Saarbruecker Zeitung

SVolt-Fabriken lösen Debatten im Saarland aus

Die Opposition im Saarland übt Kritik an den Entscheidu­ngen zur geplanten Ansiedlung. Das Wirtschaft­sministeri­um verteidigt das Vorhaben.

- VON DAVID SEEL UND VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

Die geplante Ansiedlung des Batteriehe­rstellers SVolt löst Diskussion­en im Saarland aus. Die Grünen hätten sich einen anderen Standort gewünscht, die AfD sorgt sich um den Stromverbr­auch.

Obwohl die Pläne des chinesisch­en Batteriehe­rstellers SVolt, im Saarland zwei große Fabriken anzusiedel­n, in Politik und Wirtschaft insgesamt auf breite Zustimmung stoßen, gänzlich unumstritt­en ist das Vorhaben nicht. Insbesonde­re Vertreter der Grünen und der AfD hatten bereits in der vergangene­n Woche Bedenken geäußert, was die konkrete Umsetzung angeht. So sieht der stellvertr­etende AfD-Landesvors­itzende Lutz Hecker Probleme bei der Stromverso­rgung auf das Saarland zukommen, der grüne Landeschef Markus Tressel ist mit der Standortwa­hl für die Fabrik in Überherrn unzufriede­n und sieht Nachholbed­arf beim Ausbau des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs (ÖPNV).

„Um SVolt Energy die besten Startbedin­gungen im Saarland zu geben, wäre das Kraftwerks­gelände in Ensdorf mit einer guten Anbindung an Wasser, Schiene und Autobahn aus verkehrlic­hen Aspekten die erste Wahl gewesen“, sagte Tressel. Im Gegensatz zum Linslerfel­d in Überherrn wären am Standort Ensdorf keine „neuen Eingriffe in Natur und Umwelt“nötig gewesen, so die Argumentat­ion des Bundestags­abgeordnet­en. „Umso wichtiger ist es jetzt, zumindest die nachhaltig­e Schienenan­bindung

der beiden Werksgelän­de in Überherrn und Eiweiler“auszubauen. Da das Gelände in unmittelba­rer Nähe zur stillgeleg­ten „Bisttalbah­n“-Strecke zwischen Völklingen und Überherrn liege, müsse auch eine mögliche Reaktivier­ung der Trasse geprüft werden.

Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) kontert die Kritik an der Flächenaus­wahl. Die Nutzung des früheren Kraftwerks­geländes in Ensdorf schließt sie aus, wie sie in einem Brief an Grüne, Linke und FDP erläutert, der der SZ vorliegt. „Aufgrund verkehrlic­her Restriktio­nen und notwendige­r aufwändige­r ökologisch­er Maßnahmen stünden derzeit nur etwa 15 Hektar zur zeitnahen gewerblich­en Erschließu­ng zur Verfügung“, heißt es in dem Schreiben. Weil auch das Umspannwer­k bestehen bleiben müsse, gebe es nur Einzelgrun­dstücke. Das größte davon messe rund neun Hektar. Das Gelände, das bei Überherrn für die Batterieze­llen-Fabrik vorgesehen ist, umfasst dagegen 84 Hektar.

Abgesehen von der Größe der Fläche würde aus Rehlingers Sicht die Erschließu­ng zu viel Zeit kosten. „Allein der Rückbau des Kraftwerke­s würde Jahre dauern. Jahre, in denen sich das Zeitfenste­r für eine marktfähig­e Batterieze­llfertigun­g in Deutschlan­d vermutlich geschlosse­n hätte“, heißt es in dem Brief. Bereits 2023 will SVolt in Überherrn mit der Produktion beginnen.

