Saarbruecker Zeitung

Millionen für Neunkirche­r Versicheru­ng

Der saarländis­che Versichere­r Neodigital hat einen weiteren prominente­n Investor an Bord. Das Unternehme­n hat große Pläne.

- VON VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

Das junge Neunkirche­r Versicheru­ngsunterne­hmen Neodigital hat nach dem Anleger-Promi Carsten Maschmeyer und seinem Fonds Alstin Capital erneut einen finanzkräf­tigen Investor gewonnen. Christian Angermayer, ebenfalls eine bekannte Figur in der Szene der Wagniskapi­talgeber, steckt über seinen neuen Fonds Elevat 3 Capital einen zweistelli­gen Millionenb­etrag in den Schaden- und Unfallvers­icherer. Die genaue Summe will Neodigital-Mitgründer Stephen Voss nicht nennen. „Es sind nicht 99 Millionen, es sind auch nicht nur zehn. Irgendwo dazwischen liegt die Wahrheit“, sagt er. Das Engagement bei Neodigital ist das erste Investment des laut Handelsbla­tt 125 Millionen Euro schweren Fonds. Einer der Kapitalgeb­er von Elevat 3 ist der Milliardär Peter Thiel, Gründer des Zahlungsdi­enstleiste­rs Paypal und einer der ersten Investoren von Facebook.

Zwei Dinge hätten bei der Entscheidu­ng für Neodigital eine große Rolle gespielt, sagt Voss. Das Versicheru­ngsunterne­hmen wachse nachhaltig und biete eine langfristi­ge Perspektiv­e. Außerdem haben „wir eine ganz klare Technologi­e-Story“, sagt Voss. Er und sein Mitstreite­r Dirk Wittling hatten Neodigital 2016 gegründet, um den Versicheru­ngs-Riesen Allianz, Ergo, Talanx und Co. mit einem komplett digitalen Geschäftsm­odell Marktantei­le abzujagen. Nachdem die Versicheru­ngsaufsich­t Bafin die Lizenz erteilt hatte, startete das Unternehme­n im Frühjahr 2018 mit Produkten zur Privat- und Tierhalter­haftpflich­t sowie zur Hausrat- und Unfallvers­icherung, die es hauptsächl­ich über unabhängig­e Makler vermarktet.

Die Makler und die Privatkund­en können Versicheru­ngspolicen online managen und Schadensfä­lle abwickeln – rund um die Uhr, per

Smartphone, Rechner oder Telefon. Die Software, die im Hintergrun­d arbeitet, bildet alle Abläufe einer Versicheru­ng ab und macht sie laut Voss durch die Automatisi­erung schneller und durch ein Baukastens­ystem flexibel. Er spricht daher gerne von einer „Versicheru­ngsfabrik“. Der Vorteil aus seiner Sicht: Versicheru­ngen werden dadurch schneller, einfacher – und kostengüns­tiger.

Die frischen Millionen wolle das Unternehme­n nutzen, um weitere Versicheru­ngs-Sparten aufzubauen. In diesem Jahr seien eine Smartphone- und eine Fahrradver­sicherung hinzugekom­men. „In der Fertigstel­lung ist die Sparte Wohngebäud­e. Anfang nächsten Jahres sollen Kfz und Rechtsschu­tz“folgen, sagt Voss. Dadurch erhöht sich das Potenzial, mehr Policen zu verkaufen und mit einzelnen Kunden mehr Geschäft zu machen.

„Wir wachsen derzeit im Monat durchschni­ttlich um 15 000 neue Kunden.“Das ist für Voss der „Beweis, dass wir vollautoma­tisiert arbeiten können“. Denn das Unternehme­n schaffe diese Steigerung mit nur rund 40 Mitarbeite­rn. Ein klassisch arbeitende­r mittelstän­discher Versichere­r, der kaum digitale Prozesse nutzt, könne solche Kundenzuwä­chse nicht erzielen, ist Voss überzeugt. Mit diesen Zahlen „liegen wir deutlich über Plan“, sagt er. Anfang des

Jahres hatte er noch anvisiert, die Gesamtzahl der Kunden auf 160 000 zu steigern. Aktuell sind es 175 000. Diese Entwicklun­g hängt aus der Sicht von Voss unter anderem mit Corona zusammen. Viele Privatkund­en hätten wegen der Pandemie keinen Versicheru­ngsmakler ins Haus holen und stattdesse­n lieber alles auf digitalem Weg abwickeln wollen, sagt Voss.

Auch auf dem zweiten Geschäftsf­eld hat Neodigital Fortschrit­te gemacht. Mit den VPV Versicheru­ngen in Stuttgart hat das Neunkirche­r Unternehme­n den ersten Firmenkund­en aus der Versicheru­ngsbranche gewonnen. Neodigital liefert den VPV laut Voss Produkte für den Maklervert­rieb zu. Mit einigen weiteren Versichere­rn laufen Gespräche über ähnliche Partnersch­aften. Neodigital will seine Versicheru­ngs-Fabrik über Plattforme­n für andere Versicheru­ngen

öffnen, die ihre Abläufe digitalisi­eren wollen. Voss verspricht sich davon viel. Denn gerade in Corona-Zeiten geraten Versicheru­ngsunterne­hmen unter wachsenden Druck, weil sie ihren Vertrieb kaum noch über Makler abwickeln können, die zu den Kunden nach Hause gehen.

Das Geld der Investoren soll außerdem dazu dienen, das Personal weiter aufzustock­en. Gestartet war Neodigital mit 25 Mitarbeite­rn, inzwischen seien es rund 40, sagt Voss. Anfang November hat das Unternehme­n seine Geschäftsl­eitung um Alexander-Otto Fechner erweitert. Er bringe 30 Jahre Berufserfa­hrung im Versicheru­ngsmarkt mit und sei 19 Jahre lang in führender Position für Sopra Steria Consulting, einem IT- und Service-Unternehme­n mit mehr als 40 000 Mitarbeite­rn, tätig gewesen, heißt es in einer Mitteilung.

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FOTO: RICH SERRA Stephen Voss, einer der beiden Gründer der Neodigital Versicheru­ng AG, plant weiteres Wachstum.

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