Rehlinger: Reiche sollen Corona-Opfer bringen
Der Streit um mehr Beteiligung der Länder an Corona-Hilfen führt für die Saar-Ministerin am Thema vorbei.
(gda/dpa) In der Debatte um die Lastenverteilung bei der Finanzierung der Corona-Hilfen hat Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger eine stärkere Beteiligung von Vermögenden an den Kosten gefordert. „Deutschland hat über 100 Milliardäre, Tendenz steigend. Es wäre nur gerecht, wenn starke Schultern auch in der Krise mehr Lasten tragen“, sagte die Chefin der Saar-SPD am Montag.
Hintergrund ist eine heftige Debatte um die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern, die der Unionsfraktionschef im Bundestag, Ralph Brinkhaus, ausgelöst hatte.
Der CDU-Politiker verteidigte in der ARD seine Forderung, dass die Länder künftig bei Corona-Hilfen mehr zahlen sollten: „Wenn es jetzt um die Weiterzahlung von Hilfen geht, im Januar und in den Februar hinein, dann erwarten wir, dass die Länder sich an diesen Hilfen beteiligen.“
Rehlinger wies die Forderung zurück: „Die Länder sind längst massiv in der finanziellen Verantwortung, vom Ersatz der Kita-Gebühren über ÖPNV-Einnahmeausfälle und zusätzliche Schülerbusse bis zu notwendigen Lückenschlüssen in den Bundeshilfen.“Eine stärkere Beteiligung
der Länder verteile die Lasten nicht gerechter, „dafür hält allein der Bund die Instrumente in der Hand – etwa im Steuerrecht“, sagte Rehlinger. Die eigentliche Debatte sei also, wie eine Beteiligung der Spitzen-Vermögen in Deutschland aussehen könne. Kritik an der Forderung nach mehr Beteiligung der Länder kam am Montag auch von den Landtagsfraktionen in Saarbrücken.
Der Bund unterstützt vorerst bis Jahresende Firmen, die vom Teil-Lockdown betroffen sind, mit Zuschüssen von bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem Vorjahresmonat. Die CDU-Bundesminister Peter Altmaier und Helge Braun warnten am Montag, dass diese Hilfen bei einer Fortsetzung des Teil-Lockdowns so auf Dauer nicht finanzierbar seien. Kanzleramtschef Braun forderte zielgenauere Hilfen: „Der Umsatz kann auf Dauer nicht das zentrale Kriterium sein.“Landespolitik
Geht es um die Beteiligung der Länder mit Blick auf Corona-Hilfen, habe das Saarland bereits in „hervorragender Weise“seinen Beitrag geleistet. Das sagt Bernd Wegner, Vizechef der CDU-Fraktion im Saar-Landtag. Vorausgegangen war eine Forderung des Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus. Er erwarte, dass die Bundesländer künftig für Corona-Hilfen tiefer in die Tasche greifen, sollten die Finanzspritzen auch im nächsten Jahr nötig sein. Dafür musste Brinkhaus ordentlich Kritik einstecken – auch von Parteikollegen. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier etwa rief Brinkhaus zur Mäßigung auf. Armin Laschet, Regierungschef von Nordrhein-Westfalen, betonte im Deutschlandfunk, die Länder hätten bereits Milliarden ausgegeben.
Das sehen auch die Christdemokraten im Saarland so. Vize-Fraktionschef Wegner: „Wo der Staat einen Betrieb untersagt, muss er Hilfe gewähren.“Mit dem 2,1 Milliarden Euro schweren Nachtragshaushalt beteilige sich das Saarland daran bereits „sehr stark“. Dementsprechend gebe es „diesen Dissens, der so nach außen gekehrt wird, nicht“. Sollte sich der Bund tatsächlich stärker aus der Finanzierung zurückziehen, bleibe die Frage, wie viel das Saarland noch leisten kann. Wegner ist zuversichtlich. „Wir werden alles dafür tun, dass das Saarland, egal wie die Haushaltslage aussieht, nicht schlechter dasteht als andere Bundesländer.“Man werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen – „auch wenn das heißt, einen Nachtragshaushalt oder andere Dinge aufzulegen“.
Ulrich Commerçon, Fraktionschef des Koalitionspartners SPD, betont, dass das Saarland vergangene Woche „immerhin einen Doppelhaushalt in Höhe von zehn Milliarden Euro mit einer Neuverschuldung“auf den Weg gebracht hatte. „Das sollte man mal in Rechnung stellen.“Commerçon geht aber nicht davon aus, dass sich der „Bund aus seiner Verantwortung stehlen wird“. Nichtsdestotrotz sei es „dämlich“, derzeit über die Frage der Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern zu diskutieren. Vielmehr gehe es bei der Finanzierung um Steuergerechtigkeit. Die Sozialdemokraten bringen eine Vermögensabgabe ins Spiel – dass Reiche stärker an den Kosten beteiligt werden, um die pandemiebedingten Ausgaben zu finanzieren. Es gebe so viele Milliardäre in Deutschland – der Bund sei aufgerufen, für Steuergerechtigkeit zu sorgen, sagt Commerçon. Am Ende sei es den Bürgern „egal, ob es Steuereinnahmen des Bundes, der Länder oder der Kommunen sind“.
CDU-Fraktionsvize Bernd Wegner hingegen sieht derzeit keine Notwendigkeit für zusätzliche Steuern. „Ich glaube auch nicht, dass die Finanzierung der Nach-Krise, die nicht nur staatlich, sondern auch von den Unternehmen finanziert werden muss, dadurch erleichtert wird.“
„Ich glaube auch nicht, dass die Finanzierung der Nach-Krise dadurch
erleichtert wird.“
Bernd Wegner (CDU)
Vize-Fraktionschef im Saar-Landtag über mögliche Steuererhöhungen
Dass sich Spitzenverdiener mehr an den Kosten beteiligen sollen – damit rennt die SPD bei der Linksfraktion im Saar-Landtag offene Türen ein: Entlastungen des Mittelstands und eine Vermögensabgabe. „Milliardenvermögen sind nur dadurch zustande gekommen, weil die Erträge, die Hundertausende erwirtschaftet haben, einseitig auf das Konto eines Inhabers gingen“, sagt Fraktionschef Oskar Lafontaine. Die Frage, wer künftig zahlt, habe schon vorher zur Diskussion gestanden. „Es war ja sehr früh absehbar, dass das Coronavirus
sich genauso verhält wie das Grippevirus, was die saisonale Aktivität angeht. Man musste von Anfang an damit rechnen, dass man mit dieser Frage bis März, April konfrontiert ist.“Nun werde sie immer drängender. Die „kleinen Leute“– Selbstständige, Gastronomen, Kulturschaffende – dürften dafür nicht die Zeche zahlen müssen.
AfD-Fraktionsvize Rudolf Müller sind die Corona-Hilfen in gewissem Maße ein Dorn im Auge. In manchen Fällen sei die Entschädigung – bis zu 75 Prozent des Umsatzes
des Vorjahresmonats – sogar „exzessiv“. Es gebe „natürlich Schäden“, wenn Betriebe geschlossen werden müssen. Die dürfe man nicht unterschätzen. So hoch könnten sie aber nicht sein, sagt Müller. Geht es um die Finanzierung, betont Müller, dass man zwischen Bund, finanzstarken und finanzschwachen Ländern differenzieren müsse. Dass die SPD Steuererhöhungen ins Spiel bringt, sei „typischerweise das, was ihr als erstes einfällt“. Unbeachtet lasse sie die Millionen-Hilfe, die Deutschland an andere Länder in Europa zahle.