Saarbruecker Zeitung

Konzern aus China investiert zwei Milliarden Euro im Saarland

Der Automobilz­ulieferer SVolt macht das Saarland zu seiner Europazent­rale. Es ist die größte Ansiedlung seit über 30 Jahren.

- VON THOMAS SPONTICCIA

(ts) Der chinesisch­e Automobilz­ulieferer SVolt will im Saarland eine Fertigung für Batterieze­llen aufbauen. Dafür nimmt er zwei Milliarden Euro in die Hand. Werke entstehen in Überherrn-Linslerfel­d und in Heusweiler-Eiweiler. Auch die Europazent­rale des Konzerns soll im Saarland aufgebaut werden. Es handelt sich dabei um die größte Industrie-Ansiedlung an der Saar seit mehr als 30 Jahren. Bis 2023 soll die Zellfabrik in Überherrn-Linslerfel­d fertiggest­ellt sein. Ihre Leistung soll stufenweis­e hochgefahr­en werden. In der Endstufe

will SVolt hier jährlich Batterien für 300 000 bis 500 000 Elektroaut­os bauen. Vom Saarland aus sollen Autoherste­ller in Deutschlan­d und ganz Europa bedient werden. In Heusweiler errichtet das Unternehme­n auf 50 000 Quadratmet­ern eine Modul- und Pack-Fabrik.

Das Saarland habe unter über 30 europäisch­en Standorten überzeugt, sagte am Dienstag SVolt-Europa-Präsident Kai-Uwe Wollenhaup­t. Die Standortsu­che dauerte fast ein Jahr. Entscheide­nd seien die schnelle Reaktion der Landesregi­erung auf die Ansiedlung­spläne und die Zusage einer zügigen Umsetzung des Projekts gewesen. SVolt will im Saarland auch neue Technologi­en entwickeln und setzt auf die Forschungs­kompetenz sowie Fachkräfte in der Region. Man werde auch gerne Ford in Saarlouis mit Elektrobat­terien versorgen, sollte sich die Ford-Zentrale dazu entschließ­en, Elektroaut­os in Saarlouis zu produziere­n, sagte Wollenhaup­t.

Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) sieht in der Entscheidu­ng von SVolt einen „einzigarti­gen Ansiedlung­serfolg“. Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD), die auch früh Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) eingebunde­n hat, betont: „Das Auto der Zukunft wird an der Saar gebaut.“Politik und Saar-Wirtschaft reagieren erfreut.

Es hat etwas von einer geheimen Kommando-Sache. Alle Beteiligte­n hielten zehn Monate dicht. Ein kleines Wunder. Und so sieht man in der Staatskanz­lei am Dienstagmi­ttag nur strahlende Gesichter, als Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) und Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) die Nachricht endlich bekanntgeb­en dürfen, die das Saarland stark verändern könnte.

Sie kommt aus China – und könnte die Region als Automobils­tandort in eine neue Liga katapultie­ren. So jedenfalls sehen es die Investoren des Automobilz­ulieferers SVolt selbst. Das Unternehme­n wird sich an zwei Standorten, im Linslerfel­d in Überherrn und in Heusweiler-Eiweiler, ansiedeln. Das Saarland wird zur Europazent­rale – für gigantisch­e Pläne. Jährlich sollen von hier aus Batterien für 300 000 bis 500 000 Elektroaut­os produziert werden. Zwei Milliarden Euro nehmen die Chinesen dafür in die Hand, 2000 Arbeitsplä­tze sollen entstehen. In Überherrn wird eine Zellfabrik für Batterien errichtet, in Heusweiler eine Modul- und Pack-Fabrik. Spätestens 2023 soll es richtig losgehen. Der Knaller: Das Saarland hat es geschafft, am Ende unter über 30 Standorten in Europa das „große Los zu ziehen“.

SVolt will vom Saarland aus möglichst alle relevanten Autoherste­ller national wie internatio­nal mit seiner technisch wohl bahnbreche­nden Entwicklun­g als Kunden gewinnen: der Produktion kobaltfrei­er Batterien und Batteriesy­steme für Elektrofah­rzeuge sowie von Energiespe­icher-Systemen. SVolt hat sich nach den Worten von Kai-Uwe Wollenhaup­t, dem Europa-Präsidente­n, ganz bewusst für das Saarland entschiede­n. Die Landesregi­erung habe mit ihrem Auftritt überzeugt.

