Fans verabschieden sich von Diego Maradona
Zehntausende Argentinier erweisen dem aufgebahrten Nationalheld Maradona die letzte Ehre. Große Trauer auch in Neapel.
Nach dem Tod von Diego Maradona verabschiedeten sich unzählige Argentinier in der Hauptstadt Buenos Airos am aufgebahrten Leichnam von der Fußball-Legende. Die Trauer ist weltweit groß.
(dpa/sid) Sie kamen zu Zehntausenden, sie weinten, schrien, jubelten. In Trikots mit der magischen Nummer zehn, mit roten Rosen, alten Fotos. Die Bestürzung und den Schmerz hinter Corona-Masken verborgen. Der Regierungspalast von Buenos Aires wurde am Tag nach dem Tod von Diego Armando Maradona zur Pilgerstätte in skurriler Szenerie. Um zum aufgebahrten Leichnam ihres Idols vordringen zu können, warteten die trauernden Argentinier in abgesperrten Bereichen und langen Schlangen, es gab Tumulte und Ausschreitungen, Kameras übertrugen die Bilder in die ganze Welt.
Maradona sollte schon am gestrigen Donnerstagabend (Ortszeit) vor den Toren der Hauptstadt beerdigt werden. Er findet seine letzte Ruhe auf dem Friedhof Jardin de Paz an der Seite seiner Eltern. Das bestätigte Maradonas Sprecher Sebastian Sanchi. Die Totenwache für die breite Öffentlichkeit begann am Donnerstag um 6 Uhr Ortszeit, nach dem Ende gegen 16 Uhr (20 Uhr deutscher Zeit) sollte der Leichnam zum Friedhof gefahren werden.
„Ich habe gesagt: Das ist kein Fußballer, das ist ein Künstler! Ein Tänzer!“, berichtete Franz Beckenbauer vom ersten Aufeinandertreffen in den Siebzigern. Das habe er „überhaupt noch nicht gesehen. Er war ein Genie der damaligen Zeit – in den 70er und 80er Jahren der beste Fußballer der Welt!“Die deutsche Fußball-Ikone trauerte wie die ganze Welt. Weit über den Sport hinaus. Auf der anderen Seite des Atlantiks, in Neapel, wo der Argentinier ebenso gottgleich verehrt wird, erhellten bengalische Lichter die Nacht zum Donnerstag.
„Er war ein außergewöhnlicher Spieler. Wir stehen für immer in seiner Schuld“, sagte Argentiniens Staatschef Alberto Fernández. „Was Diego für den Fußball und dafür getan hat, dass wir uns alle in dieses schöne Spiel verliebt haben, ist einzigartig“, sagte Fifa-Präsident Gianni
Infantino. Maradona war am Mittwoch im Alter von nur 60 Jahren in seinem Haus in Tigre an einem Herzinfarkt gestorben.
Fast unmittelbar nachdem die Nachricht die Welt schockiert hatte, waren in Buenos Aires zahlreiche Menschen auf die Straßen geströmt, um gemeinsam zu trauern. Die Sorgen der Corona-Pandemie wurden zurückgestellt. Vor dem Stadion La Bombonera seines Stammvereins Boca Juniors und dem Obelisken im Stadtzentrum entzündeten sie Kerzen und legten Blumen nieder. Viele Menschen kämpften mit den Tränen, Fans sonst aufs Blut verfeindeter und rivalisierender Vereine lagen sich in den Armen. „Er wird als der Größte in Erinnerung bleiben“, sagte eine Frau. Auf elektronischen Anzeigetafeln über der Stadtautobahn und in U-Bahn-Eingängen war zu lesen: „Danke Diego“.
Am Donnerstag wurde Maradonas geschlossener Sarg in der Casa Rosada von der argentinischen Flagge, einem Trikot der Nationalmannschaft und einem der Boca Juniors bedeckt. Viele bekreuzigten sich im Vorbeigehen oder warfen ihre Blumen und Trikots neben ihre verstorbene Ikone. Sie riefen: „Danke Diego“, oder „Ich liebe dich, Diego“.
Maradonas Anwalt Matías Morla kritisierte in einer Stellungnahme, dass die Rettungskräfte am Mittwoch nicht schnell genug gekommen seien und forderte eine Untersuchung. Maradona war erst vor zwei Wochen aus dem Krankenhaus entlassen worden, nachdem ihn Ärzte dort wegen einer Gehirnblutung operiert hatten.
In Neapel, wo Maradona von 1984 bis 1991 eine Ära geprägt hatte, wurden das Stadion San Paolo und ein meterhohes Wandgemälde zur Trauerstätte. „Neapel trauert – Ciao Gott des Fußballs“, stand auf einem Schild, das ein Mann an einer Tür anbrachte. Bis heute sind ihm die Menschen in der armen Region dankbar dafür, dass er den SSC Neapel 1987 und 1990 zu den bis heute einzigen Meisterschaften der Vereinsgeschichte und 1989 zum Gewinn des Uefa-Pokals geführt hat.
In Buenos Aires rechnete die Regierung trotz der Pandemie mit hunderttausenden Menschen, die Maradona die letzte Ehre erweisen wollten. Schon am Morgen bildete sich eine hunderte Meter lange Schlange. Bevor der Regierungspalast für die Fans geöffnet wurde, kamen in der Nacht bereits Maradonas Familie, enge Freunde und ehemalige Teamkollegen zu einer privaten Trauerfeier zusammen. „Er verlässt uns, aber er geht nicht weg, weil Diego ewig ist“, schrieb Lionel Messi, Maradonas legitimer Nachfolger als Fußballheld. Die Fehlschläge abseits des Rasens wurden erwähnt, sie spielten aber keine Rolle mehr. Die selbst verschuldeten gesundheitlichen Probleme, der Drogenkonsum, die Dopingsünden, Liebschaften, Verbindungen ins kriminelle Milieu.