„Es ist keine Arbeit, es ist Leidenschaft“
Der jüngere Bruder kickt in der Regionalliga beim FK Pirmasens, der Vater ist Präsident des Verbandes, dessen Landestrainer er ist: Micha Zimmer stammt aus einer sportbegeisterten Familie – und ist absolut sportverrückt.
Er kam zwar „nur“von einem Bezirksligisten, dennnoch ist Micha Zimmer ein richtig namhafter Neuzugang beim Handball-Saarlandligisten HSG TVA/ ATSV Saarbrücken. Der 29-Jährige ist im Hauptberuf saarländischer Landestrainer im Triathlon. „Ich würde fast die Sportschule als meine Heimat bezeichnen, denn ich habe elf Jahre dort im Internat gelebt und bin erst im vergangenen Sommer mit meiner Freundin in die Stadt gezogen“, erzählt Zimmer, der aus Merzig stammt und von der zweiten Mannschaft der HSV Merzig/Hilbringen zur HSG TVA/ATSV Saarbrücken gewechselt ist. Er erklärt: „Am Ende war mir die Pendelei mit dem Zug einfach zu zeitaufwändig. Ich wollte eigentlich zu einem Verein, bei dem man mit Harz in der Halle spielen darf, aber weil ich bei der HSG TVA/ATSV unter anderem Jan Peter Hoffmann oder Lucien Haßdenteufel kannte, ist die Entscheidung so gefallen. Und ich bereue keine Sekunde.“Hoffmann ist Spieler, der ehemalige Spitzenschwimmer Haßdenteufel unterstützt die HSG als Athletiktrainer.
Die Entscheidung, nach der aktiven Triathlon-Karriere zum Handball zurückzukehren, lag nahe. Zimmer kommt ohnehin als mittleres von fünf Kindern aus einer sportbegeisterten Familie. „Mein Vater Bernd ist langjähriger Präsident des Triathlon-Verbandes und war erfolgreicher Handball-Trainer.
Mein jüngerer Bruder Moritz spielt jetzt beim FK Pirmasens in der Regionalliga Fußball.“Und er schiebt nach: „Wichtig bei uns war, dass wir Sport treiben. Was, das war eigentlich egal – nur Schwimmen lernen war Pflicht.“
Das Schwimmen klappte gut. Laufen ebenso. Radfahren war auch kein Problem – also hieß es für den jungen Micha Zimmer statt Handball erst mal Triathlon. „Triathlon war kein Hobby, es war quasi Beruf, stand ganz oben in der Prioritätenliste“, sagt der 29-Jährige, der als eines der größten Triathlon-Talente seines Jahrganges galt, vor sechs Jahren dann aber dem Spitzensport den Rücken gekehrt hat. „Man muss im Leistungsport sehr viel opfern. Geldverdienen ist beim Triathlon aber schwierig, wenn man nicht in die Sphären der Weltelite kommt.
Das nagt dann irgendwann physisch und psychisch.“
Zimmer studierte Sport und zunächst Mathematik, wechselte dann in Philosophie fürs Lehramt an Gymnasien. Er hatte dann die Möglichkeit, ein Referendariat zu beginnen, entschied sich aber dafür, als Triathlon-Landestrainer zu arbeiten. Eine Position, die er seit Dezember 2019 innehat. „Ich lebe 24 Stunden am Tag Triathlon. Ich betreue aktuell 18 Sportlerinnen und Sportler im Alter von 13 bis 19 Jahren im Nachwuchsbereich sowie Ian Manthey im Elitebereich“, erzählt Zimmer, von dessen Büro an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken man einen perfekten Blick in die Schwimmhalle hat. An der Bürowand hängen Trikots der Ironmansieger Anne Haug und Jan Frodeno vom LAZ Saarbrücken.
„Jeder Athlet hat individuelle Trainingspläne, die Vereinstraining und Schule immer berücksichtigen. Es ist mein Anspruch, auf jeden einzelnen konkret einzugehen. Das ist, selbst wenn kein Corona ist, nicht in einer 40-Stunden-Woche zu schaffen. Aber es ist keine Arbeit, es ist Leidenschaft“, erzählt Zimmer.
Die Corona-Pandemie erfordert Kreativität – im Triathlon wie in allen anderen Sportarten. Dabei geht es auch vor allem darum, den Nachwuchs bei der Stange zu halten. „Ich will, dass die Sportler motiviert bleiben und keiner auf die Idee kommt aufzuhören. Ich versuche den Spaß an der Sache im Auge zu behalten“, sagt Zimmer ernst: „Ich sehe eine große Gefahr für den Sport allgemein. Schule erfordert in Zeiten des Homeschoolings deutlich mehr Zeit, die dann gerade in den Wintermonaten zum Sporttreiben fehlt.“Und der Landestrainer ergänzt: „Ich plane so, als würde die Saison im nächsten Jahr stattfinden, denn ein weiteres Jahr ohne Ziele wird für viele Athleten schwierig.“
Der Handball ist bis 10. Januar auf Eis gelegt, Mannschaftstraining zumindest im November verboten. Triathleten geht es als Individualsportlern ein wenig besser. „Wir dürfen in dieser schwierigen Situation als Trainer den Kopf nicht in den Sand stecken“, sagt Zimmer: „Corona droht, die zurückgehende Sportlichkeit bei Kindern und Jugendlichen noch zu verstärken. Wir müssen mit 100 Prozent Begeisterung dagegen angehen.“