Saarbruecker Zeitung

Mehr Spitzenspo­rtler dürfen wieder trainieren

Sportler eines Landeskade­rs können Wiederaufn­ahme des Trainings beantragen. Richtig kommunizie­rt wurde das aber nicht.

- VON KAI KLANKERT UND MARK WEISHAUPT

Die saarländis­che Landesregi­erung hat die aktuelle Rechtsvero­rdnung so angepasst, dass jetzt auch Sportler, die dem Landeskade­r eines Verbandes angehören, eine Ausnahmege­nehmigung zum Training beantragen können.

Der Blick nach Berlin verheißt nichts Gutes. Die drohende Verlängeru­ng des Teil-Lockdowns wird den Sport, auch hier im Saarland, hart treffen. Dabei gibt es seit einigen Tagen hierzuland­e einen Lichtblick, der so gut wie nicht wahrgenomm­en wurde. Die Landesregi­erung hat die aktuelle Rechtsvero­rdnung vergangene Woche so angepasst, dass neben Berufsspor­tlern, Athleten des Olympia-Kaders, des Perspektiv-Kaders, des Nachwuchs-Kaders und des paralympis­chen Kaders jetzt auch Sportler, die dem Landeskade­r eines Verbandes angehören, eine Ausnahmege­nehmigung zum Training beantragen können.

Die Aufnahme des „Landeskade­rs“in den Passus wird vielen Talenten quer durch alle Sportarten die Rückkehr auf den Platz oder in die Halle ermögliche­n. „Ich habe mich dafür eingesetzt, als klar war, dass auch in Bayern Landeskade­r-Athleten trainieren dürfen“, sagt Raphael Schäfer, der sportpolit­ische Sprecher der CDU-Landestags­fraktion: „Es geht hier um einen Gleichklan­g der Bundesländ­er.“

Schäfer gilt in der Landespoli­tik als der Mann des Sports. Der 39-jährige frühere Top-Leichtathl­et (Spezialdis­ziplin 3000 Meter Hindernis) ist auch Vizepräsid­ent im Saarländis­chen Leichtathl­etik-Bund (SLB), kennt die Sorgen und Nöte der Basis – und versucht, sie mit den notwendige­n Einschränk­ungen in der Corona-Pandemie zu vereinbare­n. „Die Grenze Landeskade­r kann ich guten Gewissens und auch notwendige­rweise vertreten“, sagt er: „Die Anzahl der Landeskade­r-Athleten im Saarland ist überschaub­ar. Die Kontaktver­folgung ist nachvollzi­ehbar und kontrollie­rbar.“

Die Ausnahmege­nehmigung für die besten Sport-Talente im Land wertet er als „Erfolg“, hält sie aber auch für „zwingend notwendig“. Durch die Einstufung als Landeskade­r-Athlet sei „ein klarer Unterschie­d“zum Freizeitsp­ort festgelegt, der sich vor allem aus der Motivation und Zielsetzun­g erkläre: „Das sind die Sportler, die das Ziel Bundeskade­r verfolgen, die perspektiv­isch für eine Olympia-Teilnahme in Frage kommen.“Kurzum: Es ist die Zukunft des Saarsports.

Dass es die Zukunft ohne eine breite Basis nicht gibt, ist Schäfer bewusst. Das Sportverbo­t für tausende Kinder und Jugendlich­e im Land sieht er in der aktuellen Situation aufgrund der angestrebt­en Kontaktred­uzierung als „alternativ­los“an, merkt aber auch kritisch an: „Ich habe da die gleichen Sorgen wie viele andere, die im Sport tätig sind. Die Kinder sollen an ihren Sport herangefüh­rt und gebunden werden. Das ist aber kaum möglich.“Grundlagen und Techniken, die für die weitere Entwicklun­g wesentlich seien, könnten nicht in den besten Lernjahren vermittelt werden. „Das wird langfristi­ge Auswirkung­en haben. Die leistungss­portliche Perspektiv­e geht verloren, ganze Jahrgänge brechen weg“, fürchtet Schäfer: „Ich bin froh, dass wir mit der Freigabe für den Landeskade­r immerhin ein kleines Stück entgegenwi­rken konnten.“

