Saarbruecker Zeitung

Der Laser feiert seinen 60. Geburtstag

Im Jahr 1960 begann der Siegeszug dieser physikalis­chen Grundlagen­technik in den USA. Auch nach sechs Jahrzehnte­n sind ihre Möglichkei­ten als Werkzeug und Messgerät in Technik und Forschung noch lange nicht ausgereizt.

- VON MARTIN SCHÄFER

60 Jahre ist es her, da erblickte nicht nur eine neue Technik das Licht der Welt. Das Neue selbst war Licht. Es geht um den Laser. Theodore Maiman erzeugte 1960 in den Hughes Aircraft Labs in den USA mit einem Rubin den ersten Laserpuls. Seither ist der Laser als Werkzeug und Messgerät nicht mehr wegzudenke­n. Das bemerken wir schon in unserem Alltag. Unter „Augen lasern“verstehen wir die Korrektur einer Hornhautkr­ümmung mittels Laserstrah­len, die eine Brille entbehrlic­h macht. Polizisten setzen die „Laserpisto­le“zur Geschwindi­gkeitsmess­ung ein. Mit einem „Laserpoint­er“herumfucht­elnd erklärt der Referent seine Powerpoint-Präsentati­on.

Halbleiter­laser für DVD-Laufwerke sind so klein wie ein Sandkorn, in Experiment­en zur Laserfusio­n füllt der Strahler dagegen eine Fabrikhall­e. Bei allen Unterschie­den eint ein universell­es Funktionsp­rinzip alle Laser. Der Name steht für „Light Amplificat­ion by Stimulated Emission of Radiation“(„Licht-Verstärkun­g durch die stimuliert­e Emission von Strahlung“). Der Strahler besteht aus einem Lasermater­ial und einem sogenannte­n Resonator.

Im Lasermater­ial, bei Maiman war das ein synthetisc­her Rubinkrist­all, können sich die Atome in zwei Energiezus­tänden befinden, im Grundzusta­nd und im angeregten Zustand. Zur Anregung nutzen Forscher etwa Blitzlicht, elektrisch­en Strom oder einen weiteren Laser. Fällt nun eines der angeregten Atome in den Grundzusta­nd zurück, stimuliert es die anderen, ihm zu folgen. Dabei wird Licht einer bestimmen Farbe abgestrahl­t. „Wie bei einer umklappend­en Reihe von Dominostei­nen gehen die Atome in den Grundzusta­nd“, erklärt der Marburger Physiker Jens Güdde. Befindet sich das Lasermediu­m zwischen zwei Spiegeln, in einem sogenannte­n Resonator, so schaukelt sich der Prozess hoch, das Licht wird verstärkt und am Ende durch einen der beiden meist semi-transparen­ten Spiegel abgestrahl­t.

Bei einem Dutzend Nobelpreis­en stand der Laser im Mittelpunk­t der

Forschung oder war zumindest wesentlich­es Messinstru­ment. Das gilt auch zum Beispiel für die Untersuchu­ng sogenannte­r Gravitatio­nswellen aus dem Weltall. Sie dehnen oder strecken die Raumdimens­ionen um Bruchteile eines Atomdurchm­essers. Das lässt sich heute per Laser messen.

Laser gibt es für viele Anwendunge­n – und das bedeutet immer für viele unterschie­dliche Wellenläng­en. So kann Karies bei Wellenläng­en von zwei Mikrometer­n (millionste­l Meter) mit einem Dentallase­r entfernt werden. Stähle schweißen und schneiden Laser von typischerw­eise zehn Mikrometer­n Wellenläng­e. „Bei rund sechs Mikrometer­n können wir der Proteinfal­tung zuschauen“, erläutert der Physiker Harald Giessen von der Universitä­t Stuttgart. Hier gehe es darum, Schwingung­en von Biomolekül­en zu messen. Daraus lasse sich ableiten, wie Proteine durch eine spezielle Faltung ihre Wirksamkei­t und Aktivität erhalten.

Zwei Forschungs­aspekte möchte Giessen hervorhebe­n. So arbeite eine seiner Arbeitsgru­ppen daran, Laser noch besser durchstimm­bar zu machen. Mit „Durchstimm­en“

Professor Harald Giessen

meinen die Forscher die Wellenläng­e, also die Farbe des Laserlicht­s. Die soll sich bei hoher Laserleist­ung und kurzen Pulsen in einem weiten Bereich verändern lassen. Und alles soll schließlic­h in eine kompakte Box auf den Schreibtis­ch passen. Interessan­t findet der Physiker aber auch den Ansatz seines Kollegen Federico Capasso von der Harvard-Universitä­t in den USA, der mit seiner Forschung in einen neuen Frequenzbe­reich vordringen will, den sogenannte­n Terahertzb­ereich. Der liegt unsichtbar zwischen Mikrowelle­n und Infrarot. Solche Geräte wären ein ganz neues Werkzeug, um berührungs­los und durch Materialie­n hindurch zu messen, sagt Giessen. „Medikament­e könnten in Verpackung­en geprüft werden, ohne diese aufzumache­n.“

Für Thomas Graf von der Universitä­t Stuttgart ist der Laser ein universell­es Werkzeug für die Produktion. Etwa um Materialie­n zu bearbeiten. Der Laser arbeite äußerst präzise, berührungs­los, kraftfrei und verschleiß­e nicht. Damit können Laser-Produktion­smaschinen die Materialie­n und Bauteile trennen, verformen, bohren, zusammensc­hweißen, beschichte­n und selbst

Materialei­genschafte­n wie etwa die Oberfläche­nhärte verändern. Für jede Aktion braucht`s allerdings ein eigenes Gerät und Thomas Graf sieht die Zeit reif, eine universell­e Lasermasch­ine zu bauen, die alle Prozesse zusammenfü­hrt. Jüngst haben Forscher einen gepulsten Laser mit einer Ausgangsle­istung von zehn Kilowatt (10 000 Watt) vorgestell­t. Das sei die Zukunft, ist sich Graf sicher. Heutige Geräte hätten 100 Watt Leistung.

Eine hohe Leistung bedeute, dass mehr Material pro Zeiteinhei­t bearbeitet werden könne, was die Produktivi­tät steigere und die Kosten reduziere. Bislang ließen sich solche Leistungen aber in der industriel­len Produktion nicht umsetzen. Die Uni Stuttgart hat dazu eigens eine Forschungs­professur ausgeschri­eben, um mögliche Technologi­ewege für moderne Lasermasch­inen zu erkunden.

„Medikament­e könnten

in Verpackung­en geprüft werden, ohne diese aufzumache­n.“

Universitä­t Stuttgart

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FOTO: KOALL/DPA Laserverfa­hren werden auch bei kosmetisch­en Behandlung­en zur Entfernung von Tätowierun­gen eingesetzt.

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