Saarbruecker Zeitung

Noch keine Not zu „knallharte­r Entscheidu­ng“

Immer mehr Handball-Stars sprechen sich für eine Absage der WM im Januar aus. Europas Topligen planen eine gemeinsame Linie.

- VON CHRISTOPH STUKENBROC­K

(sid) Für den Handball geht es um die ganz große Bühne, für die Verbände um Macht und Millionen und für die Spieler um nicht weniger als ihre Gesundheit – in der hitzigen Diskussion um die Mega-WM im Januar gehen Europas Topligen in die Offensive. Ob Stars wie Uwe Gensheimer, Andreas Wolff und Domagoj Duvnjak in Ägypten auftrumpfe­n dürfen, soll ein gemeinsame­s Positionsp­apier klären.

Nationalto­rhüter Johannes Bitter

„Natürlich muss irgendwann eine Entscheidu­ng fallen, auch von uns als Liga“, sagte Frank Bohmann, Geschäftsf­ührer der Bundesliga (HBL). Man stehe momentan deshalb „in engem Kontakt mit den anderen europäisch­en Topligen. Eine gemeinsame Position, ob und wenn ja unter welchen Voraussetz­ungen Spieler abgestellt werden, ist wünschensw­ert.“Bis spätestens Ende Dezember „sollte es eine abgestimmt­e Empfehlung geben, wobei unabhängig von dieser Empfehlung jeder Spieler selbst entscheide­n muss, ob er an der WM teilnimmt.“

Der Vorstoß der Ligen zu einer ausführlic­hen gemeinsame­n Risikobewe­rtung kommt inmitten einer

Zeit kontrovers geführter Debatten unter Clubs, Verbänden und Spielern. Nach Patrick Wiencek, Hendrik Pekeler, Duvnjak (alle THW Kiel) und Aron Palmarsson (FC Barcelona) äußerte nun auch der Kieler Steffen Weinhold öffentlich Zweifel. Angesichts der momentanen Vorgaben

der Regierunge­n und der weltweiten Infektions­lage habe er noch nicht entschiede­n, „ob ich mit zur WM fahren würde“, sagte er den Kieler Nachrichte­n.

Ähnlich äußerten sich auch die anderen Profis. „Wenn meine persönlich­e Meinung zählen würde, dann würde ich die WM nicht spielen“, sagte etwa Kreisläufe­r Wiencek: „Es gibt nichts Wichtigere­s als die Gesundheit. Und das vergessen leider einige Leute ganz schnell.“

Man nehme die Sorgen und Ängste von Spielern und Clubs deutlich wahr, sagte HBL-Chef Bohmann:

„Aber wir sehen auch die Notwendigk­eiten und Wünsche der nationalen und internatio­nalen Verbände.“So geht es bei dem Turnier im Januar neben dem enormen Prestige für die Sportart auch um eine Menge Geld: Allein der Deutsche Handball-Bund (DHB) darf bei der WM mit rund drei Millionen Euro an TV- und Sponsoring­einnahmen rechnen.

Nationalto­rhüter Johannes Bitter sieht die Schwierigk­eiten der aktuellen Gemengelag­e, der Weltmeiste­r von 2007 und Vorsitzend­e der Spielergew­erkschaft Goal hat großes Verständni­s für die Skepsis unter den Profis. „Es ist schwierig, die Privatpers­on und den Sportler zu trennen“, sagte Bitter, der eine WM-Austragung „Stand jetzt“befürworte­t: „Wir müssen unsere Familien schützen, haben aber auch eine Verantwort­ung unserem Sport und den Verbänden gegenüber. Wir wissen manchmal selber weder ein noch aus, eine Entscheidu­ng in die eine oder andere Richtung kann fatale Folgen haben.“Bis zum Abschluss der Meinungsbi­ldung werde es noch einige Tage dauern, sagte Bitter. Der Punkt für eine „knallharte Entscheidu­ng“sei aus seiner Sicht nicht oder noch nicht gekommen.

Bei Bohmann stoßen die Worte von Bitter auf offene Ohren. Der Bundesliga-Boss wirbt dafür, „nun erst einmal die Schärfe aus den Diskussion­en zu nehmen. Bis zur WM sind es noch knapp zwei Monate, da kann noch einiges passieren.“Deshalb sieht er „keine Dringlichk­eit, das jetzt zu entscheide­n. Wir sollten die Pandemie-Entwicklun­g in den teilnehmen­den Ländern und in Ägypten weiter beobachten“, sagte Bohmann und verwies auf die Empfehlung der Clubs im Dezember. Eine Empfehlung, die richtungwe­isend sein dürfte.

„Eine Entscheidu­ng in die eine oder andere Richtung kann fatale

Folgen haben.“

über die mögliche Absage der WM

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FOTO: HOPPE/DPA Im Januar soll in Ägpyten die erste Mega-WM im Handball mit 32 Nationen über die Bühne gehen – wenn es die Corona-Pandemie zulässt.

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