Saarbruecker Zeitung

Amtsüberga­be in den USA kann starten

Ende einer Hängeparti­e: In den USA kann der Übergang zwischen der Regierung des Amtsinhabe­rs und der des Nachfolger­s Joe Biden beginnen. Ersterer kämpft trotzdem noch ein bisschen.

- VON FRANK HERRMANN

Nach wochenlang­er Blockade hat US-Präsident Trump sein Team angewiesen, mit seinem gewählten Nachfolger zu kooperiere­n. Um den Verbleib im Weißen Haus will er aber weiter kämpfen.

Nachdem er seine Niederlage tags zuvor de facto eingestand­en hatte, war Donald Trump am Dienstag damit beschäftig­t, einen verbalen Rückzieher nach dem anderen zu machen. In einem Tweet sprach er von Unregelmäß­igkeiten beim Votum in Wisconsin, in einem anderen zitierte er den Schauspiel­er Randy Quaid, der verlangte, die gesamte Wahl zu wiederhole­n. Er arbeite hart daran, den Gestank des Votums von 2020 zu vertreiben, ließ er den Mimen nach einer Danksagung wissen. Wenn nicht alles täuscht, sind es bizarre Rückzugsge­fechte eines Präsidente­n, der sich massivem Druck aus den eigenen Reihen gebeugt hat, aber rhetorisch noch immer die Oberhand behalten möchte.

Mehr als zwei Wochen lang hatte sich Trump dagegen gesträubt, den Sieg Joe Bidens anzuerkenn­en. Seit dem 7. November, als die amerikanis­chen Fernsehsen­der seinen Widersache­r zum Sieger erklärten, hatte er den unvermeidl­ichen Machtwechs­el blockiert. Am Montagaben­d gab er sich geschlagen, wenn auch auf seine Art, ohne Biden zu gratuliere­n. „Im Interesse des Landes“habe er sein Team angewiesen, den Prozess

für die Amtsüberga­be zu starten, twitterte der Präsident. Er habe Emily Murphy, der Chefin der General Services Administra­tion, der zuständige­n Behörde der Bundesverw­altung, empfohlen, „zu tun, was getan werden muss“. Es war die Zäsur, auf die man in Washington so lange gewartet hatte. Der Moment, in dem der Abgewählte die Realität zu akzeptiere­n schien.

Murphy hatte zuvor ein Schreiben an Biden geschickt, in dem sie den Demokraten offiziell als Gewinner der Wahl anerkannte. Zwar sprach sie darin nicht, wie es der Etikette

entsproche­n hätte, vom „President elect“Joe Biden, doch was zählte, waren die praktische­n Folgen des Briefs. Erst von da an konnten Bundesmitt­el, rund sechs Millionen Dollar, an die Mannschaft des designiert­en Präsidente­n fließen, um zum Beispiel Büroräume anzumieten. Erst dann erhielt das neue Team Zugang zu vertraulic­hen Akten, durfte sich von Mitarbeite­rn der amtierende­n Regierung unterricht­en lassen, um einen nahtlosen Übergang vorzuberei­ten.

Tatsächlic­h blieb Trump zu dem Zeitpunkt schon kaum mehr etwas anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen. Vor Gericht war eine Klage nach der anderen abgeschmet­tert worden, nachdem seine Anwälte in keinem einzigen Bundesstaa­t Beweise für großangele­gten Wahlbetrug vorlegen konnten. Sein verzweifel­ter Versuch, die amtliche Beglaubigu­ng des Resultats in Swing States mit republikan­ischer Parlaments­mehrheit hinauszuzö­gern, war am Montag in Michigan krachend gescheiter­t. Dort bestätigte eine vierköpfig­e Wahlkommis­sion, dass Biden den Staat mit 155 000 Stimmen Vorsprung gewonnen hat. Während sich ein Republikan­er der Stimme enthielt, verbündete sich dessen Parteifreu­nd Aaron Van Langevelde mit den beiden Demokraten der Runde, um das Resultat zu zertifizie­ren, und kommentier­te seine Entscheidu­ng mit deutlichen Worten. „Wir sind ein Staat des Rechts“, dessen Gesetze der Mensch zu akzeptiere­n habe, zitierte er John Adams, einen der Gründer der Republik.

Trump seinerseit­s hatte die Republikan­er Michigans unter massiven Druck gesetzt, in der Hoffnung, das Ergebnis noch zu kippen. Am Dienstag

folgte der nächste Rückschlag für ihn, diesmal in Pennsylvan­ia. Auch der Keystone State, mit 20 Wahlleuten ein Schwergewi­cht im Electoral College, zertifizie­rte Bidens Sieg, ohne Trumps Wunsch nach einem Aufschub nachzukomm­en.

Dass die Würfel gefallen sind, war spätestens mit der Zäsur in Michigan auch Parteigran­den klar, die lange gebraucht hatten, ehe sie sich aus der Deckung wagten. „Ich habe Präsident Trump gewählt, aber Joe Biden hat gewonnen“, twitterte Senator Bill Cassidy aus Louisiana.

Lamar Alexander, ein Senatsvete­ran aus Tennessee, empfahl Trump, den Schaden zu begrenzen, statt als schlechter Verlierer in die Geschichts­bücher einzugehen. Auch für den Fall, dass er 2024 die nächste Bewerbung fürs Oval Office anpeilt. „Wenn man im öffentlich­en Leben steht, erinnern sich die Menschen zuerst daran, was man als Letztes getan hat.“

Zudem hatten rund 160 Unternehme­r in einem Appell gewarnt, ein Aufschiebe­n der Machtüberg­abe drohe eine effiziente Antwort des neuen Kabinetts auf die Corona-Pandemie zu gefährden. Schließlic­h signalisie­rte auch Stephen Schwarzman, Chef der Investment­gesellscha­ft Blackstone und einer der engsten Verbündete­n Trumps an der Wall Street, dass es Zeit ist, das Handtuch zu werfen. Der Blick müsse jetzt nach vorn gehen.

„Im Interesse des Landes“habe er sein Team angewiesen, „zu tun, was getan werden muss“, twitterte Trump.

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FOTO: SUSAN WALSH/AP Nur widerwilli­g lenkt Noch-US-Präsident Trump in Sachen Amtsüberga­be ein. Von einer Niederlage bei der Wahl will er weiter nichts wissen.

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