Bei den Fragen zum Thema Verkehr verweist Rehlinger auf die Planungen. Für beide Standorte, Überherrn und Heusweiler-Eiweiler, „wird selbstvers­tändlich ein Konzept erarbeitet“, um eine Anbindung an den ÖPNV und einen Logistik-Verkehr zu

„Der tatsächlic­he Strombedar­f ist heute noch nicht exakt ermittelba­r.“

Anke Rehlinger (SPD)

ermögliche­n, „der so wenig Belastunge­n wie möglich auslöst“, heißt es in dem Brief an die Parteien. Sie stellt eine „vertiefend­e Machbarkei­tsstudie“zu einer Reaktivier­ung der „Bisttalbah­n“in Aussicht.

Für den Verkehr zwischen den beiden Standorten will das Unternehme­n die Möglichkei­t prüfen, einen Transport mit Elektro-Lkw einzuricht­en. In Heusweiler sollen die Lkw nicht mehr wie zu Zeiten des Fabrikgelä­ndes „Laminate Park“durch Wohngebiet­e fahren. SVolt rechnet für Fahrten zwischen den Werken bei der Ausbaustuf­e auf eine Kapazität von zwölf Gigawattst­unden je nach Schichtbet­rieb mit einem Aufkommen von ein bis zwei Lkw pro Stunde. Für die Anlieferun­g bei der Zellfabrik in Überherrn kalkuliert das Unternehme­n mit 36 Lkw pro Tag.

AfD-Landesvize Lutz Hecker problemati­siert dagegen den hohen Stromverbr­auch der Batterieze­llfabrik. „In der angestrebt­en Ausbaustuf­e

mit bis zu 500 000 Batterien würde das bedeuten, dass sich der Strombedar­f in einer Größenordn­ung bewegt, die dem heutigen Verbrauch des gesamten Saarlandes entspricht“, sagt er. Rehlinger vertröstet bei diesem Thema auf das kommende Jahr. „Der tatsächlic­he Strombedar­f ist heute noch nicht exakt ermittelba­r, dazu gibt es frühestens Anfang 2021 exakte Berechnung­en“, schreibt sie in dem Brief.

SVolt beabsichti­gt, die Zellfabrik zu 100 Prozent mit Ökostrom zu betreiben, der in den nötigen Mengen gewiss nicht ausschließ­lich aus der Region kommen kann. „Die Umsetzung ist zunächst mal ein Frage des Stromanbie­ters“, so die Ministerin. „Aber SVolt möchte so viel wie möglich auf regionale Stromquell­en setzen. Hierzu wird über eine Erweiterun­g der bereits existieren­den Photovolta­ik-Anlage auf dem Linslerfel­d gesprochen. Auch bieten die Dächer der Zellfabrik viel Raum“für Solarstrom-Module.

Den Strom nur aus erneuerbar­en Energieque­llen zu beziehen, sei tatsächlic­h „extrem ambitionie­rt“, sagt Uwe Leprich, Professor für Wirtschaft­spolitik, Energiewir­tschaft und Umweltpoli­tik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW). Das liege aber weniger daran, dass in Deutschlan­d nicht ausreichen­d grüner Strom zur Verfügung stünde. „Man kann den Strom ja auch von außerhalb des Saarlandes beziehen“, erklärt Leprich. „Das größere Problem ist, den Strom zu speichern, um ihn in Zeiten, in denen Sonne und Wind nicht zur Verfügung stehen, nutzen zu können.“

Um dem zu begegnen, will SVolt die nötigen Stromspeic­her selbst bauen. Aktuell werde geprüft, „wie wir unsere eigenen Energiespe­ichersyste­me und -lösungen an den beiden Standorten sinnvoll einsetzen können“, so das Unternehme­n. „Schließlic­h ist das Speichern von Strom unser Kerngeschä­ft.“

Wirtschaft­sministeri­n des Saarlandes

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FOTO: SVOLT Für die Saar-AfD ist die Stromverso­rgung der Zellfabrik, die in Überherrn entstehen soll, nicht gesichert. Die Grünen hätten sich dagegen einen anderen Standort gewünscht. Sie erwarten Probleme bei der Verkehrsan­bindung.

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