Regionalverband will Bündnis für bezahlbares Wohnen
Hohe Mieten werden auch für Normalverdiener zum Problem. Verwaltungschef Gillo setzt sich dafür ein, Bundesförderprogramme besser zu nutzen.
In vielen deutschen Städten und Ballungsräumen wächst der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Auch der Regionalverband Saarbrücken (RV) stellt dabei keine Ausnahme dar und reiht sich in diesen bundesweit erkennbaren Trend ein. „Wir können beobachten, dass die Engpässe auf dem Wohnungsmarkt im Regionalverband Saarbrücken in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben“, sagt Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD).
Diese Entwicklung habe der RV zum einen als Sozialbehörde registriert, da es für Leistungsbezieher immer schwerer werde, eine Wohnung zu finden. Das sind Hartz-IV-Empfänger oder auch Menschen, die Grundsicherung im Alter beziehen. „Zum anderen ist aber auch in vielen Gesprächen mit
Bürgerinnen und Bürgern an mich herangetragen worden, dass es auch für Normalverdiener immer weniger Wohnraum gibt, den sie sich leisten können“, berichtet Gillo.
Diese Beobachtungen lassen sich auch anhand von Zahlen belegen. So haben sich die Mieten im RV in den letzten zwölf Monaten (Stand November 2020) in den meisten Stadtteilen und Gemeinden teils deutlich über der Inflationsrate – laut Statistischem Bundesamt 2020 im Mittel 0,5 Prozent – erhöht.
Zum Beispiel ist in St. Johann ein Anstieg der Mieten von 3,6 Prozent zu verzeichnen. In Bübingen sind es über sieben und in Riegelsberg fast fünf Prozent. „Auch wenn es Stadtteile gibt, in denen die Mieten sogar gesunken sind, ist dennoch insgesamt ein Trend nach oben nicht zu übersehen“, ergänzt Gillo.
Diese Preissteigerung ist dabei nicht auf den Mietmarkt begrenzt.
So hat sich der sogenannte Median-Kaufpreis von 2010 bis 2019 von 1966 Euro auf 2750 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Erstverkauf erhöht (Grundstücksmarktbericht Saarland). „Wir haben es auf dem Wohnungsmarkt im Regionalverband Saarbrücken mit einer Situation zu tun, in der die Kaufpreise
pro Quadratmeter in den letzten Jahren stetig gestiegen sind“, sagt Andreas Adam, Geschäftsführer der TÜV Saarland Immobilienbewertung. Dadurch werde es zunehmend auch für Menschen mit mittlerem
Einkommen schwerer, im „Kaufsegment“bezahlbaren Wohnraum zu finden. „Wir registrieren eine wachsende Zahl von Menschen, die sich die wenigen vorhandenen Angebote auf dem Häuser- und Wohnungsmarkt schlicht nicht mehr leisten können“, erläutert Adam.
Dieser Entwicklung möchte der RV nun entgegentreten. „Wir haben in diesem Punkt ein größer werdendes Problem, das wir angehen müssen“, sagt Peter Gillo. Ein Faktor ist dabei, dass es zwar Wohnraum gibt, der jedoch vielfach in einem schlechten Zustand ist. „Wir brauchen in diesem Bereich deutlich mehr Investitionen in die Modernisierung von vorhandenem Wohnraum“, stellt Gillo fest. Man müsse den RV deutlich attraktiver für Investitionen machen.
Dazu soll ein regionales Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen ins Leben gerufen werden. „Wir müssen alle Parteien – private Investoren, Genossenschaften, staatliche Siedlungsgesellschaften, Kreditwirtschaft – an einen Tisch bringen und gemeinsam zukunftsfähige Ideen entwickeln“, sagt Peter Gillo. Sie müssten die Kräfte bündeln und das Thema gemeinsam angehen. Dafür ist laut Gillo auch durchaus Geld vorhanden: „Förderprogramme des Bundes bieten hierbei Potential, jedoch müssen wir dieses auch abrufen und besser einsetzen.“Dieses Bündnis soll im Laufe des Jahres 2021 dann auch tatsächlich aktiv werden.
Ein weiteres Problem ist, dass der vorhandene attraktive Wohnraum oft nicht auf dem Markt angeboten wird. „Es gibt zu viel Leerstand, der nicht zur Vermietung steht, den wir aber dringend brauchen“, sagt der Regionalverbandsdirektor. Hierbei müsse es gelingen, die Bereitschaft zur Vermietung zu erhöhen.
Der RV hat bereits 2019 das Projekt „Wohnraumakquise“ins Leben gerufen. Dabei wird gezielt nach privatem Wohnraum gesucht und Transferleistungsempfängern vermittelt. Der RV begleitet Vermieter und Mieter durch den Einsatz von Mediatoren, um Konflikten vorzubeugen und bei Problemen zu helfen. Zudem sind kleinere Sanierungszuschüsse für die Eigentümer möglich. Diese passen die Miete im Gegenzug an die Richtlinien der Sozialhilfe an und geben dem Regionalverband Saarbrücken ein Belegungsrecht über fünf Jahre. So konnte man bereits einige Mietverträge abschließen. Darauf möchte der Regionalverband nun aufbauen und das Thema noch stärker in den Fokus rücken. „Wir haben erste Erfolge in Form von Vermietungen erzielen können und möchten das im nächsten Jahr weiter ausbauen“, erklärt Gillo.