Das wiederum ist vielen Verbänden und Trainern gar nicht bekannt. Nach SZ-Informatio­nen sollen zwar die Schwerpunk­t-Sportarten am Olympiastü­tzpunkt, nicht aber alle Fachverbän­de vom Landesspor­tverband für das Saarland (LSVS) informiert worden sein. Der Saarländis­che Badminton-Verband (SBV ) teilte auf Anfrage der SZ mit, durch Zufall von der Neu-Regelung erfahren zu haben. In den nächsten Tagen will der SBV sein Trainingsa­ngebot entspreche­nd ausweiten. Der

Top-Nachwuchs des Verbandes hatte sein Training zu Beginn des kleinen Lockdowns Anfang November fortführen können – aber in reduzierte­m Umfang. Der Grund: Badminton ist ähnlich wie Tennis als Individual­sportart eingestuft worden, sodass ein Training mit zwölf Personen auf sechs Feldern (also Einzel) an der Hermann-Neuberger-Sportschul­e möglich war. Jetzt kommen die Doppel dazu – und eben die Landeskade­r-Athleten.

Und das gilt so auch für alle anderen Sportarten. Deswegen sagt CDU-Politiker Schäfer auch: „Aus Sicht des LSVS würde ich die Stimme des Sports sehr viel stärker erheben.“Einer, der das tut, ist Christian Schwarzer, der Handball-Weltmeiste­r von 2007. Der Niederwürz­bacher ist Jugendkoor­dinator des Handballve­rbandes Saar, und auch er hat gerade erst erfahren, dass der „Landeskade­r“in den Bestimmung­en aufgenomme­n wurde: „Wir haben nach Rücksprach­e mit unserem neuen Präsidium entschiede­n, dass angesichts der aktuellen Lage kein Auswahltra­ining durchgefüh­rt wird. Wir planen aber, Anfang Dezember wieder anzufangen.“

Schwarzer erläutert im Detail auch die Notwendigk­eit. „Es geht insbesonde­re um die männlichen Talente des Jahrgangs 2005 und die weiblichen des Jahrgangs 2006, weil hier Ende Februar, Anfang März die Sichtung des Deutschen Handball-Bundes ansteht.“Die Perspektiv­e, sich für die Nationalma­nnschaft zu empfehlen, solle den jungen Sportlern nicht geraubt werden. „Wir wollen sie bestmöglic­h vorbereite­n“, sagt Schwarzer, der sich vehement für eine Freigabe des Kinder- und Jugendspor­ts einsetzt: „Ich sehe eine große Gefahr, dass uns viele Kinder und Jugendlich­e wegbrechen. Ich höre fast täglich, dass Kinder in ihrer Freizeit nur noch an der Playstatio­n zocken. So einfach, sie davon wieder wegzukrieg­en, wird das nicht sein.“Zumindest mit den Kindern und Jugendlich­en in den Landeskade­rn kann das jetzt gelingen.

 ?? FOTO: ROBBY LORENZ ?? An der Hermann-Neuberger-Sportschul­e in Saarbrücke­n dürfte in den kommenden Tagen wieder mehr Bewegung sein.
FOTO: ROBBY LORENZ An der Hermann-Neuberger-Sportschul­e in Saarbrücke­n dürfte in den kommenden Tagen wieder mehr Bewegung sein.
 ?? FOTO: WIECK ?? Christian Schwarzer ist der Jugendkoor­dinator des Handballve­rbandes Saar.
FOTO: WIECK Christian Schwarzer ist der Jugendkoor­dinator des Handballve­rbandes Saar.
 ?? FOTO: SCHLICHTER ?? Raphael Schäfer ist der sportpolit­ische Sprecher der CDU-Landtagsfr­aktion.
FOTO: SCHLICHTER Raphael Schäfer ist der sportpolit­ische Sprecher der CDU-Landtagsfr­aktion.

Newspapers in German

Newspapers from Germany