Weihnachten in der Mogelpackung
Die evangelikale Organisation „Samaritans Purse“sammelt GeschenkPakete, mit denen sie armen Kindern helfen wolle. Kritiker sehen darin den Versuch, Kinder zu bekehren. Darauf weist ein Leser hin. Das Bistum Trier sieht es ebenso.
KREIS SAARLOUIS/REGIONALVERBAND
„Etwas, dessen erster Anschein nicht mit dem tatsächlichen Inhalt übereinstimmt.“So definiert der Duden die „Mogelpackung“. Ein Begriff, der womöglich auch zur Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“passt, die von „Samaritans Purse“ausgerufen wird – den barmherzigen Samaritern. Doch auch hier kann hinterfragt werden, ob die Absichten tatsächlich mit dem Namen übereinstimmen. Darauf weist Jakob Lattwein aus Landsweiler in einem ausführlichen Brief an die Saarbrücker Zeitung hin. Er bezieht sich auf einen Artikel vom 4. November unter der Überschrift: „Jetzt erst recht Päckchen packen.“
Lattwein schreibt: „Die Aktion hat vor allem eine missionarische Zielsetzung. Die Kinder, die die Geschenkkartons erhalten, sollen mit den christlichen Missionaren und Gemeinden in Kontakt kommen.“Und am besten auch noch deren Eltern, „etwa über die Broschüre ‚Das größte Geschenk`. Oder über eine Einladung zum ausführlichen Missionskurs ‚Die größte Reise`“, erklärt Lattwein, der darüber aufgebracht ist. Er sieht in der Aktion nur ein Mittel zum (Missions-)Zweck. 400 000
Kinder werden mit Geschenkpäckchen überrascht. Geschenkpäckchen, die vielmehr Missionierungspakete seien – wobei ergänzt werden muss, dass auch bereits christliche Familien zu den Beschenkten gehören: Nach Angaben der Organisation würden die meisten Päckchen aus Deutschland nach Osteuropa gelangen.
Das Bistum Trier sieht – auf SZ-Anfrage – Lattweins Vorwurf als berechtigt an. „Deshalb haben wir auf eine Zusammenarbeit mit der Organisation ,Samaritans Purse' verzichtet“, sagt Bistums-Sprecherin Ute Kirch und ergänzt: „Weihnachten im Schuhkarton ist eine evangelikale Missionsaktion, mit der auch Menschen, die anderen Religionen angehören, bekehrt werden sollen.“Das könne negative Folgen haben, „denn viele christliche Kirchen und viele Angehörige anderer Religionen lehnen die Verteilung von Geschenken und die damit beabsichtigte Missionierung ab. Sie betrachten dieses Vorgehen als respektlos oder empfinden es als Provokation.“
Dabei komme es immer wieder zu Konflikten. Laut Kirch ist „Samaritans Purse“„in den vergangenen
Jahren durch fragwürdige und aggressive Methoden und Aktionen in Erscheinung getreten“. Darunter falle auch „Weihnachten im Schuhkarton“, das Teil der weltweiten Aktion „Operation Christmas Child“ist.
Ein weiterer Kritikpunkt: Laut
Kirch verbessert die Aktion auch die Lebensbedingungen der bedürftigen Kinder nicht. Das sei weder bei der Ernährung noch bei der medizinischen Versorgung vor Ort der Fall. „Auch die Wohnverhältnisse oder die Möglichkeiten, eine Schul- oder Berufsausbildung zu erhalten, werden nicht verbessert“, stellt Kirch klar.
Dass die Organisation zusätzlich darum bittet, pro beschenktem Kind zehn Euro zu spenden, ist ein weiterer Kritukpunkt. Die Organisation selbst erklärt dazu allerdings, das Geld werde – wie bei anderen Aktionen auch – für Transport, Organisation und Werbung benötigt und könne nun mal nicht den Sachspenden entnommen werden.
Überdies verweist Kirch auf den klimaschädlichen Transport der Kartons. Ein Transport, der sich über tausende Kilometer erstrecke. „Weihnachten im Schuhkarton“sei also auch aus ökologischen Gründen problematisch; „wir empfehlen auch deshalb, die Missionierungs-Praktiken wie Weihnachten im Schuhkarton nicht zu unterstützen“, appelliert Kirch.
Genauso sieht das Jacob Lattwein: „Wenn die fragwürdige Organisation ,Samaritans Purse' sagt, dass jede Spende eine Investition in das Leben von Kindern ist, ist das geradezu zynisch.“Für ihn ist „Weihnachten im Schuhkarton“letztendlich nichts weiter als eine Mogelpackung.
Als ökumenische Mitmach-Aktion für Kinder wird von der katholischen und der evangelischen Kirche die Aktion „Weihnachten weltweit“empfohlen. Sie wird von den Hilfswerken ADVENIAT, Brot für die Welt, MISEREOR und dem Kindermissionswerk „Die Sternsinger“getragen. www.weihnachten-weltweit.de
„Wir empfehlen, Weihnachten im Schuhkarton nicht zu
unterstützen.“
Ute Kirch
Bistum Trier