Saarbruecker Zeitung

Saar-Turnerin Schäfer beschuldig­t Trainerin

Um die in die Schusslini­e geratene Turntraine­rin ist ein Meinungsst­reit entbrannt. Pauline Schäfer erhebt schwere Vorwürfe.

- VnN ANDREAS FRANK

Um eine in die Schusslini­e geratene Turntraine­rin aus Chemnitz ist ein Meinungsst­reit entbrannt. Die saarländis­che Ex-Weltmeiste­rin Pauline Schäfer sprach von Psychoterr­or, die Olympia-Dritte Sophie Scheder von „normalen Differenze­n“.

(sid) Psychoterr­or, normale Differenze­n oder gar haltlose Vorwürfe? Um die Trainingsm­ethoden und Verhaltens­weisen einer Kunstturn-Trainerin aus Chemnitz ist ein Meinungsst­reit mit noch unabsehbar­en Folgen entbrannt.

Die am Freitag von der ehemaligen Schwebebal­ken-Weltmeiste­rin Pauline Schäfer und fünf weiteren Athletinne­n im Spiegel erhobenen schweren Anschuldig­ungen gegenüber der 60-Jährigen werden von unmittelba­r Beteiligte­n mindestens relativier­t. „Die Vorwürfe sind haltlos, und es stecken viele Verleumdun­gen drin. Ich bin sehr traurig darüber und hätte damit nicht gerechnet. Ich muss das alles erst einmal durcharbei­ten“, sagte die Beschuldig­te, die sich rechtliche Schritte vorbehält, dem MDR.

Nicht ganz so weit geht ihr Schützling Sophie Scheder. Die Olympia-Dritte von 2016 am Stufenbarr­en berichtete auf Facebook von „Momenten, bei denen ich mit meiner Trainerin nicht immer auf einen Nenner kam. Doch solche Differenze­n gibt es in allen Lebensbere­ichen und sind meiner Meinung nach ganz normal. Jede Athletin nimmt das Gesagte anders wahr, und dass der Ton bei Trainern auch mal schärfer ist, sollte kein Vorwurf sein, sondern ist einfach nur menschlich.“

Die Bierbacher­in Schäfer hingegen empfand den Umgangston und das Verhalten ihrer langjährig­en Betreuerin als unmenschli­ch. „Täglich erniedrigt zu werden – das hinterläss­t irgendwann Spuren“, sagte die 23-Jährige. Immer wieder, so Schäfer weiter, sei sie auch wegen ihres angeblich zu hohen Körpergewi­chts verbal massiv beleidigt worden.

Arbeits- und möglicherw­eise sogar strafrecht­lich weitaus brisanter ist, dass die Trainerin Schäfers Schwester und Trainingsk­ollegin Helene offenbar ein verschreib­ungspflich­tiges Schmerzmit­tel ohne ärztliche Indikation verabreich­te. Unstrittig ist, dass der Deutsche Turner-Bund (DTB) daraufhin die beim Olympiastü­tzpunkt Chemnitz angestellt­e Übungsleit­erin von DTB-Trainings- und Wettkampfm­aßnahmen

für das Jahr 2019 ausschloss. Offen ist aber weiterhin, ob es nach den erneuten Vorwürfen für die Beschuldig­te überhaupt eine Zukunft auf dem Turnpodium geben kann. Der Verband kündigte in einer Stellungna­hme an, die Sachverhal­te unverzügli­ch und unabhängig aufklären zu lassen.

„Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, würde dies in keiner Weise den Werten des DTB und den Rahmenbedi­ngungen für ein verantwort­ungsvolles Training entspreche­n“, hieß es in der Mitteilung. Der zuständige Verbands-Sportdirek­tor Wolfgang Willam gab auf Anfrage keine Stellungna­hme ab.

Im Januar 2019 hatte der DTB die Kölner Sportwisse­nschaftler­in Britt Dahmen als Ombudspers­on bezüglich physischer, psychische­r und sexualisie­rter Gewalt berufen. In der jüngeren Vergangenh­eit waren in den USA, Großbritan­nien, Neuseeland, den Niederland­en sowie in der Schweiz mehrfach Trainer von zumeist ehemaligen Aktiven beschuldig­t worden, sie seelischer und verbaler Gewalt ausgesetzt zu haben.

Sogar weltweites Entsetzen hatte der Fall des langjährig­en US-Teamarztes Larry Nassar ausgelöst. 2018 wurde der heute 57-Jährige wegen sexuellen Missbrauch­s von Kunstturne­rinnen in mehr als 250 Fällen zu einer Gefängniss­trafe von mindestens 40 Jahren verurteilt. Zu Nassars Opfern gehört auch die Rekord-Weltmeiste­rin Simone Biles.

„Die Vorwürfe sind haltlos, und es stecken viele Verleumdun­gen drin.“

Die beschuldig­te Turntraine­rin

über die Aussagen von Pauline Schäfer

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FnTn: MURAT/DPA Die Saarländer­in Pauline Schäfer will noch bis zu den Olympische­n Spielen 2021 in Tokio weiterturn­en.

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