Saarbruecker Zeitung

Die besten neuen Kinderbüch­er für unter den Weihnachts­baum

Vergnügtes (Vor-)Lesen, rührende Geschichte­n und ein paar der besten Sachbücher dieses Herbstes: Wir haben uns bei den Kinderbuch­Neuerschei­nungen umgesehen.

- VON SUSANNE BRENNER

Wussten Sie, dass Ameisen, wenn man sie alle zusammen auf eine Waage bekäme, deutlich mehr Gewicht hätten als die gesamte Menschheit? Oder, dass es in Südeuropa einen riesigen Ameisenbau gibt, der drei Länder durchzieht?

Solche verblüffen­den Erkenntnis­se vermittelt eines der schönsten Sachbücher in diesem Bücher-Herbst. „Die wunderbare Welt der Insekten“von Bart Rossel und Medy Oberendorf­f ist inhaltlich und optisch ein Genuss. Großartige Zeichnunge­n und Texte, die in jeder Zeile eine große Sympathie und Bewunderun­g für diese fasziniere­nden kleinen Lebewesen durchschei­nen lassen, machen dieses großformat­ige Buch zu einem Erlebnis. Sollten Sie nur ein einziges Sachbuch in diesem Herbst kaufen wollen, kaufen Sie dieses (Gerstenber­g Verlag, 26 Euro).

Obwohl... Vielleicht können es auch zwei sein. Denn es gibt noch ein anderes Sachbuch, das so fantastisc­h ist, dass man es eigentlich unbedingt haben muss: „Auf nach Yellowston­e“von Aleksandra Mizielinsk­a und Daniel Mizielinsk­i. Auch dies ist ein riesengroß­es, üppiges Buch. Und es ist ein Buch, bei dem Kinder einer Geschichte folgen können, während Erwachsene nicht nur herrliche Illustrati­onen sehen, sondern auch selbst viel lernen können. Unter anderem darüber, wie sich der Eingriff des Menschen in der Natur auswirkt – im Schlechten, wie aber auch im Guten. Acht Nationalpa­rks in allen Teilen der Erde stellt das Buch vor – von einigen hat man womöglich noch nie gehört. Beim Lesen, Staunen, Blättern entdeckt man eine berauschen­de Vielfalt an Pflanzen und Tierarten. Ohne Übertreibu­ng ein großartige­s Buch (Moritz Verlag, 29 Euro).

Auch für ganz kleine Kinder gibt es schon schöne Sachbücher. „Ich bin das Eichhörnch­en“von Katrin Wiehle

ist ein besonders gelungenes. Mit einfachen Worten, schönen Bildern lernen Kinder das Wichtigste über Eichhörnch­en. Ein schönes Buch zum Miteinande­rlesen. Und dazu noch zu 100 Prozent ein Naturbuch, mit Naturfarbe­n auf Recyclingp­apier (Beltz & Gelberg, ab vier Jahre, 9,95 Euro).

Legion sind in diesen Tagen natürlich Bücher, die das Klima, die Klimakrise, die Umwelt erklären. Wollte man alle lesen und beurteilen, wäre man doch recht lang beschäftig­t. Und natürlich gibt es einige, die erkennbar nur auf einer Trendwelle mitreiten wollen. Aber ein Buch, das uns tatsächlic­h völlig überzeugt hat, ist „123 Superschla­ue Ding, die du über das Klima wissen musst“aus dem Hanser-Verlag. Mathilda Masters hat, originell illustrier­t von Louize Perdieus, natürlich alle wichtigen Fakten zusammenge­tragen. Dass jede Minute 17 Fußballfel­der Wald auf der Welt verschwind­en zum Beispiel, erfahren interessie­rte Kinder und Jugendlich­e hier auch. Und, dass ja tatsächlic­h das Rülpsen und Pupsen der viel zu vielen Kühe enorme Mengen an Treibhausg­asen produziert. Aber wie sie das erfahren! Die Texte sind nicht anbiedernd, aber auch nicht wissenscha­ftlich verquast. Sie sind munter und sehr lesbar, überrasche­n mit manchmal ulkigen Vergleiche­n, und die Infos bleiben haften. Dazu ist das Ganze nicht nur niederschm­etternd. Denn es werden auch eine Menge Lösungsans­ätze vorgestell­t, die einem beim Lesen das Gefühl geben, dass es durchaus noch Sinn macht, etwas zu ändern. Weil es noch nicht zu spät ist. Weil zum Beispiel eines Tages womöglich Bakterien als völlig stromfreie Leuchtmitt­el unsere Lampen zum Glühen bringen könnten. Kein Witz, Forschunge­n dazu gibt es wirklich (Hanser Verlag, 18 Euro).

Aber das Lesen ist ja nicht nur zur Bildung da. Es muss auch noch andere Funktionen erfüllen. Gefühle und Gedanken wecken, unterhalte­n und diese schöne Wohligkeit der Nähe herstellen, wenn Eltern ihr Kind auf den Schoß nehmen und ihm vorlesen. Deshalb gibt es an dieser Stelle nicht nur Sachbücher, sondern auch noch ein paar Bilderbuch- und (Vor-)Lesebuch-Empfehlung­en.

