sorgen wird. Er bietet an, selbstverständlich auch Ford als Kunden zu beliefern, sollte man sich dort grundsätzlich dazu entscheiden können, künftig elektrobetriebene Fahrzeuge in Saarlouis vom Band laufen zu lassen. Neuer Auftrieb für den Existenzkampf von Ford-Saarlouis?
SVolt will auch künftige Produktionstechnologien vom Saarland aus anstoßen, setzt auf die Forschungs-Infrastruktur und die Fachkräfte in der Region. Der Präsident des Unternehmens, Hongxin Yang, kündigt in einer Video-Botschaft an, 2021 werde man die Serien-Produktion kobaltfreier Batterien weltweit vorantreiben. Hochwertige Lithium-Ionen-Batterien biete man bereits führenden Autoherstellern an. „Wir haben außerdem schon Aufträge von europäischen Kunden erhalten, sodass wir ein Werk in Deutschland errichten möchten.“Die deutsche Autoindustrie und der Markt für alternative Energien der europäischen Automobilindustrie boomten. Das seien genau die richtigen Adressaten für SVolt. Der Präsident betont: „Wir haben das Saarland als ersten europäischen Produktionsstandort für High-End-Produkte und Batterien ausgewählt, weil wir nach langen Gesprächen mit der Landesregierung glauben, dass das Saarland im Zentrum Europas und als Herz der europäischen Automobilindustrie die Wiege für Innovation und Technik ist.“Das neue Werk werde Maßstäbe setzen.
Ministerpräsident Hans spricht von einem „einzigartigen Ansiedlungserfolg“, einer „Ankerinvestition in die Zukunft der saarländischen Automobilwirtschaft“und einem „sehr guten Signal an die Menschen in diesem Land, denn 2000 von ihnen finden neue Arbeitsplätze“.
Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger sieht in der Neuansiedlung den Beweis, dass „das Saarland ein stolzes Industrieland mit Zukunft ist“. Ihre Botschaft: „Das Auto von morgen wird im Saarland gebaut.“Die Hochstimmung veranlasst den Ministerpräsidenten sogar zu einem Seitenhieb auf Elon Musk und seine neue Produktionsstätte in Brandenburg. Ja, den Musk hätte man auch gerne im Saarland gesehen, lässt Hans wissen. So wie es aussieht, braucht man den aber wohl nicht mehr.