SVolt-Fabriken lösen Debatten im Saarland aus
Die Opposition im Saarland übt Kritik an den Entscheidungen zur geplanten Ansiedlung. Das Wirtschaftsministerium verteidigt das Vorhaben.
Die geplante Ansiedlung des Batterieherstellers SVolt löst Diskussionen im Saarland aus. Die Grünen hätten sich einen anderen Standort gewünscht, die AfD sorgt sich um den Stromverbrauch.
Obwohl die Pläne des chinesischen Batterieherstellers SVolt, im Saarland zwei große Fabriken anzusiedeln, in Politik und Wirtschaft insgesamt auf breite Zustimmung stoßen, gänzlich unumstritten ist das Vorhaben nicht. Insbesondere Vertreter der Grünen und der AfD hatten bereits in der vergangenen Woche Bedenken geäußert, was die konkrete Umsetzung angeht. So sieht der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Lutz Hecker Probleme bei der Stromversorgung auf das Saarland zukommen, der grüne Landeschef Markus Tressel ist mit der Standortwahl für die Fabrik in Überherrn unzufrieden und sieht Nachholbedarf beim Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).
„Um SVolt Energy die besten Startbedingungen im Saarland zu geben, wäre das Kraftwerksgelände in Ensdorf mit einer guten Anbindung an Wasser, Schiene und Autobahn aus verkehrlichen Aspekten die erste Wahl gewesen“, sagte Tressel. Im Gegensatz zum Linslerfeld in Überherrn wären am Standort Ensdorf keine „neuen Eingriffe in Natur und Umwelt“nötig gewesen, so die Argumentation des Bundestagsabgeordneten. „Umso wichtiger ist es jetzt, zumindest die nachhaltige Schienenanbindung
der beiden Werksgelände in Überherrn und Eiweiler“auszubauen. Da das Gelände in unmittelbarer Nähe zur stillgelegten „Bisttalbahn“-Strecke zwischen Völklingen und Überherrn liege, müsse auch eine mögliche Reaktivierung der Trasse geprüft werden.
Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) kontert die Kritik an der Flächenauswahl. Die Nutzung des früheren Kraftwerksgeländes in Ensdorf schließt sie aus, wie sie in einem Brief an Grüne, Linke und FDP erläutert, der der SZ vorliegt. „Aufgrund verkehrlicher Restriktionen und notwendiger aufwändiger ökologischer Maßnahmen stünden derzeit nur etwa 15 Hektar zur zeitnahen gewerblichen Erschließung zur Verfügung“, heißt es in dem Schreiben. Weil auch das Umspannwerk bestehen bleiben müsse, gebe es nur Einzelgrundstücke. Das größte davon messe rund neun Hektar. Das Gelände, das bei Überherrn für die Batteriezellen-Fabrik vorgesehen ist, umfasst dagegen 84 Hektar.
Abgesehen von der Größe der Fläche würde aus Rehlingers Sicht die Erschließung zu viel Zeit kosten. „Allein der Rückbau des Kraftwerkes würde Jahre dauern. Jahre, in denen sich das Zeitfenster für eine marktfähige Batteriezellfertigung in Deutschland vermutlich geschlossen hätte“, heißt es in dem Brief. Bereits 2023 will SVolt in Überherrn mit der Produktion beginnen.
Bei den Fragen zum Thema Verkehr verweist Rehlinger auf die Planungen. Für beide Standorte, Überherrn und Heusweiler-Eiweiler, „wird selbstverständlich ein Konzept erarbeitet“, um eine Anbindung an den ÖPNV und einen Logistik-Verkehr zu
„Der tatsächliche Strombedarf ist heute noch nicht exakt ermittelbar.“
Anke Rehlinger (SPD)
ermöglichen, „der so wenig Belastungen wie möglich auslöst“, heißt es in dem Brief an die Parteien. Sie stellt eine „vertiefende Machbarkeitsstudie“zu einer Reaktivierung der „Bisttalbahn“in Aussicht.
Für den Verkehr zwischen den beiden Standorten will das Unternehmen die Möglichkeit prüfen, einen Transport mit Elektro-Lkw einzurichten. In Heusweiler sollen die Lkw nicht mehr wie zu Zeiten des Fabrikgeländes „Laminate Park“durch Wohngebiete fahren. SVolt rechnet für Fahrten zwischen den Werken bei der Ausbaustufe auf eine Kapazität von zwölf Gigawattstunden je nach Schichtbetrieb mit einem Aufkommen von ein bis zwei Lkw pro Stunde. Für die Anlieferung bei der Zellfabrik in Überherrn kalkuliert das Unternehmen mit 36 Lkw pro Tag.
AfD-Landesvize Lutz Hecker problematisiert dagegen den hohen Stromverbrauch der Batteriezellfabrik. „In der angestrebten Ausbaustufe
mit bis zu 500 000 Batterien würde das bedeuten, dass sich der Strombedarf in einer Größenordnung bewegt, die dem heutigen Verbrauch des gesamten Saarlandes entspricht“, sagt er. Rehlinger vertröstet bei diesem Thema auf das kommende Jahr. „Der tatsächliche Strombedarf ist heute noch nicht exakt ermittelbar, dazu gibt es frühestens Anfang 2021 exakte Berechnungen“, schreibt sie in dem Brief.
SVolt beabsichtigt, die Zellfabrik zu 100 Prozent mit Ökostrom zu betreiben, der in den nötigen Mengen gewiss nicht ausschließlich aus der Region kommen kann. „Die Umsetzung ist zunächst mal ein Frage des Stromanbieters“, so die Ministerin. „Aber SVolt möchte so viel wie möglich auf regionale Stromquellen setzen. Hierzu wird über eine Erweiterung der bereits existierenden Photovoltaik-Anlage auf dem Linslerfeld gesprochen. Auch bieten die Dächer der Zellfabrik viel Raum“für Solarstrom-Module.
Den Strom nur aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen, sei tatsächlich „extrem ambitioniert“, sagt Uwe Leprich, Professor für Wirtschaftspolitik, Energiewirtschaft und Umweltpolitik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW). Das liege aber weniger daran, dass in Deutschland nicht ausreichend grüner Strom zur Verfügung stünde. „Man kann den Strom ja auch von außerhalb des Saarlandes beziehen“, erklärt Leprich. „Das größere Problem ist, den Strom zu speichern, um ihn in Zeiten, in denen Sonne und Wind nicht zur Verfügung stehen, nutzen zu können.“
Um dem zu begegnen, will SVolt die nötigen Stromspeicher selbst bauen. Aktuell werde geprüft, „wie wir unsere eigenen Energiespeichersysteme und -lösungen an den beiden Standorten sinnvoll einsetzen können“, so das Unternehmen. „Schließlich ist das Speichern von Strom unser Kerngeschäft.“
Wirtschaftsministerin des Saarlandes