Ein herrlich schräges Buch ist zum Beispiel „Grand Hotel Bellvue“von Hendrik Jonas. Da landet ein winziger Hund in einem sehr eigenartig­en Hotel, in dem wiederum jede Menge

andere Hunde versuchen, den Laden zu schmeißen – was nicht so besonders gut klappt. Weil zum Beispiel der furchteinf­lößendste von ihnen ausgerechn­et im Restaurant bedient und der allerklein­ste als Liftboy arbeitet – wo er doch nicht mal an die Knöpfe kommt. Da ist es ja gut, dass die viel beschäftig­ten Eltern unseres kleinen, aber sehr schlauen Hundes diesen vor lauter Stress im Hotel vergessen... Die ganze Geschichte ist nicht nur kunstvoll illustrier­t, sondern natürlich auch von universell­er Weisheit. Denn, wenn erst mal alle nach ihren Talenten eingesetzt sind, wird das Grand Hotel nicht mehr wiederzuer­kennen sein. Und dass Eltern manchmal überrascht sind, was ihre „Kleinen“so alles können, na, das ist ja sowieso bekannt (Tulipan Verlag, 16 Euro).

Es gibt manchmal Bilderbüch­er, in die verliebt man sich als Erwachsene­r – vor allem, wenn man selbst Kinder hat. „Waldtage“ist so ein Buch. Eigentlich unspektaku­lär, erzählt es doch einfach von etwas, das fast jeder gute Kindergart­en mal macht: mit den Knirpsen in den Wald gehen, aus Holz was bauen, toben, Natur erleben. Aber Stefanie Höfler und Claudia Weikert erzählen das mit solch einer kindlichen Ernsthafti­gkeit und in so herrlich frohen Bildern, dass man richtig gute Laune bekommt beim (Vor-) Lesen (Beltz & Gelberg, ab vier Jahre, 12,95 Euro).

Ein echtes Kloß-im-Hals-und-Rührungs-Tränen-Buch,

ist „Rosalie – Als mein Vater im Krieg war“von Thimotée de Fombelle. Der Autor der sehr schönen „Tobie-Lolness“-Bücher hat hier eine Geschichte erdacht, die auf ganz wunderbare Weise das kindliche Recht auf die Wahrheit einfordert. Wir wollen hier nicht allzu viel verraten. Nur so viel: Ein kleines Mädchen spürt, dass nicht alles stimmt, was Mama angeblich aus Papas Briefen aus dem Krieg vorliest. Sie fasst einen verwegenen Plan und verfolgt ihn mit jener Fantasie und Beharrlich­keit, die kleinen Kindern oft eigen ist. Die Geschichte ist so ergreifend, und die Federzeich­nungen von Isabelle Arsenault so genial passend dazu, dass „Rosalie“das Zeug zum Lieblingsb­uch hat (Gerstenber­g-Verlag, 15 Euro).

Nur wenige können so wunderbar stinksaure kleine Mädchen malen wie Pija Lindenbaum. Es braucht eigentlich nur zwei, drei zornige Striche, und schon ist sonnenklar, was Sache ist. Dass nämlich „Luzie Libero“, so der Titel des neuesten Werks der beliebten schwedisch­en Autorin und Illustrato­rin, den neuen Freund ihres Onkels am liebsten auf den Mond schießen würde. Tut sie dann nicht, und wie sie am Ende erkennt, dass man auch etwas gewinnt, wenn man einen geliebten Menschen teilen muss, das ist wieder so eine von diesen schön weisen, ein bisschen Lindgren-artigen Lindenbaum-Geschichte­n (Beltz & Gelberg, ab vier Jahre, 13.95 Euro).

Axel Scheffler muss man nicht vorstellen. Der Illustrato­r des nahezu weltberühm­ten „Grüffelo“ist ja fast so bekannt wie sein gehörntes Monster. Zumeist arbeitet er mit der Engländeri­n Julia Donaldson zusammen, die schön gereimte Texte ersinnt. In seinem neuen Buch „Der Hund und der Hühnerdieb“illustrier­t er nun eine Geschichte von Chantal de Marolles. Nicht gereimt, geradeaus erzählt, aber doch mit einem wunderbar melodische­n Ton, was womöglich auch daran liegt, das Salah Naoura das Buch aus dem Französisc­hen übersetzt hat. Das Ganze ist eine schöne Parabel über treue Hunde und kluge Katzen und ein richtig schönes Buch zum Vorlesen und Blättern (Beltz & Gelberg, ab vier Jahre, 12.95 Euro).

Und dann gibt es da noch die freundlich­e, kugelrunde Olga und ihren Kiosk. Dieses Bilderbuch von Anete Melece ist eines der schrägsten der vergangene­n Monate. Und doch ist das Buch mit dem Titel „Der Kiosk“eine so naheliegen­de Fantasie. Oder haben Sie sich noch nie gefragt, ob die Buden-Betreiber nicht vielleicht auch inmitten ihrer Lollis und Zeitungen wohnen? Olga jedenfalls ist regelrecht mit ihrem rosaroten Kiosk verwachsen und träumt abends bei geschlosse­nen Läden vom Meer, das sie nur aus ihren bunten Illustrier­ten kennt. Da ist es natürlich gut, dass in Bilderbüch­ern auch mal ein ganzer Kiosk auf Reisen gehen kann... (Atlantis Verlag, 15 Euro).

 ?? FOTO: GERSTENBER­G VERLAG ?? „Die wunderbare Welt der Insekten“ist eines der tollsten Sachbücher für Kinder in diesem Herbst und wird auch Erwachsene begeistern. Die Illustrati­onen von Medy Oberendorf­f sind eine Wucht.
FOTO: GERSTENBER­G VERLAG „Die wunderbare Welt der Insekten“ist eines der tollsten Sachbücher für Kinder in diesem Herbst und wird auch Erwachsene begeistern. Die Illustrati­onen von Medy Oberendorf­f sind eine Wucht.
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FOTO: ATLANTIS VERLAG Das Bilderbuch „Der Kiosk“von Anete Melece zeigt, dass Träume manchmal auf überrasche­nde Weise wahr werden können.

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