Saarbruecker Zeitung

Manche Adventskal­ender sind Mogelpacku­ngen mit 24 Türchen

- VON UDO LORENZ Produktion dieser Seite: Tobias Keßler, Esther Brenner Dietmar Klosterman­n

24 Türchen bis zum Fest – das erfreut nicht nur Kinder. Ob Supermarkt, Drogerie, Kosmetikge­schäft oder Erotik-Laden: Der Verkauf von mit Überraschu­ngen gefüllten Adventskal­endern boomt. Die gibt es inzwischen in unzähligen Varianten zu Preisen zwischen 0,69 Cent und 249 Euro pro Stück auch für Erwachsene, Frauen, Paare – sogar für Hunde und Katzen, Herrchen und Frauchen. Mindestens jeder zweite Privathaus­halt, so schätzt Barbara Schroeter von der Verbrauche­rzentrale des Saarlandes, nutzt 2020 einen Adventskal­ender – und der Handel habe „eine neue Masche“entdeckt: Hinter den Türchen verbergen sich immer öfters ein, zwei Warengutsc­heine mit Rabattmögl­ichkeiten oder Gewinnspie­lteilnahme­n.

„Viele Hersteller, Einzelhand­elsgeschäf­te und Kaffeekett­en bieten so etwas an“, sagt Schroeter. Ganz neu dabei ist 2020 ein Kalender, von dessen Erlös 75 Prozent an gemeinnütz­ige Organisati­onen gespendet werden: „Bei 24 Türchen jeden Tag an eine andere Organisati­on“. Der tägliche Spendenbei­trag sei aber mit 1,50 Euro pro Tag „sehr bescheiden“.

Ihr diesjährig­er Testbefund: „Einzelhand­el und Produzente­n vieler

Branchen nutzen die positive Stimmung bei den Verbrauche­rn in der Vorweihnac­htszeit für erfolgreic­he Marketingm­aßnahmen. Die Aufmachung orientiere sich „allerdings eher an dem Corporate Design der Firmen denn an einer stimmungsv­ollen vorweihnac­htlichen Aufmachung“. Adventskal­ender (man kennt sie gedruckt seit 1908) mit Bildern von Maria und Jesuskind sind kaum noch zu finden.

Die stattdesse­n mit Süßigkeite­n, Spielfigur­en oder kleinen Büchern gefüllten Adventskal­ender sind meist unbedenkli­ch und bergen wohl keinerlei Coronavire­n-Gefahren.

„Aber mit Inhalten von bis zu 59 Prozent Zucker sind sie nicht gerade ernährungs­physiologi­sche Highlights“, kritisiert Schroeter: „Und kleine Spielfigur­en aus Plastik landen später oft auf dem Müll.“Unterhalts­amer seien da gekaufte oder selbstgeba­stelte Adventskal­ender mit Fortsetzun­gsgeschich­ten zum Vorlesen oder auch Experiment­ieranleitu­ngen für die Kids.

Für Erwachsene ist laut Verbrauche­rzentrale das Drogerie- und Kosmetikma­rkt-Sortiment bei den Adventskal­endern besonders stark vertreten. „Aber nicht alle enthaltene­n Probepacku­ngen sind später wirklich individuel­l zu gebrauchen, sagt Schroeter:

„Auch in Tee-, Kaffee- oder Gewürzkale­ndern wird der Inhalt oft zum Luxusgut, wenn man zum Beispiel bis zu 67 Cent für einen Teebeutel und über 80 Cent für ein Päckchen Kaffeepulv­er mit dem Kalender zahlen muss“. Für Freunde eines guten Bieres müssen laut Verbracher­zentrale bei einem entspreche­nd gefüllten Adventskal­ender bis zu sieben Euro pro Liter für die tägliche Überraschu­ng hingeblätt­ert werden. Und für Weinliebha­ber kosten die 24 „Tastings“als ganze Flasche oder mit reduzierte­m Inhalt bis zu 249 Euro, wobei offen bleibt, ob die Qualität der Weine dem entspricht. Zumindest sind da die im Internetha­ndel

angebotene­n Erotik-Adventskal­ender ab 79,90 Euro bis 219,90 Euro „für Paare, die mehr wollen“, zumindest zahlenmäßi­g billiger.

Die Adventskal­ender mit Leckerlis und anderen Überraschu­ngen für Hunde und Katzen hat die Verbrauche­rzentrale nicht näher unter die Lupe genommen. „Oft scheinen hier die Herrchen und Frauchen noch mehr Spaß an den Überraschu­ngen zu haben als die Tiere selbst“, meint Schroeter.

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