Ist Meyers Wahl zur Medienanstalts-Chefin verfassungswidrig?
Ein Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die Berufung der CDU-Politikerin zur Direktorin der LMS gegen das Grundgesetz verstößt.
Diese Wahl hat für Zündstoff gesorgt. Es ging um den Chefposten bei der Landesmedienanstalt (LMS) im Saarland. Im Januar hatte der Saar-Landtag die damalige CDU-Abgeordnete Ruth Meyer zur neuen Chefin der LMS gewählt. Mit 40 von 51 Stimmen – die große Koalition aus CDU und SPD stellt 41 Sitze im Landtag – folgte Meyer Uwe Conradt (CDU) ins Amt. Gewählt für sieben Jahre, statt wie vorgesehen bis zum Ende der Amtszeit ihres Vorgängers.
Das Problem: Die CDU hatte Meyer bereits im Oktober 2019 nominiert, noch bevor die Stelle überhaupt ausgeschrieben wurde. Schon damals hatte der Medienrechtler
Professor Helge Rosse-Stadtfeld darin einen Rechtsverstoß gesehen. Jetzt kommt ein Gutachten im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion zu dem Ergebnis, dass die Wahl gegen das Grundgesetz verstoße.
Medienrechtler Dieter Dörr, Professor an der Universität Mainz, fasst in seinem Gutachten zusammen: „Die Wahl der Direktorin oder des Direktors der Landesmedienanstalt
Saarland durch den Landtag, also durch ausschließlich staatliche Vertreter, verstößt eklatant gegen das Gebot der Staatsferne und damit gegen die Rundfunkfreiheit.“Die Wahl des LMS-Chefs müsse sich an den Vorgaben der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes orientieren. Weil Parlamentarier „unbestritten dem Staat zuzurechnen sind“, sei die Wahl verfassungswidrig. Dörr schlägt dem Bundestag einen Antrag auf Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht vor, um gegen dieses Wahlprozedere im Saarland vorzugehen. Dafür müsste ein Viertel der Bundestagsabgeordneten zustimmen.
„Die Wahl von Ruth Meyer zur LMS-Direktorin war klar verfassungswidrig“, sagt Markus Tressel, Bundestagsabgeordneter und Chef der Saar-Grünen. Er fordert die CDU und SPD nun auf, „die Direktorin oder den Direktor künftig vom Medienrat wählen zu lassen, wie dies auch in Rheinland-Pfalz üblich ist“. Die Linksfraktion im Saar-Landtag fordert, die Regeln zur Wahl zu überprüfen. Die Fraktion hatte im Januar noch versucht, die Wahl zu verhindern. Der Direktorenposten solle nicht nach „Parteibuch“vergeben werden. „Im Mediengesetz sollte festgelegt werden, dass Politiker nicht sofort an die Spitze der Landesmedienanstalt wechseln dürfen, sondern dass eine Karenzzeit von 18 Monaten eingeführt wird. Die Wahl sollte durch den Landtag auf Vorschlag
des Landesmedienrates erfolgen“, sagt die medienpolitische Sprecherin der Linke, Barbara Spaniol jetzt.
Jörg Ukrow, Vize-Direktor der LMS, hatte für den Chefposten ebenfalls seinen Hut in den Ring geworfen. Die Wahl Ruth Meyers wollte er so nicht hinnehmen. Er machte beamten-, medien-, verfassungs- und europarechtliche Bedenken geltend. Das Gebot der Staatsferne sei verletzt, Grundsätze der Bestenauslese sowie die gesetzlichen Vorgaben zur Dauer der Amtszeit würden nicht beachtet. Ukrow stellte einen Eilantrag beim Saarländischen Verwaltungsgericht. Das Gericht wies den Antrag im April dieses Jahres zurück. Eine Verfassungswidrigkeit sahen die
Richter als nicht gegeben. „Insgesamt könne nicht festgestellt werden, dass ein nicht hinreichend transparentes oder für die unterlegenen Bewerber diskriminierendes Auswahlverfahren durchgeführt worden sei“, lautete die Begründung. Das Prinzip der Bestenauslese sei nicht auf den LMS-Chefposten anzuwenden, anders als bei anderen Beamtenstellen. Das Parlament müsse bei geheimer Wahl seine Entscheidung nicht begründen. Die Nominierung Meyers durch die CDU-Fraktion sei kein Verstoß gegen die Chancengleichheit, da es ein unverbindlicher Vorschlag gewesen sei.
Die CDU und die SPD hatten wiederholt betont, dass es keine Vorfestlegungen gegeben habe und das Verfahren „transparent“gewesen sei.