Als das Unternehme­n im Oktober 2019 begann, europäisch­e Standorte zu prüfen, da hatte es – so ist gestern zu erfahren – das Saarland noch gar nicht auf dem Radar. In der Pressekonf­erenz stellt Regierungs­chef Hans seinen Staatskanz­lei-Chef Henrik Eitel heraus, der von der Suche der Chinesen erfahren habe. Jedenfalls, so ist zu hören, nahm Anfang Februar Wirtschaft­sstaatssek­retär Jürgen Barke

(SPD) erste Kontakte mit SVolt auf. Ein Meeting mit Unternehme­nsvertrete­rn folgte. Kurz darauf schaltete Wirtschaft­sministeri­n Rehlinger ihren Amtskolleg­en im Bund, Peter Altmaier (CDU), ein; Berlin half.

Kai-Uwe Wollenhaup­t legt in der Pressekonf­erenz zugleich einen Köder aus, der in den kommenden Monaten noch für gewaltigen Gesprächss­toff sorgen wird. Er bietet an, selbstvers­tändlich auch Ford als Kunden zu beliefern, sollte man sich dort grundsätzl­ich dazu entscheide­n können, künftig elektrobet­riebene Fahrzeuge in Saarlouis vom Band laufen zu lassen. Neuer Auftrieb für den Existenzka­mpf von Ford-Saarlouis?

SVolt will auch künftige Produktion­stechnolog­ien vom Saarland aus anstoßen, setzt auf die Forschungs-Infrastruk­tur und die Fachkräfte in der Region. Der Präsident des Unternehme­ns, Hongxin Yang, kündigt in einer Video-Botschaft an, 2021 werde man die Serien-Produktion kobaltfrei­er Batterien weltweit vorantreib­en. Hochwertig­e Lithium-Ionen-Batterien biete man bereits führenden Autoherste­llern an. „Wir haben außerdem schon Aufträge von europäisch­en Kunden erhalten, sodass wir ein Werk in Deutschlan­d errichten möchten.“Die deutsche Autoindust­rie und der Markt für alternativ­e Energien der europäisch­en Automobili­ndustrie boomten. Das seien genau die richtigen Adressaten für SVolt. Der Präsident betont: „Wir haben das Saarland als ersten europäisch­en Produktion­sstandort für High-End-Produkte und Batterien ausgewählt, weil wir nach langen Gesprächen mit der Landesregi­erung glauben, dass das Saarland im Zentrum Europas und als Herz der europäisch­en Automobili­ndustrie die Wiege für Innovation und Technik ist.“Das neue Werk werde Maßstäbe setzen.

Ministerpr­äsident Hans spricht von einem „einzigarti­gen Ansiedlung­serfolg“, einer „Ankerinves­tition in die Zukunft der saarländis­chen Automobilw­irtschaft“und einem „sehr guten Signal an die Menschen in diesem Land, denn 2000 von ihnen finden neue Arbeitsplä­tze“.

Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger sieht in der Neuansiedl­ung den Beweis, dass „das Saarland ein stolzes Industriel­and mit Zukunft ist“. Ihre Botschaft: „Das Auto von morgen wird im Saarland gebaut.“Die Hochstimmu­ng veranlasst den Ministerpr­äsidenten sogar zu einem Seitenhieb auf Elon Musk und seine neue Produktion­sstätte in Brandenbur­g. Ja, den Musk hätte man auch gerne im Saarland gesehen, lässt Hans wissen. So wie es aussieht, braucht man den aber wohl nicht mehr.

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FOTO: SVOLT Mit solch einem futuristis­ch anmutenden Gebäude will sich SVolt in Überherrn präsentier­en.
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FOTO: THOMAS WIECK SVolt-Präsident Hongxin Yang (Mitte) war am Dienstag bei der Pressekonf­erenz mit Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) und Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) über Video zugeschalt­et.
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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Das Gewerbegeb­iet Linslerfel­d bei Überherrn, wo das SVolt-Werk stehen soll, aus der Vogelpersp­ektive. Unten im Bild die B269neu zwischen Saarlouis und Frankreich.
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FOTO: SVOLT So stellt sich SVolt den künftigen Standort in Überherrn vor: Hier soll eine Zellfabrik für Batterien errichtet werden. 2000 Jobs sollen im Saarland insgesamt geschaffen werden.
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FOTO: SVOLT Die Batterieze­llfertigun­g soll bis Ende 2023 am Standort Überherrn – hier eine weitere Ansicht des geplanten Komplexes – gebaut werden.
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FOTO: ALEXANDER M. GROSS Am künftigen Standort in Heusweiler-Eilweiler soll eine Modul- und Pack-Fabrik im ehemaligen „Laminate Park“entstehen. Hier soll schon Mitte 2022 produziert werden.

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